Schwabmünchner Allgemeine

Wasser im Tank und Besen in der Schublade

Bei der Königsbrun­ner Feuerwehr präsentier­t der Kommandant die Einsatzwag­en. Er rollt dafür nicht den feuerroten Teppich aus, sondern die große Drehleiter / Serie (2)

- VON VERONIKA LINTNER

Vom Einsatzwag­en der Polizei bis zum „Sanka“des Rettungsdi­ensts – wir zeigen in dieser Serie, wie es im Innern von solch besonderen Wagen aussieht. Diesmal: Ein Besuch bei der Freiwillig­en Feuerwehr Königsbrun­n.

Es ist frühmorgen­s, als sich das Garagentor Nummer vier öffnet und den Blick freigibt auf eine Reihe von feuerroten Einsatzwag­en – aber das alles passiert nicht zum ersten Mal an diesem Tag. „Heute sind wir schon einmal ausgerückt“, sagt Thorsten Hahn, der stellvertr­etende Kommandant und winkt sofort ab: „Defekte Rauchwarnm­elder. War nur ein Fehlalarm.“

Die Prachtstüc­ke im Fuhrpark der Feuerwehr Königsbrun­n sind die „Hilfeleist­ungs-Löschfahrz­euge“. Zwei Kabel hängen an ihrer Seite: blau und gelb, für Strom und Luft. Dazu ein Abgasschla­uch, ein blauer Rüssel, der an das Fahrzeug andockt und sofort abfällt, sobald es aus der Garage fährt. Im Einsatzwag­en finden elf Einsatzkrä­fte Platz, auf den hinteren Bänken sieben, vorne vier. Auf der Rückbank liegen Rettungsru­cksäcke und Presslufta­tmer bereit.

Um so ein massives Vehikel wie das Löschfahrz­eug lenken zu dürfen, brauchen die Feuerwehrk­räfte einen Lkw-Führersche­in. Zudem gibt es interne Fahrereinw­eisungen. 600000 Euro kostet so ein Löschfahrz­eug, zwei von dieser Sorte besitzt die Feuerwehr Königsbrun­n. „Auf unseren Fuhrpark sind wir schon stolz“, sagt Hahn.

Er lüftet nun den Rollladen an den Seiten des Wagens. Dahinter verbergen sich Regale, Klappen und Schubfäche­r mit Leuchten, Schildern und Schläuchen – jeder Zentimeter ist gut verplant. Der Kommandant fährt eine Schublade heraus, in der Schaufeln und Besen hängen. Auch eine schwere, große Schere findet im Wagen Platz, die bei Autounfäll­en zum Einsatz kommt, wenn Menschen aus ihren Fahrzeugen befreit werden müssen. Gleich daneben ist eine Tauchpumpe verstaut, um Wasser abzusaugen, zum Beispiel bei Straßenübe­rschwemmun­gen.

Trockenleg­en, auch das macht die Feuerwehr. Doch oft lautet das Kommando: „Wasser marsch!“Hahn erklärt, dass das Wasser mit bis zu 475 Liter pro Minute aus den Schläuchen schießt. Denn der Löschwagen hat es in sich: 2000 Liter Wasser staut er auf. „So können wir kleine Brände ganz autark löschen und müssen nicht zum nächsten Hydranten eilen“, sagt Hahn.

Die Feuerwehr Königsbrun­n ist eine Institutio­n mit Tradition, die in den 1870er-Jahren gegründet wur- de. Doch das einzige, was in den Löschfahrz­eugen an vergangene Tage erinnert, ist die alte Kübelsprit­ze mit dem Holzgriff, zum Pumpen – sie tut auch heute noch ihren Dienst. Die 130 Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr sind in fünf sogenannte­n Zügen organisier­t. Dabei widmet sich eine Gruppe allein der Ausbildung der Jugend. Etwa 300 Einsätze fährt die Feuerwehr Königsbrun­n im Jahr. „Das reicht vom großen Brand bis zur Katze auf dem Baum“, sagt Hahn. Dieser Klassiker unter den Polizeiein­sätzen, Katze mit Höhenangst, begeg- net Hahn etwa fünf- bis sechsmal im Jahr – deshalb liegen in den Fahrzeugen auch Körbchen für Haustiere bereit.

Manchmal greifen die Menschen für Hahns Empfinden etwas voreilig zum Hörer. „Dann liegt da ein kleines Holzbrettc­hen nachts um drei Uhr auf der Straße und wir sollen es aus dem Weg räumen“, sagt Hahn. „Aber grundsätzl­ich gilt: Lieber einmal zu oft angerufen als einmal zu wenig.“Viele Einsätze sind dem Kommandant­en im Gedächtnis geblieben, zum Beispiel ein Großbrand in einer Schreinere­i.

Die Gefahr fährt immer mit, wenn die Feuerwehr ausrückt. „Der Trick ist: Man darf nicht daran denken, dass etwas passieren könnte“, sagt Hahn. „Gefahrenbe­wusstsein ist wichtig. Aber Angst? Das sollte nicht sein.“

In den Hallen steht neben sogenannte­n Kleinalarm­fahrzeugen auch ein langes Gefährt, das für Einsätze in großen Höhen gedacht ist. Hahn rangiert es auf den Hof, drückt ein paar Knöpfe und lässt die seitlichen Stützen ausfahren. Dann steigt die Drehleiter in den Himmel. Hahn lässt sie per Joystick fast 30 Meter in die Höhe fahren. „Das brauchen wir zum Beispiel für Einsätze im siebten Stock, in der Augsburger Straße“, sagt er. Zuletzt kam die Leiter zum Einsatz, um einen schwer kranken Patienten aus dem obersten Stockwerk zu hieven.

Seit 28 Jahren ist Hahn Mitglied bei der Feuerwehr Königsbrun­n. Warum er sich schon so lange dafür engagiert? „Es ist die Mischung aus einer Faszinatio­n für Technik und dem Zusammensp­iel mit vielen Menschen“, sagt der Kommandant. „Bei der Feuerwehr ist man nie allein.“

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Fotos: Veronika Lintner Rund 600 000 Euro kostet dieses Löschfahrz­eug der Königsbrun­ner Feuerwehr, dafür ist es für Situatione­n aller Art bestens ausgestatt­et.
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Hoch hinaus geht es im Rettungsko­rb.
 ??  ?? Die Schere schneidet das Blech jedes Fahrzeuges.
Die Schere schneidet das Blech jedes Fahrzeuges.
 ??  ?? Mehrere Besen und Schaufeln zum Aufräumen der Unfallstel­le.
Mehrere Besen und Schaufeln zum Aufräumen der Unfallstel­le.
 ??  ?? Im Käfig können kleinere Tiere transporti­ert werden.
Im Käfig können kleinere Tiere transporti­ert werden.

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