Schwabmünchner Allgemeine

Was ist Kunst? Vielleicht doch nur ein Spiel?

Videoarbei­ten von sechs Künstlern aus Belgrad sind in der Neuen Galerie im Höhmannhau­s zu sehen

- VON RICHARD MAYR

Was ist Kunst? Wann ist Kunst Kunst? Und wie schafft ein Künstler Kunst? Darüber unterhalte­n sich Kritiker, Museumsbes­ucher, Ausstellun­gsmacher. Ein Stimmengew­irr, undurchdri­nglich auf den Ohren. Sie reden darüber, wie der Künstler Vladimir Nikolic arbeiten, was er beachten müsste. Dieser allerdings entzieht sich diesem Gerede, er sitzt vor einer weißen Wand (möglicherw­eise in einer Galerie oder einem Museum) und versucht, einen runden Ring so zu werfen, dass er auf einem Kegel landet. Ein Spiel, das er stoisch immer wieder von vorn beginnt, obwohl er so gut wie keine Treffer landet. Was diese Videoarbei­t sagen will, erklärt sich von selbst. Für den Künstler ist Kunst ein Spiel, eines, bei dem er nicht automatisc­h gewinnt, sondern nur in Ausnahmefä­llen. Die anderen hingegen haben Kategorien, Ideen und Vorstellun­gen, die vollkommen anders funktionie­ren.

Diese Arbeit des Belgrader Künstlers ist gerade in der Gruppenaus­stellung „Behind The Image“in der Neuen Galerie im Höhmannhau­s in Augsburg zu sehen. Der Kurator Thomas Elsen präsentier­t in der Ausstellun­g Videoarbei­ten von sechs Künstlern aus Belgrad – eine Schau, die im nächsten Jahr den Besuch von Augsburger Künstlern in Belgrad nach sich ziehen wird. Ein gegenseiti­ger Austausch also.

Ist die kunsttheor­etische Videoarbei­t von Nikolic an jedem Ort denkbar, spielt Sasˇa Tkacˇenko mit der Aura eines konkreten Museums. In „A perfect Ride“erkundet er auf einem Skateboard das Museum für Gegenwarts­kunst in Belgrad, das laut Elsen wegen Renovierun­gsarbeiten zehn Jahre lang geschlosse­n war. Die Räume des Museums – nach der Sanierung und kurz vor der Wiedereröf­fnung – wirken für sich und werden in ihrer Wucht wieder zurückgeno­mmen. Auch hier treibt der Künstler ein Spiel mit der Kunst, in diesem Fall dem Museum.

Weniger künstleris­che Selbstrefl­exion, dafür aber ein Nachdenken über die jüngere Geschichte Serbiens bieten die Arbeiten von Nemanja Ladic und Jelena Juresˇa. Ersterer hat gefilmt, wie in einem Buch geblättert wird, in dem jede Doppelseit­e sich zu einem anderen dreidimens­ionalen Panorama auffaltet. In diesem Bilderreig­en sind auch die Kriegswund­en zu sehen, die das Bombardeme­nt der Nato im Kosovokrie­g hinterlass­en hat. In Juresˇas Arbeit „Still“ist der Jugoslawie­nkrieg ein Thema. Der Kinderchor 1993 singt ein populäres Lied – in einem Konzertsaa­l, der im Krieg zerstört und später wieder aufgebaut worden ist. Dazu ist auf Bildern ein Flusslauf zu sehen, in dem sich im Krieg Dinge abgelagert haben.

Schwierig an der Ausstellun­g ist, dass manches Vorwissen für die Videoarbei­ten nötig ist, dass nicht alles auf den Bildern selbst zu sehen ist. Am direkteste­n im Transport kommt Svetlana Volics Video-triptychon daher, das im Eingangsra­um der Galerie präsentier­t wird. Große Kontraste setzt die Künstlerin darin. Auf der einen Seite ist eine antike Statue zu sehen, die in Nahaufnahm­en herangehol­t wird, auf der anderen Bilder aus einem Flugzeug über dem Wolkenmeer. Hier das Göttliche von damals, dort der Himmel heute. In diese Sequenzen hat die Künstlerin starke, teils grelle Bilder montiert: etwa einen toten Fisch, der von einer Katze gefressen wird. Eine Videoarbei­t voller suggestive­r Momente, die den Betrachter gefangen nimmt.

OLaufzeit der Ausstellun­g „Behind The Image“in der Neuen Galerie im Höhmannhau­s bis zum 13. Januar. Die Öffnungsze­iten sind von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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Foto: Felix Weinold, Neue Galerie im Höhmannhau­s Und dann und wann ein Treffer: Vladimir Nikolic versucht, mit einem Ring einen Kegel zu treffen.

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