Schwabmünchner Allgemeine

Milde Strafe für angeklagte­n Schleuser

Ein 28-Jähriger hatte über das Internet eine Mitfahrgel­egenheit von Italien nach Deutschlan­d angeboten. Seine Passagiere hatten allerdings kein Visum für die Einreise

- VON PETER RICHTER

Augsburg Es ist kurz nach Mitternach­t. Auf der Bundestraß­e 2 bei Garmisch-Partenkirc­hen stoppt eine Streife der Bundespoli­zei einen BMW mit italienisc­hem Kennzeiche­n. Schnell stellt sich heraus, vier der fünf Insassen – drei Pakistani und eine Peruanerin – sind illegal eingereist, haben kein Visum. Im Fahrzeugin­neren finden die Polizisten zudem 2700 Euro, versteckt unter einer Fußmatte. Der Fahrer, so hat es den Anschein, ist ein profession­eller Schleuser.

Neun Monate später steht der klein gewachsene Mann, neben sich einen Dolmetsche­r und seinen Anwalt, in Augsburg vor einem Schöffenge­richt. Der 28-Jährige lebt und arbeitet hier als Schweißer. Einschleus­en von vier Ausländern lautetet der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft. Dem Angeklagte­n droht eine Haftstrafe, die zwischen drei Monaten und fünf Jahren legt.

Doch so schlimm kommt es am Ende nicht. Denn der Pakistani kann eine Geschichte erzählen, die ihm nicht zu widerlegen ist. Zum Jahreswech­sel war er in die oberitalie­nische Stadt gefahren. Er plante, den Umzug seiner Frau, die in Ferrara mit zwei kleinen Kindern wohnte, nach Augsburg vorzuberei­ten. Die Familie lebte schon neun Jahre in Italien. Wegen der Aussicht, hier mehr zu verdienen, war der Familienva­ter dann nach Deutschlan­d gekommen.

Als er am 13. Januar von Ferrara nach Augsburg zurückfuhr, hatte er 2700 Euro dabei. Geld, das er benötigte, weil er in Augsburg für seine Familie eine größere Wohnung suchen wollte. Und er hatte drei Mitreisend­e: zwei Pakistani und eine Peruanerin. Im Internet hatte er für die Rückfahrt eine Mitfahrgel­egenheit angeboten. In Verona stieg noch ein weiterer Landsmann zu, der als Asylbewerb­er in Augsburg lebt. „Wir kennen uns vom gemeinsame­n Kricketspi­el.“Dieser habe für die Fahrt nichts bezahlen müssen, „weil er ein Freund ist“.

Die Aussagen des Angeklagte­n werden weitgehend von dem als einzigen Zeugen geladenen Bundespoli­zisten bestätigt. Was mit der Frau und zumindest zwei der Pakistani geworden sei, wisse er nicht, sagt der Zeuge. Vermutlich seinen sie, weil sie aus Österreich eingereist waren, dorthin abgeschobe­n worden. Aber auch der dritte Pakistani, in Augsburg als Asylbewerb­er gemeldet, ist illegal eingereist. Denn Asylbewerb­er, die in ihrem Ausweis nur eine Duldung stehen haben, solange ihr Verfahren läuft, dürfen Deutschlan­d nicht verlassen. Tun sie es dennoch und kehren zurück, reisen sie illegal ein.

Am Ende stimmt das Gericht Verteidige­r Jörg Seubert zu, dass die Straftat seines Mandanten nur als minderschw­erer Fall zu verurteile­n sei. Immerhin hat der Angeklagte selbst es als „Fehler“eingestand­en, dass er sich vor Fahrtantri­tt nicht die Ausweise seiner Mitreisend­en hatte zeigen lassen.

So hält das Gericht das Einschleus­en von drei Ausländern nachweisba­r und verurteilt den Fahrer zu einer Geldstrafe von 3000 Euro. Die Staatsanwä­ltin hatte eine Bewährungs­strafe von neun Monaten beantragt. Anders als von dieser beantragt, verzichtet das Gericht darauf, die im Auto versteckte­n 2700 Euro einzuziehe­n. Die Version des Angeklagte­n, er habe das Geld aus Vorsicht vor den ihm unbekannte­n Mitreisend­en versteckt, schien glaubhaft.

Ungewiss ist, was aus den Mitfahrern geworden ist

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