Wo Menschen billiger als Roboter sind
Technik Einer der führenden Forscher der Branche gibt in Augsburg Einblicke. Er erzählt, wann sich der Einsatz der Maschinen lohnt und wann man besser darauf verzichtet
Augsburg Was kann der Roboter schon besser als der Mensch? Und was kann der Mensch noch besser als der Roboter? Torsten Kröger, einer der weltweit führenden Forscher auf dem Gebiet, muss es wissen. Am Rande der Europäischen Roboterwoche in Augsburg nimmt der Wissenschaftler am Montag an einer Veranstaltung des Automatisierungs-Spezialisten Kuka teil. Der 41-Jährige ist Professor für Anthropomatik und Robotik am renommierten Karlsruher Institut für Technologie. Anthropomatik ist eine spannende Angelegenheit, geht es dabei doch – vereinfacht gesagt – auch darum, die Fähigkeiten des Menschen zu modellieren und künstlich abzubilden. Kröger arbeitet zudem als Gastwissenschaftler an der US-Universität Stanford.
Berühmt wurde der Experte in der Szene, als das von ihm gegründete Unternehmen Reflexxes, das Software zur Planung von Roboterbewegungen entwickelt hat, 2014 von Google übernommen wurde. So arbeitete Kröger bis 2017 zuletzt als Bereichsleiter für Robotersoftware für den US-Konzern. „Ich bin aber nach Deutschland zurückgekommen“, sagt der Forscher. Er kann geduldig, ganz ohne Allüren die Welt der Robotik und der künstlichen Intelligenz erklären.
Zum Wettbewerb mit der Maschine hat Kröger eine klare Meinung: „Der Mensch ist immer dann besser, wenn es nicht um eine reine Wiederholung geht.“Umgekehrt heißt das, Roboter sind klar im Vorteil beim Ausführen immer gleicher, getakteter Arbeit, etwa einer speziellen Schweißaufgabe in einer Autofabrik. Dann rechnet sich auf Dauer eine Maschine. Deswegen haben die automatischen Gesellen schon lange Einzug in der Industrie gehalten. Doch auch in der Medizintechnik spielen Roboter immer mehr ihre Stärken aus, weil sie dank Software und dem Zugriff auf riesige Datenvolumen in der Lage sind, den Menschen, was die Wahrnehmung von Bildern betrifft, zu schlagen. So betont Kröger: „Ein solches System kann etwa Hautkrebs ge- nauer diagnostizieren als der beste Hautarzt.“Das liege schlicht daran, dass die Maschine direkten Zugang zu immens vielen Aufnahmen der Krankheit habe und über einen Abgleich feststellen könne, ob die Krankheit wirklich vorliegt.
„Am Ende muss aber immer ein Mensch, also Arzt stehen“, stellt der Wissenschaftler dann doch klar. Das hat mehrere Gründe: Natürlich können Roboter keinen hippokrati- schen Eid wie ein Mediziner schwören und sie sind nicht in der Lage, sich in einen Patienten einzufühlen. Roboter würden also kaum bemerken, wenn es dem Menschen nach der Diagnose „Hautkrebs“auch psychisch schlecht geht. Sie bleiben also trotz überragender Wahrnehmungs-Begabung letztlich Helfer der Mediziner. Kröger sagt: „Robotern fehlt auch die menschliche Spontanität und vor allem unsere Anpassungsfähigkeit an sich rasch ändernde Situationen.“
Letzteres ist für den Wissenschaftler ein entscheidender Punkt. Denn jetzt kommt die Betriebswirtschaft ins Spiel. Um den Roboter auf sich immer wieder neue Szenarien in der physischen Welt vorzubereiten, wäre ein immenser Programmieraufwand notwendig. Doch IT-Experten sind bekanntermaßen teuer.
Kröger veranschaulicht das mit einem Ausflug in den Sport: „Man müsste sicher als Mensch mit einem Roboter jahrelang Tischtennis spielen, damit er aufgrund ausreichender Daten auf möglichst viele unserer Spielzüge erfolgreich reagieren kann.“Das sei finanziell nicht darstellbar. Das Beispiel lässt sich auf den Haushalt übertragen: Ein AllesKönner-Roboter, der Socken aufhebt, Tomaten schneidet, Weingläser abspült und auf Zuruf des Menschen immer neue Aufgaben erledigt, müsste viel zu lange dafür programmiert werden. Kröger ist daher davon überzeugt: „Der Mensch ist in vielen Bereichen einfach billiger als der Roboter.“So bleibe der HaushaltsRoboter eine Illusion, zumal die Maschinen bei weitem nicht an das flexible Wunderwerk der menschlichen Hand heranreichen.“
Sobald Roboter sich nicht im Raum mit all den dadurch bedingten Unwägbarkeiten bewegen, können sie dank dem Zugriff auf riesiges Datenmaterial und ihrer Eigenschaft via künstlicher Intelligenz, daraus zu lernen, massive Vorteile ausspielen. „Deshalb“, sagt Kröger, „schlagen Roboter den Menschen im Schachspiel, aber eben meist nicht im Tischtennis.“Am Ende lässt sich aus der Roboter-Woche in Augsburg die tröstliche Erkenntnis ziehen, dass der Mensch als intelligentes, anpassungsfähiges und einfühlsames Muskel-Kraftpaket insgesamt den Roboter schlägt. Mit zunehmender Rechenleistung und gewaltigem Datenmaterial im Rücken holen die Maschinen aber auf.