Der Schutz für die Heide lässt auf sich warten
Das Verfahren der Stadt für die alte Flugplatzheide in Haunstetten zieht sich ungewöhnlich lange hin. Wird der Freistaat sein umstrittenes Wohnbauvorhaben doch vorantreiben?
Wenige Naturgebiete in Augsburg waren in den vergangenen Jahren so umkämpft wie die alte Flugplatzheide in Haunstetten. Naturschützer protestierten vehement, als der Freistaat auf dem letzten Rest der historischen Heidelandschaft mit vielen geschützten Arten neue Wohnungen bauen wollte. In der Folge wurde das umstrittene Bauvorhaben am Bischofsackerweg auf Eis gelegt. Vereinbart wurde auch, dass die Stadt den größten Teil der Heide unter Schutz stellen soll. Doch das neue Schutzgebiet lässt ungewöhnlich lange auf sich warten. Warum?
Fachleute gingen zunächst davon aus, dass alles recht schnell gehen könnte. Eine Ausweisung als flächenhaftes Naturdenkmal wäre wohl in etwa zwölf Monaten zu schaffen, lauteten Prognosen vor rund einem Jahr. „Wir können nicht verstehen, warum das Verfahren so lange dauert“, sagt Günther Groß von der Naturschutzallianz heimische Umweltverbände und Vereine. Wann das Gelände mit rund 85 bedrohten Tier- und Pflanzenarten nun aber tatsächlich unter Schutz gestellt wird, ist noch nicht abzusehen.
Augsburgs Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) nennt Gründe: Das vorgesehene Verfahren sei noch nicht weiter vorangekommen, weil noch wesentliche Grundlagen abzustimmen seien. „Wir haben bereits einen Verordnungsentwurf für das geplante Schutzgebiet erarbeitet“, so Erben. Der Entwurf könne aber erst fertiggestellt werden, wenn das Ergebnis des Umweltamts zur Prüfung der Altlastenproblematik auf dem Gelände vorliege. Das Umweltamt habe dazu einen Untersuchungsauftrag an ein geeignetes Büro erteilt.
Die Frage, ob belasteter Boden ausgetauscht werden muss, ist derzeit noch nicht geklärt. Solche Arbeiten sind in der Regel aufwendig. Sie müssen erst einmal finanziert werden. Die Flächen der alten Flugplatzheide nahe dem Landesamt für Umwelt gehören dem Freistaat. Deshalb ist die Immobilien Freistaat Bayern (Imby) für die Altlastenentsorgung zuständig. Dort heißt es, bereits im vergangenen Jahr sei in Zusammenarbeit mit der Stadt ein Untersuchungskonzept für Altlasten, Baugrund und Kampfmittel erstellt worden. Nach Angaben der Imby sollten die Untersuchungen ursprünglich im Zusammenhang mit der geplanten Wohnanlage am Bischofsackerweg für rund 300 anerkannte Flüchtlinge und heimische Bedürftige erfolgen. Das Bauprojekt, das auf einem Teil der Heidefläche am Bischofsackerweg entstehen sollte, sei jedoch im Oktober 2017 zunächst gestoppt worden. Dadurch habe sich auch die Abstimmung über das weitere Vorgehen verzögert.
Karin Hruschka von der Imby teilte nun zum Stand der Dinge mit: Zunächst müsse die Finanzierung geklärt werden, dann solle möglichst rasch die erforderliche Bodenuntersuchung in Auftrag gegeben werden. Je nach Ergebnis des Bodengutachtens sollen anschließend die notwendigen Maßnahmen vom Freistaat erfolgen. Möglicherweise ist aber gar kein großer und teurer Bodenaustausch nötig. Die Imby verweist darauf, dass auf dem Gelände schon mehrfach Untersuchungen stattgefunden hätten und dabei Munition und Sprengmittel sowie belastetes Bodenmaterial entfernt worden seien.
Beim Streit um die alte Flugplatzheide ging es aber nicht nur um die Frage, ob sie unter Schutz gestellt werden kann. Ein Streitthema war auch, wie groß die Fläche sein soll. Die Naturschützer fordern nach wie vor, den gesamten Heiderest mit rund vier Hektar Fläche unter Schutz zu stellen. Die Stadt plant den Schutzstatus dagegen ohne das Baugrundstück des Freistaates am Bischofsackerweg – stattdessen jedoch mit weiteren angrenzenden Zusatzflächen. Erben sagt mit Blick auf den Streitfall, als Umweltreferent würde er es in gleicher Weise wie die Naturschutzverbände sehr begrüßen, wenn die gesamte Restfläche des alten Flugplatzes unter Naturschutz gestellt werden könnte. Auf den naturschutzfachlichen Wert der Gesamtfläche habe die Stadt bereits hingewiesen. Diese Stellungnahme habe letztendlich auch dazu geführt, dass nun der große Rest unter Schutz gestellt werden soll.
Erben sagt aber auch: Derzeit halte der Freistaat mangels Alternativen an seinem Baurecht auf dem Grundstück am Bischofsackerweg fest. Das sorgt wiederum bei der Naturschutzallianz für Ärger: „Das ist ein untragbarer Zustand“, sagt Groß. Während der Bund große Gebiete frei mache und der Natur zurückgebe, sei es dem Land Bayern nicht möglich, in Augsburg auf 0,7 Fläche zu verzichten. Dabei hatte es vor einem Jahr noch danach ausgesehen, als ob der Freistaat umdenken würde.
Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) hatte damals nach anhaltenden Protesten in der Bevölkerung mit Innenminister Joachim Herrmann (CSU) über das an dieser Stelle umstrittene Wohnbauvorhaben gesprochen. Ergebnis war, dass die Pläne auf Eis gelegt wurden. Stattdessen sollte ein anderes, weniger konfliktbeladenes Grundstück an der Berliner Allee als alternativer Standort geprüft werden. Das dortige Straßenmeisterei-areal gehört ebenfalls dem Freistaat. Ursprünglich war dort eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge vorgesehen, nun bestehe dort die Chance einer städtebaulich verträglicheren Planung für das Wohnbauprojekt, hieß es nach dem Spitzengespräch.
Nun ist wieder alles anders: Offenbar könnte nun doch wieder auf der Heide gebaut werden und auch das Naturschutzverfahren tritt auf der Stelle. Dabei drängt die Zeit, um die letzten Reste dieser Augsburger Heidelandschaft zu bewahren. Nicolas Liebig vom städtischen Landschaftspflegerverband erklärt, warum es ein akutes Problem gibt: Auf dem Gelände breitet sich Hartriegel aus und droht wertvolle Heidearten zu verdrängen. Für die nötige Pflege der Biotope könne die Landschaftspflege aber solange keine öffentlichen Gelder ausgeben, bis klar ist, ob belastetes Erdreich (samt Heidepflanzen) abgetragen werden muss. Denn dann wäre das Geld für die Pflege umsonst ausgegeben.
Freistaat hält an seinem Baurecht fest