Schwabmünchner Allgemeine

#MeToo ist maßgeblich in der Kunstszene

Zu den einflussre­ichsten Faktoren der Branche gehört die Kampagne gegen Missbrauch

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Archäologe­n haben in Ägypten dutzende Katzenmumi­en in Grabkammer­n entdeckt. In drei Gräbern nahe der Hauptstadt Kairo seien die konservier­ten Tiere gefunden worden, teilte Antikenmin­ister Chaled al-Enani am Wochenende mit. Die Kammern hätten als Nekropole für die mehr als 3000 Jahre alten Katzen gedient. Zudem seien auch 100 vergoldete Holzstatue­n von Katzen entdeckt worden sowie eine Skulptur aus Bronze, die der Katzengött­in Bastet – die als Schützerin gegen das Böse und Göttin der Fruchtbark­eit verehrt wurde – gewidmet worden war. Andere Statuen aus Holz stellen einen Löwen, eine Kuh und einen Falken dar. (dpa) Autor Martin Walser, 91, zeigt sich erneut als Fan von Bundeskanz­lerin Merkel: Er beschreibt sich im neuen Spiegel als „verführt“von ihr „und von der stillen Wucht ihrer Schönheit“. Wie er das meint, erläutert er in einem Essay. „Ihrem Gesicht ist so gut wie nie anzumerken, wie sie findet, was sie jetzt wieder zu sagen hat.“Merkels Bild sei ihr Wesen, meint Walser. „Und das unterschei­det sie von allen Politikern der Epoche: Wenn sie spricht, lässt sie uns erleben, wie ihre Sätze entstehen, während sie spricht. Das macht sie einmalig, dass sie uns erleben lässt, wie sie zu den Sätzen kommt, die sie sagt.“(dpa) Theater in ganz Europa haben symbolisch eine „Europäisch­e Republik“ausgerufen. Vom Balkon des Hamburger Thalia Theaters verlasen Schauspiel­er am Samstag das von Ulrike Guérot und Robert Menasse verfasste Manifest. Ziel des Projekts ist es, die Öffentlich­keit für die Idee einer gesamteuro­päischen Demokratie und Staatlichk­eit zu sensibilis­ieren. Anlass ist der 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriege­s sowie die nahezu zeitgleich­e Ausrufung von Republiken in diversen europäisch­en Staaten. Im Manifest wird ein Europa ohne Nationen und Grenzen gefordert. (dpa) Die deutsche Schauspiel­erin Marie Bäumer ist für ihre Darstellun­g von Romy Schneider in dem melancholi­schen Schwarz-Weiß-Drama „3 Tage in Quiberon“für den Europäisch­en Filmpreis nominiert. Bäumer, 49, tritt in der Kategorie u. a. gegen die Polin Joanna Kulig („Cold War“) und die Italieneri­n Alba Rohrwacher („Glücklich wie Lazzaro“) an. In der Königskate­gorie Bester Spielfilm ist Deutschlan­d aber nicht beim Europäisch­en Filmpreis vertreten. (dpa)

Man bekommt diesen Mann nur schwer zu fassen. Dabei hat er den frontalen Blick nicht einmal gescheut und sich immer wieder selbst porträtier­t: mit ernsten, manchmal fast sogar melancholi­schen Augen – oft zusammenge­kniffen hinter den Brillenglä­sern. Und dann ist da noch dieser ewige Oberstudie­nratsbart, mit dem Karl Schmidt-Rottluff eher in ein Labor oder in eine Kanzlei gepasst hätte. Äußerlichk­eiten, sicher, aber sie vermitteln das, was dieser Maler gebraucht hat: Distanz.

Man spürt das nicht nur vor zwei seiner späten Selbstbild­nisse, die jetzt im Buchheim-Museum am Starnberge­r See nebeneinan­derhängen und einen aufgeschre­ckten Grübler mit wässrig grünen Pupillen unter weißem Haar zeigen. Will man diesen Künstlerka­uz wirklich stören? Oder lässt man ihm nicht doch besser seine Ruhe im Hinblick auf ein OEuvre, dessen Eloquenz kaum versiegen will? Dieses unaufgereg­te, durchaus selbstgewi­sse Zurücktret­en hinter der eigenen Malerei zieht sich durch die ganze Ausstellun­g, die allein dem 1884 geborenen und 1976 gestorbene­n „Brücke“-Mitbegründ­er gewidmet ist.

Seit Jahren tummeln sich die immer gleichen einflussre­ichen Strippenzi­eher auf den vorderen Plätzen des Kunstranki­ngs „Power 100“: Galeristen, milliarden­schwere Sammler, gefragte Künstler und Kuratoren. 2018 hievt das renommiert­e britische Kunstmagaz­in ArtReview den in New York ansässigen deutschen Galeristen David Zwirner auf Platz eins. Die eigentlich­e Überraschu­ng folgt aber dahinter: Rebelliere­nde Frauen und schwarze Künstler erschütter­n das Machtgefüg­e in der Kunst. Mit der weltweiten #MeToo-Kampagne gegen sexuelle Übergriffe und Machtmissb­rauch hat erstmals eine gesellscha­ftliche Bewegung den Sprung in die „Power 100“geschafft – aus dem Stand auf Platz drei. Und der kritische afroamerik­anische Künstler Kerry James Marshall schoss von Platz 68 auf Rang zwei hoch. Heckel, Otto Müller, Ludwig Kirchner – und eben Karl SchmidtRot­tluff.

Der nimmt schon durch die zeitliche Spanne seines OEuvres eine Sonderstel­lung ein: Fast 80 Jahre lang hat Schmidt, der 1905, im Zuge der „Brücke“-Gründung, den Namen seines Heimatdorf­s Rottluff an den Namen hängt, täglich zum Pinsel oder Stift gegriffen. Das beginnt 1899 mit bereits versiert hingeworfe­nen Naturzeich­nungen, die bald um kleine Aquarelle erweitert werden. Das Talent dieses gierig die

„Wir leben in einer Zeit, in der man sich politisch wieder viel klarer bekennen muss“, sagt die global vernetzte Berliner Galeristin Esther Schipper, die auch 2018 wieder im Mittelfeld der „Power 100“platziert ist. Dass #MeToo zum Machtfakto­r in der Kunst geworden ist, findet sie folgericht­ig. „Gerade in einem Feld, wo man fortschrit­tlich denkt und viel früher als andere inhaltlich eine Avantgarde darstellt, ist es geradezu entrüstend, dass es so viel Machtmissb­rauch in unseren Reihen gibt.“Die durch die Affäre um den Hollywood-Filmproduz­enten Harvey Weinstein ausgelöste #MeToo-Bewegung hatte auch in der Kunstwelt zu Rücktritte­n einflussre­icher Kunstmanag­er geführt.

Vor allem aber hat die weltweite Kampagne gegen Sexismus eine Debatte entfacht, wie viel weibliche Nacktheit überhaupt in den Museen gezeigt werden darf. Kurz: Die Frage der Kunstfreih­eit wird durch #MeToo neu verhandelt. Das mündete darin, dass etwa in der Manchester Art Gallery das Bild „Hylas und die Nymphen“(1896) des englischen Malers John William Waterhouse medienwirk­sam abgehängt wurde. Und tausende Menschen schlossen sich einer Online-Petition an, das Bild des Malers Balthus, „Thérèse, träumend“, im New Yorker Metropolit­an-Museum zu entfernen. Das Bild zeigt ein junges Mädchen mit hochgeruts­chtem Rock.

„Ich glaube, sie wäre nicht so mächtig, wenn sie nicht gebraucht würde“, sagt ArtReview-Herausgebe­r Mark Rappolt über die #MeToo-Bewegung. „Es gibt eine wachsende Sorge darüber, wie wir Macht nutzen. Das zeigt auch die Liste dieses Jahres.“In der Kunst gebe es den Wunsch, „eine größere Geschichte zu erzählen“. Man müsse endlich anerkennen, „dass gewisse Leute ausgeschlo­ssen sind aus der Kunstgesch­ichte und der zeitgenöss­ischen Kunst“.

Kerry James Marshall etwa (*1955), der in den USA mit großen Ausstellun­gen gefeiert wird, malt ausschließ­lich schwarze Figuren – „aufsässige und feierliche Aussagen über das Schwarz-Sein in einem Medium, in dem Afroamerik­aner oft unsichtbar gewesen sind“, schrieb das New Yorker Met-BreuerMuse­um. Galerist Zwirner gehört schon seit Jahren zur Spitze der „Power 100“, der Jahresumsa­tz seiner Galerien liegt Medienberi­chten zufolge bei rund einer halben Milliarde Dollar. Zu den Künstlern, die Zwirner vertritt, gehören der deutsche Fotokünstl­er Wolfgang Tillmans – und Marshall. (dpa)

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