Warum gibt es nicht mehr Professorinnen?
An der Universität studieren etwa gleich viele junge Frauen und Männer. Beim Lehrpersonal sieht die Sache ganz anders aus. Was läuft, um den Frauenanteil in Forschung und Lehre zu steigern – unter einem neuen Minister
Anna-sophia Meier studiert Anglistik und Geschichte in Augsburg. „In meinen Fächern sind die Studentinnen in der Mehrheit“, erzählt sie. Die Augsburgerin sagt auch, sie habe sich als Frau an der Universität noch nie benachteiligt gefühlt. Trotzdem macht sie im Fach Geschichte eine Beobachtung, die ihr zu denken gibt: Dort seien Dozenten und Professoren vor allem Männer. Das beunruhigt sie. Denn die 24-Jährige will selbst Karriere als Wissenschaftlerin machen.
Die Erfahrungen der Studentin (Name geändert) lassen sich mit Zahlen belegen. Im laufenden Wintersemester sind von insgesamt gut 20 000 Studierenden an der Universität gut die Hälfte Frauen (55 Prozent). Zwar ist die Verteilung der Geschlechter in den Fächern unterschiedlich. Am höchsten ist der Anteil von Studentinnen in der Philologisch-historischen Fakultät (75 Prozent), am niedrigsten in der Fakultät für Angewandte Informatik (knapp 31 Prozent). Männliche und weibliche Studenten halten sich aber insgesamt in etwa die Waage. Bei den Absolventen haben die Frauen inzwischen die Nase vorn (60 Pro- Ganz anders sieht das Geschlechterverhältnis beim Lehrpersonal aus: An der Uni stehen lediglich 42 Professorinnen 165 Professoren gegenüber. Der Frauenanteil liegt bei knapp über 20 Prozent. Nach Angaben der Uni-pressestelle ist der Frauenanteil in den vergangenen Jahren gestiegen. Er liegt inzwischen leicht über dem bayerischen Durchschnitt. Doch auch wenn die Zahl der Professorinnen zunimmt, zeigt sich in Augsburg ein Trend wie an vielen anderen Hochschulstandorten: Mit steigender Karrierestufe nimmt der Anteil der Frauen ab.
Für die bisherige bayerische Wissenschaftsministerin Marion Kiechle war Geschlechtergerechtigkeit an Hochschulen ein zentrales Anliegen. Sie war aber noch nicht zufrieden damit, wie sich die Zahlen entwickeln. Gerade bei den Professuren sah Kiechle noch Handlungsbedarf. Mittelfristig müsse ein Professorinnenanteil von 30 Prozent angestrebt werden, sagte sie kürzlich bei einer Podiumsdiskussion in München. Mehr Frauen in der Wissenschaft könnten die Vielfalt der Forschung und die Qualität der Ergebnisse steigern. Davon profitierte Bayern als Wissenschaftsstandort.
Nun sollte es darum gehen, diese Ziele voranzubringen. Doch dafür wird ein Mann zuständig sein – Kiechles Nachfolger im Amt, der neue Wissenschaftsminister Bernd Sibler. Die Hochschulen hatten allerdings schon im Sommer ein Innovationsbündnis unterzeichnet. Ein Thema war, wie man das Karrieremanagement an Hochschulen und auch die Besetzung von Professuren chancengerechter gestalten kann. Darüber hinaus fließen Fördermittel vom Freistaat für Programme, um die Chancen von Frauen bei Promotionen und Habilitationen zu verbessern. Wie sieht es damit an der Uni Augsburg aus?
Nach Angaben der Pressestelle ist ein Schwerpunkt in der Gleichstellungsarbeit, den weiblichen Nachwuchs auf dem Weg in wissenschaftliche Führungspositionen zu fördern. Beispiele: An der Uni gibt es mehrmonatige Stipendien, die Frauen den Weg in die Professur erleichtern sollen. Andere Stipendien fördern die internationale Vernetzung von Nachwuchswissenschaftlerinnen oder auch die Kinderbetreuung, wenn Wissenschaftlerinnen auf Forschungsreise gehen. Neu ist ein Angebot, bei dem erfahrene Studenten mit Kind andere studiezent). rende Eltern als Ansprechpartner begleiten. Darüber hinaus gibt es nach Angaben der Pressestelle inzwischen auch eine „Prävention sexueller Belästigung“, da sonst speziell in männerdominierten Fächern Frauen abgeschreckt werden könnten.
Und was sagt die Frauenbeauftragte der Universität, Professorin Marita Kraus? Welche Fortschritte sieht sie in Augsburg? Erfreulich sei, dass der Anteil der Absolventinnen ansteige, so Kraus. Weil der Anteil der Studentinnen in einigen Fächern aber geringer sei als in anderen, stünden auf allen Ebenen weniger weibliche Kandidaten zur Verfügung. Das mache sich auch bei den Berufungen auf eine Professur bemerkbar. Ein zentrales Anliegen ist Kraus zufolge, mehr Professorinnen an die Uni zu holen. Gefördert würden junge Frauen aber auf allen Ebenen. Studentin Anna-sophia Meier hofft, dass diese Förderung weiter Früchte trägt. Sie sagt: „Ich würde mir wünschen, dass die Karrierechancen für Frauen an der Uni noch besser wären.“