Dokumente von Not und Zerstörung
Im Augsburger Annahof zeigt eine Ausstellung Auswirkungen des 1. Weltkrieges auf die Partnerstädte Bobingen und Aniche
besonders günstig bestellt. Auch kann ich dir mitteilen, dass ich vorerst nicht in Urlaub komme, also mit der Saat bestellt ihr halt, was ihr leisten könnt. Soviel als du zu deinem Haushalt, für die neun Kinder sowie für die alten Eltern bedürft, werdet ihr wohl ernten, damit habt ihr auch genug geleistet, alles andere halte ich für überflüssig, nachdem sie Sache nun so ist. Ich will nicht haben, daß ihr euch noch mehr zusammenschindet als es schon der Fall ist. Was habe ich, wenn ich den Krieg überleben sollte, an kranker zusammengeschundener Familie wenn ich auch selbst nicht mehr rüstig genug bin…“(inge)
Auf der französischen Seite Verwüstungen und Plünderungen durch deutsche Soldaten. Auf der deutschen Seite eine Stadt ohne Männer und zunehmende Not in der Bevölkerung. Das sind die zwei Seiten des verheerenden Kriegs, der vor 100 Jahren zu Ende ging.
Wie das im Einzelnen war, dokumentiert die Ausstellung, die auf Initiative des „Verein gegen Vergessen – Für Demokratie“nun im Annahof gezeigt wird – anhand von Aniche im Norden Frankreichs und der schwäbischen Gemeinde Bobingen, die heute als Partnerstädte freundschaftlich verbunden sind.
Es ist eine Ausstellung, die selbst eine besondere Geschichte hat. Sie beginnt mit dem umtriebigen ehemaligen Kulturamtsleiter Reinhold Lenski und dem Heimatverein D’Hochsträßler, dessen Archivgruppe zwei Jahre lang das entsprechende Material im Stadtarchiv sichtete und daraus eine Dokumentation zusammenstellte. Sie wurde zunächst in der Partnerstadt Aniche gezeigt und fand dort äußerst positive Resonanz. Reinhold Lenski erinnert sich: „Es ergab sich, dass in Aniche ein Bericht über das Kriegsgeschehen in der Stadt vorlag. So entstand der Gedanke, die ursprüngliche Ausstellung zu erweitern, eine Brücke zu Aniche zu schlagen“, sagt er. In dieser Form wurde sie 2014 im Bobinger Rathaus gezeigt.
Auf insgesamt 73 Tafeln wurde dargestellt, wie das nur 30 Kilometer von der Front entfernte Aniche unter systematischen Zerstörungen und Plünderungen litt, während Bobingen von den mittelbaren Auswirkungen des Krieges betroffen war. In Aniche wurden beispielsweise das Rathaus, die Kirche, Handwerksbetriebe, Fabriken, Straßen und Eisenbahnschienen zerstört. Die Stadt war von den Bewohnern nahezu verlassen. „Wir kamen am 11. November zurück nach Aniche und fanden unser Haus geplündert vor. Die Schränke waren leer, vieles war auf dem Boden zerstreut“, lautet der Bericht einer betroffenen Familie.
Zwar war Bobingen nicht unmittelbar von Kampfhandlungen betroffen, aber es herrschte Mangel an Allem und die Frauen mussten ohne männlichen Beistand zurecht kommen. Davon erzählen die gezeigten Feldpostbriefe eine beredte Geschichte.
Und es gab viele Gefallene zu beklagen. Der erste Bobinger Weltkriegstote war Josef Lippert: Er wurde am 3. August 1914 eingezogen, kam am 5. August an die Front und fiel schon knapp eine Woche später am 11. August. Insgesamt 76 Namen verzeichnet die Gefallenentafel in St. Felizitas.
Von den ursprünglich fotografisch montierten Tafeln sind im Annahof nur 29 zusehen. Der Schwerpunkt liegt bei Aniche auf den allgemeinen Verwüstungen durch das Kriegsgeschehen und das deutsche Militär, während für Bobingen einzelne Soldaten- und Familienschicksale beleuchtet werden.
Es ist eine Ausstellung, die selbst eine besondere Geschichte hat
ONoch bis zum 29. November ist die Ausstellung im Foyer des Annahofes zu sehen, geöffnet ist Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 17 Uhr.