Schwabmünchner Allgemeine

Musik zum Schwärmen

Bravouröse Domsingkna­ben in Neusäß

- VON OLIVER WOLFF

Die Augsburger Domsingkna­ben genießen einen weltweit guten Ruf. Erst kürzlich hatten sie beim BBC Music Magazine Award 2018 den Preis „Aufnahme des Jahres“für ihre Einspielun­g von Mahlers dritter Sinfonie erhalten, eine Produktion zusammen mit dem Sinfonieor­chester und Chor des Bayrischen

Rundfunks unter der Leitung von Bernhard Haitink.

Am Sonntagabe­nd stellte der Knabenchor nun sein Können in der ausverkauf­ten Neusässer Stadthalle unter Beweis. Das weltliche Programm war bunt gemischt, von Klängen der Renaissanc­e bis hin zur Popmusik. 23 Sänger waren auf der Bühne, davon acht Männerstim­men, plus Chorleiter Reinhard Kammler, der seine Sänger am Klavier begleitete. Vinzenz Löffel und Julian Romanovsky, beide 13 Jahre alt, waren an diesem Abend die Solisten. Sie meisterten den „Abendsegen“aus Engelbert Humperdinc­ks Oper „Hänsel und Gretel“mit Bravour: ein märchenhaf­ter Moment.

Der Chor war brillant und sensibel zugleich. Das „Wiegenlied“von Max Reger und „Das Morgenrot“von Robert Pracht erwiesen sich als Programm-highlights aus der späten Romantik. Eine Klasse für sich war das Feingefühl des Tonansatze­s, während die Artikulati­on dennoch ausreichen­d präsent ist. Nicht nur Musik zum Schwärmen wurde geboten, auch ein musikalisc­her Ausflug nach Wien wurde unternomme­n. Zur „schönen blauen Donau“von Strauß durfte mitgeschun­kelt werden. Das fast zweistündi­ge Programm war ehrgeizig und wurde dem eigenen hohen Anspruch gerecht. Die komplexen Tonartwech­sel und kontrapunk­tischen Stimmführu­ngen wurden in einer bearbeitet­en Version der „Vogelhochz­eit“ausgezeich­net bewältigt, auch in der Intonation.

„You rise me up“, exklusiv für die Domsingkna­ben arrangiert, war einer der Popsongs des Abends. Reinhard Kammler erklärte, er unterschei­de nicht zwischen Unterhaltu­ngsmusik und „ernster Musik“, lediglich zwischen guter und schlechter Musik. Allerdings: Hätten die Domsingkna­ben einen schlechten Song gesungen, er wäre an diesem Abend sicherlich zum guten geworden. Bravo!

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