Der Christbaum kommt bei Frühlingswetter
Die Vorzeichen verdichten sich. Weihnachten steht allmählich vor der Tür. Am Montag wird auf dem Rathausplatz eine 16 Meter hohe Nordmanntanne aufgestellt. Wie die Menschen den Moment erleben
Die Plätze vor den Cafés sind alle besetzt. Die Menschen genießen am Montag die Mittagssonne auf dem Rathausplatz. Ihre Aufmerksamkeit gilt vor allem einem, der aufgrund des warmen Wetters noch nicht so recht ins Bild passen will: dem Augsburger Christbaum. Wie jedes Jahr um die Zeit stellt ihn die Berufsfeuerwehr mit Mitarbeitern des städtischen Forstamtes auf. Jedes Mal ist die Spannung groß. Denn so ganz pannenfrei ist die Geschichte des Baumaufrichtens nicht.
„Vergangenes Jahr war der Baum zu klein“, erinnert sich Friedhelm Bechtel, Sprecher der Berufsfeuerwehr. Denn normalerweise bringen die Helfer am Weihnachtsbaum zwei Stammeisen auf einer Höhe von zehn und zwölf Metern an. Über diese wird der Baum mit Stahlseilen am Boden gesichert. Doch der letztjährige Baum war so kurz, dass das zweite Eisen erst gar nicht benötigt wurde. Dafür aber ein Statiker, der grünes Licht geben musste. Der diesjährige Christbaum ist mit circa 16 Metern auch nicht der Größte, aber die Nordmanntanne ist schön und üppig gewachsen. Eine Familie aus Dinkelscherben hat den circa 35 Jahre alten Baum für die Stadt gestiftet.
In Polizeibegleitung und mit Verspätung kommt der Schwertransport mit der grünen Fracht gegen 12.30 Uhr an. Etliche Augsburger warten schon auf ihn. Wie eine Frau, die die Absperrung für die Passanten zielstrebig ignoriert. Sie erbittet sich von der Berufsfeuerwehr einen kleinen Tannenzweig. „Sie will ihn unbedingt in ihren Adventskranz einbinden, damit ein Stück des Augsburger Weihnachtsbaumes ein Teil davon ist“, verrät Bechtel und lacht. Für ihn ist das Baumaufstellen auf dem Rathausplatz immer ein schöner Moment. Rüdiger Holfelder und Stefan Deffner erleben ihn das erste Mal.
Die beiden Augsburger
haben Besuch aus Braunschweig und sitzen mit Bianca Redante vor einem Café. „Bei dem Wetter ist es nicht wirklich weihnachtlich“, sagen sie und stoßen mit dem Sommergetränk Aperol Spritz an. „Das passt besser als Glühwein.“Andere Gäste trinken bei milden Temperaturen um die 15 Grad ein Bierchen. Manche haben ihre dicken Jacken über die Stühle gehängt. Für Cafébesucher Holfelder ist die Diskrepanz zwischen dem warmen Wetter und der anstehenden Adventszeit normal. „Ich arbeite in der Lebensmittelbranche, da ist Mitte August Weihnachten schon ein Thema. Im Moment disponieren wir für Ostern.“
Apropos Ostern. Der neue Christbaum ist so dicht gewachsen, dass die Feuerwehrmänner regelrecht eine Stelle am Stamm suchen müssen, wo sie das erste Eisen befestigen können. Weil sie aber die üppigen Zweige auf der Höhe von zehn Metern nicht entfernen wollen, werden 20 Zentimeter des Stammes abgesägt. Es ist fast wie daheim – so einfach ist es mit dem Baumaufstellen halt nicht. Es dauert. Feuerwehrmann Bechtel ist ein dichter Christbaum trotzdem lieber. „Es gab auch schon mal einen hässlichen“, erinnert er sich. „Da haben wir zusätzliche Zweige hingenagelt.“Mit der Nordmanntanne scheinen die Augsburger zufrieden zu sein. Handys und Fotoapparate werden gezückt. „Schön ist der“, „ja was für ein schöner Baum“, ist auf dem Rathausplatz zu hören. Doch sie können sich noch so sehr Mühe geben mit dem Christbaumloben – die Getränke in den Cafés müssen sie selbst bezahlen.
Eine Bildergalerie und ein Video finden Sie unter augsburger-allgemeine.de/augsburg.