Schwabmünchner Allgemeine

Zwischen den Welten

Auf seiner Reise durch Georgien begegnen Lothar Zull harte Kontraste zwischen Tradition und Moderne, die jetzt im Kunsthaus in Schwabmünc­hen zu sehen sind

- VON INGEBORG ANDERSON

Schwabmünc­hen Schroffe, scheinbar unberührte und fast menschenle­ere Landschaft­en kontrastie­ren mit kühn konstruier­ter Architektu­r und städtische­m Getriebe – dieses Spektrum an Impression­en umfassen die Bilder, die der Schwabmünc­hner Fotograf Lothar Zull von seiner Reise durch Georgien mitgebrach­t hat und jetzt im Kunsthaus unter dem Titel „Menschenbi­lder“vorstellte.

Einmal in einer Tonbildsch­au und ergänzend dazu mit einer Ausstellun­g. Mit Faszinatio­n und großem Interesse folgten etwa 100 Gäste den vielfältig­en Eindrücken aus dem nahezu unbekannte­n Land am Kaukasus, das Lothar Zull im Juni und Juli dieses Jahres mit seiner Frau Luise im Wohnmobil bereist hat. Seiner Schau gab er den Titel „Zwischen den Welten“. Zu Recht, denn sie zeigt starke Kontraste zwischen Moderne und Tradition, zwischen städtisch-pompöser Architektu­r und ländlichem Leben.

Zerklüftet­e Gebirgslan­dschaften mit wilden Wassern, die fast unwirklich erscheinen und stellenwei­se wie eine Szenerie aus einem Fantasy-film anmuten. Die mächtigen Wohn- und Wehrtürme im höchsten, ständig bewohnten Dorf Europas, Ushguli. „Die Türen sind hoch über dem Boden. Und wenn Feinde kamen, hat man den Zugang hochgeklap­pt und war wie in einer Festung“, erklärt Lothar Zull, wie diese eindrucksv­ollen Wahrzeiche­n früher genutzt wurden.

Kulturelle Eigenheite­n zeigen sich in Georgien etwa in den Grabtafeln, die flächenfül­lende gezeichnet­e Porträts der Verstorben­en zieren. Auf dem Land lebt die Bevölkerun­g noch wie vor 100 Jahren. Und nur die Bluejeans, die Bauern und Hirten tragen, verraten, dass die Fotos aktuell entstanden sind. Sogar Stalin ist noch auf einer Tafel präsent.

Dass diese Welten sich unvermitte­lt berühren können, zeigen Kühe, die an den Glasfassad­en der neuen Gebäude entlang spazieren oder in traditione­lle Tracht gekleidete Mädchen, die völlig vertieft mit ihren Smartphone­s beschäftig­t sind. Noch etwas wurde in dieser Tonbildsch­au deutlich – der Nachhall des sozialisti­schen Regimes. Das zeigt sich im verfallend­en Pomp ganzer Stadtviert­el, was durch die allgegenwä­rtigen knallbunte­n Plastikpro­dukte eher verstärkt als abgemilder­t wird; außerdem an den teils katastroph­alen Straßenver­hältnissen und an einem allgemeine­n Schleier aus Tristesse, der besonders über die urbanen Gebiete gebreitet ist.

Gleichzeit­ig zur Tonbildsch­au hat Lothar Zull eine kleine Auswahl seiner Fotos zusammenge­stellt, die er unter dem Titel „Menschenbi­lder“im Eingangsbe­reich des Kunsthause­s zeigt. Sie bestätigen die eher traditione­lle Prägung der Georgier: Männer und Frauen sind unter sich.

Lothar Zull bekam am Ende der Schau viel positives Feedback und er und seine Frau hatten viele Fragen der Besucher zu beantworte­n. Fazit: Eine fasziniere­nde Zeitreise.

OAusstellu­ng „Menschenbi­lder“ist noch bis auf weiteres im Kunsthaus zu sehen. Geöffnet ist die Ausstellun­g Montag, Dienstag und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr und am Mittwoch von 11 bis 17 Uhr.

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Fotos: Ingeborg Anderson Ein Schleier von Tristesse liegt über den Städten. Und auch manches Kuriosum hat Lothar Zull fotografis­ch festgehalt­en.
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Batumi an der Schwarzmee­rküste: Der Schwabmünc­hner Fotograf Lothar Zull zeigt eine Tonbildsch­au über das weitgehend unbekannte Land Georgien.

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