Schwabmünchner Allgemeine

Ein Abriss fast in Zeitlupe

Die Kuppel des ehemaligen Königsbrun­ner Spaßbades wird in behutsamen Schritten zurückgeba­ut. Grund dafür sind nicht nur strenge Entsorgung­svorschrif­ten, sondern auch ein Stadtratsb­eschluss

- VON HERMANN SCHMID

Königsbrun­n Langsam, fast behutsam schiebt der über zwei lange Baggerarme bewegte Greifer Reste der Pappe auf dem Dach der Königsther­me zusammen, packt dann den Haufen, hebt ihn hoch, senkt ihn ab und lässt ihn in den Container fallen, der einige Meter tiefer auf dem – inzwischen mit Bauschutt angefüllte­n – früheren Außenbecke­n steht. Dann bewegt der Baggerführ­er sein tonnenschw­eres Werkzeug wieder nach oben, zum nächsten Haufen Dachpappe. Sein Kollege hat derweil mit seinem Greifer den verbeulten Rest einer Dachrinne geschnappt, reißt ihn los und legt ihn etwas abseits am Boden ab.

Die wenigen Zaungäste, die gestern Vormittag den Beginn der Abbrucharb­eiten am 2500 Quadratmet­er großen Dach der Thermenhal­le verfolgen, brauchen Geduld. Nur gelegentli­ch wird ihnen etwas „Action“geboten, etwa wenn der Greifer mehrere zusammen genagelte Bretter packt, sie hochhebt und einige sich dann lösen und nach unten fallen. Wer eine Abrissbirn­e erwartet hatte, die an einem langen Stahlseil mit Schwung in die Dachkonstr­uktion brettert und diese mit einigen Schlägen zum Einsturz bringt, der wird enttäuscht.

Für den Abbruch fast in Zeitlupe gibt es zwei Gründe. „Die Materialtr­ennung ist der größte Aufwand“, erläutert Werner Luff. Der Chef der gleichnami­gen Dasinger Abbruchfir­ma steuert den „Longfront“-Bagger mit den zusammen 30 Meter langen, hydraulisc­h bewegten Baggerarme­n. Sein Auftrag umfasst auch die Entsorgung oder Verwertung des Materials. Folglich ist es in seinem Interesse, dieses schon beim Abbruch möglichst sauber zu sortieren. Folglich keine Abrissbirn­e, sondern ein „Sortiergre­ifer“. Deshalb sieht das Areal rund um die Abbruchgeb­äude auch aus wie eine mittelgroß­e Recyclinga­nlage.

Einen weiteren Grund, warum die Abbruch-Spezialist­en so bedächtig zu Werke gehen, erläutert der Mann im zweiten Bagger, Luffs Sohn Mariano: „Jedes Gebäude ist anders, man muss erst mal testen, wie stabil es ist, wie die Teile zusammenhä­ngen“, erläutert der 19-Jährige. „Es gibt kein Rezept, das überall gilt.“Schon gar nicht bei Holzkonstr­uktionen. „Die sind überall anders – der eine hämmert zehn Nägel rein, der andere nur einen.“

Also müsse man testen, wie die Teile zusammenhä­ngen, ob viel oder wenig Kraft nötig ist, um sie auseinande­r zu nehmen. Zudem, so ergänzt der ausgebilde­te Baugerätef­ührer, verändere sich die Statik eines Gebäudes während des Abbruchs immer wieder. „Da muss man dann die nächsten Schritte ganz schnell im Bagger entscheide­n.“

Bei der Königsther­me kommt hinzu, dass der Stadtrat entschiede­n hat, nicht den ganzen Komplex abreißen zu lassen, sondern nur die Thermenhal­le, das Solebad und einige Bauten der Saunen-Welt. Deshalb hat die Stadt schon frühzeitig die Ingenieur-Gesellscha­ft Augsburg (IGA) mit der Ausschreib­ung und der Planung des Abbruchs beauftragt. „Unser Ziel ist, das Restgebäud­e zu schützen“, erläutert IGA-Ingenieur Ralph Meurer.

Deshalb wird am Dach der Thermenhal­le besonders vorsichtig gearbeitet, nicht nur mit dem Sortiergre­ifer. In den vergangene­n zwei Wochen hat man bereits rund 150

„Die Materialtr­ennung ist der größte Aufwand.“Werner Luff

„Unser Ziel ist, das Restgebäud­e zu schützen“IGA-Ingenieur Ralph Meurer

Tonnen Tondachzie­gel runtergeho­lt. „Das hat das Dachgewich­t minimiert und die Holzkonstr­uktion entlastet.“In der kommenden Woche werden Vater und Sohn Luff erst mal weiter behutsam Bretter und Dämmung der Dachkonstr­uktion entfernen. Erst dann nehmen sie die Leimbinder zwischen den Säulen und schließlic­h die großen Leimbinder, die von den Säulen zur Mittelstüt­ze laufen, ins Visier.

 ?? Fotos: Hermann Schmid ?? Mit zwei Hydraulikb­aggern mit „Sortiergre­ifern“gingen die Abbruchspe­zialisten der Firma Luff das Dach der Thermenhal­le an.
Fotos: Hermann Schmid Mit zwei Hydraulikb­aggern mit „Sortiergre­ifern“gingen die Abbruchspe­zialisten der Firma Luff das Dach der Thermenhal­le an.
 ??  ?? Werner Luff und sein Sohn Mariano an einem der Hydraulikb­agger, mit denen sie nach und nach das Dach der Thermenhal­le abtragen werden. Am 9. November 2018 erreichten die Abbrucharb­eiten auf dem Areal der Königsther­me das Dach der Thermenhal­le.
Werner Luff und sein Sohn Mariano an einem der Hydraulikb­agger, mit denen sie nach und nach das Dach der Thermenhal­le abtragen werden. Am 9. November 2018 erreichten die Abbrucharb­eiten auf dem Areal der Königsther­me das Dach der Thermenhal­le.

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