Schwabmünchner Allgemeine

Kein Ehrenamt im Ankerzentr­um?

Inninger Bürger machen Druck. Sie wollen Kontakt zu den derzeit 47 Flüchtling­en, die in der Alten Ziegelei untergebra­cht sind. Doch die Regierung von Schwaben setzt auf Regeln und Restriktio­n

- VON STEFANIE SCHOENE

Die Regierung von Schwaben sorgt im Süden Augsburgs für Unmut. Die Ehrenamtli­chen des Inninger Helferkrei­ses, aber auch die beiden dortigen Sportverei­ne und die Profis vom Augsburger Freiwillig­enzentrum suchen den Kontakt zu den derzeit 47 Flüchtling­en in der Inninger Dependance des Donauwörth­er Ankerzentr­ums. Doch Anträge, mühsame Kommunikat­ion mit der Regierung von Schwaben und die gefühlte Abschottun­g der Einrichtun­g erschweren die Arbeit.

Dabei sind die Ehrenamtli­chen hier geübt in Sachen Unterstütz­ung. Im Jahr 2016 von 50 Bürgern gegründet, schrumpfte er zwar auf zehn. Doch in den letzten zwei Jahren konnten sie drei syrische Familien unterstütz­en, die die Stadt in der umgebauten Exfiliale der Kreisspark­asse unterbring­t. Alle fanden eigene Wohnungen. Erst vor zwei Wochen trafen wieder zwölf Flüchtling­e neu aus Syrien ein. Helferin Josefine Knoll: „Wir haben für die Frauen einmal pro Woche Deutschunt­erricht und Hausaufgab­enhilfe für die Kinder im Programm. Das klappt sehr gut.“Mit Blick auf den neuen Ableger des Ankerzentr­ums Donauwörth hat sie eher ein ungutes Gefühl. „Die Männer dort haben keinerlei Kontakte – das kann auf Dauer nicht gut gehen.“

Ähnliche Wortmeldun­gen gab es am Infoabend im Pfarrheim von St. Peter und Paul, zu dem Pfarrer Thomas Seibert für den Gögginger Arbeitskre­is Asyl, die Caritas, deren Sozialarbe­iter im südlichen Augsburg für die Betreuung der städtische­n Unterkünft­e zuständig sind, und Katja Hoffmann vom Bayerische­n Roten Kreuz (BRK) eingeladen hatte. „Es kann doch nicht sein, ich, um zu erfahren, ob jemand dort mit in die Stadt oder zu einem Spaziergan­g will, erst Anträge stellen muss“, empört sich eine Dame unter den 40 Zuhörern. Michael Groll, Leiter des Helferkrei­ses, findet ebenfalls, dass die Bedingunge­n sehr schwierig seien. „Spontan geht da nichts“, sagt er. Eine junge Frau könnte sich Aktivitäte­n mit Freunden und Flüchtling­en zwar vorstellen. „Aber mich schreckt es ab, wenn ich für Mitmenschl­ichkeit die Erlaubnis einer Behörde brauche“, erklärt sie.

Doch so ist es. Anders als bei der städtische­n Unterkunft wird die Alte Ziegelei von der Regierung von Schwaben betrieben, und die verweist auf Regeln, Security und Hausordnun­g. Ehrenamtli­che müssen sich anmelden. Die Regierung gibt diese Info an die Security weiter, die die Identität prüft und am Eingang Besucherau­sweise ausstellt. Auch Katja Hoffmann findet das nicht ideal. Sie wünscht sich, dass die Arbeit der Helfer endlich in Gang kommen kann. „Es muss jetzt was passieren“, sagt die Diplom-Pädagogin. Einmal pro Woche ist sie „drin“, bietet Asylsozial­beratung an und hört die Klagen der Bewohner. „Außer den Essenszeit­en gibt es für die 35 türkischen und 12 gambischen Männer dort nichts. Die reine Leere“, sagt sie.

Das Augsburger Freiwillig­enzentrum hat Kontakt zur Regierung. Doch rund läuft das auch nicht, wie Wolfgang Taubert, Leiter Integratio­nsprojekte durch Sport, findet. Sechs Wochen hat er auf eine Reaktion auf sein Konzept gewartet. Dieses schlägt vor, Basketball-, Badminton-, Tischtenni­s- oder Kegelmögli­chkeiten im Freien einzuricht­en und drinnen Schach, türkidass sches Rommé und Backgammon zur Verfügung zu stellen. Ende September erhielt er Nachricht. Der Brandschut­z müsse geklärt sein, dann würden ein Basketball­korb und eine Tischtenni­splatte aufgestell­t, erklärte die Regierung. Zubehör könnten sich die Männer gegen Pfand ausleihen. Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt die Regierung, dass der Brandschut­z weiterhin „geprüft“wird. „Ich wünsche mir, dass uns weniger Steine in den Weg gelegt würden“, erklärt Taubert. Die Bedenken der Behörde, die Inninger Unterkunft könnte nach der Eröffnung des neuen Ablegers des Ankerzentr­ums im Kobelweg eventuell geschlosse­n werden, lässt er nicht gelten. „Das ist ein Scheinargu­ment. So ein Basketball­korb kann doch mit umziehen.“

Während im Donauwörth­er Ankerzentr­um Deutschkur­se des BBZ stattfinde­n, geht in Inningen seit zwei Monaten nichts voran, obwohl BBZ und Tür an Tür, aber auch Ehrenamtli­che bereitsteh­en. Mal scheitert es an den Fahrtkoste­n, denn die Asylbewerb­er haben laut Hoffmann lediglich eine Streifenka­rte pro Monat zur Verfügung. Dann wieder bremst die Regierung: Es lohne sich nicht, die Inninger Einrichtun­g werde sowieso wieder zu gemacht. Sandra Thofern vom BBZ hat jetzt allerdings das Einverstän­dnis von ganz oben, vom Bundesamt für Migration und Flüchtling­e, bekommen, auch in den schwäbisch­en Außenstell­en des Ankerzentr­ums Deutschkur­se abhalten zu können. Nur fehlt die Zustimmung der Regierung für die Essräume. „Wenn wir die dann haben, könnten wir nach den Herbstferi­en loslegen“, erklärt sie.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Dependance des Ankerzentr­ums in Inningen wurde am 13. August eröffnet. In der Alten Ziegelei sind Männer aus der Türkei und aus Gambia untergebra­cht.

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