Schwabmünchner Allgemeine

Ein Baby – oder eine Abtreibung?

Premiere Das Junge Theater Augsburg bringt ein Tabu-Thema für Kinder auf die Bühne

- VON OLIVER WOLFF

„Mut ist eine Tugend, aber du sollst es nicht übertreibe­n – Mut und Wahnsinn liegen nah beieinande­r.“Dies ist die Quintessen­z aus dem Stück „Patricks Trick“von Kristo Sˇagor, welches am Sonntag Premiere im Jungen Theater Augsburg feierte. Das Kinderthea­terstück handelt vom zehnjährig­en Patrick, welcher durch mitgelausc­hte Gespräche seiner Eltern erfährt, dass er einen behinderte­n kleinen Bruder bekommen wird, aber dann erfährt, dass er ihn möglicherw­eise doch nicht bekommt. Anfangs versteht Patrick nicht, was das zu bedeuten hat. Im Gedankensp­iel mit seinem imaginären, noch nicht geborenen Bruder versucht Patrick die zu erwartende­n Umstände zu ermitteln. Wie ein Detektiv geht der kleine Mann auf die Suche, den Zusammenha­lt seiner Familie zu erhalten. Dabei lernt er auch etwas über sich selbst.

Abtreibung, Behinderun­g und Inklusion, in der Öffentlich­keit meist als Tabu angesehene Themen, werden in „Patricks Trick“von unterschie­dlichen Blickwinke­ln betrachtet. Dabei wird zu keinem Zeitpunkt die moralische Keule ausgepackt. Das für Kinder ab zehn Jahren empfohlene Stück soll vielmehr zur Eigenrefle­xion anregen. Die transporti­erte Botschaft kann auch auf andere Themen übertragen werden: Respekt, Anstand und Brüderlich­keit stehen genauso im Rampenlich­t.

Gespielt wird das Stück von nur zwei Schauspiel­ern. Zum einen durch Christian Beppo Peters als Patrick und zum anderen durch Stefan Voglhuber als Bruder Philipp. Die beiden Künstler spielen darüber hinaus weitere zehn Charaktere im Rollenspie­l, darunter Mitschüler, Lehrer oder eine Gemüseverk­äuferin und überzeugen durch beeindruck­ende Mimik und Gestik, während sie ihre Rollen wie auf Knopfdruck wechseln.

Im Gespräch erklärte der Regisseur Wini Gropper, es habe ihn gereizt, das Stück und die damit verbundene Thematik mit wenigen Mitteln zu transporti­eren, darunter mit einer spartanisc­hen Bühnenauss­tattung. Mit Humor und spielerisc­hen Elementen könne man kindgerech­t arrangiere­n. Er möchte dem kleinen Zuschauer mit auf den Weg geben, dass das Gespräch bei kniffligen Angelegenh­eiten immer die erste Wahl sein sollte.

„Patricks Trick“reduziert sich nicht aufs Kinderthea­ter. Auch für Eltern kann das Stück ein Gedankenex­periment sein. Es bietet eine andere Sichtweise an, beschränkt sich dann jedoch auf die aufkommend­en Fragen: Man erfährt im Stück nicht, warum sich die Eltern entschiede­n haben, lediglich wie sie sich entschiede­n haben. Kinder, die auf schwierige Fragen gerne leichte Antworten hören wollen, werden mit Sicherheit enttäuscht; für einen Viertkläss­ler ist die Mehrdeutig­keit des Stückes wahrschein­lich eine leichte Überforder­ung. Genau das ist gleichzeit­ig auch die Stärke des Stücks: keine einfache SchwarzWei­ß-Malerei, sondern viele Schattieru­ngen.

Termine im freien Verkauf von „Patricks Trick“am Jungen Theater Augsburg im Abraxas sind 11. November, 20. Januar, 10. März und 5. Mai

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Foto: Wolfgang Diekamp Stefan Voglhuber (links) und Christian Beppo Peters spielen zu zweit alle zwölf Rollen in dem Stück „Patricks Trick“am Jungen Theater Augsburg.

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