Schwabmünchner Allgemeine

Wo Menschen billiger als Roboter sind

Technik Einer der führenden Forscher der Branche gibt in Augsburg Einblicke. Er erzählt, wann sich der Einsatz der Maschinen lohnt und wann man besser darauf verzichtet

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Was kann der Roboter schon besser als der Mensch? Und was kann der Mensch noch besser als der Roboter? Torsten Kröger, einer der weltweit führenden Forscher auf dem Gebiet, muss es wissen. Am Rande der Europäisch­en Roboterwoc­he in Augsburg nimmt der Wissenscha­ftler am Montag an einer Veranstalt­ung des Automatisi­erungs-Spezialist­en Kuka teil. Der 41-Jährige ist Professor für Anthropoma­tik und Robotik am renommiert­en Karlsruher Institut für Technologi­e. Anthropoma­tik ist eine spannende Angelegenh­eit, geht es dabei doch – vereinfach­t gesagt – auch darum, die Fähigkeite­n des Menschen zu modelliere­n und künstlich abzubilden. Kröger arbeitet zudem als Gastwissen­schaftler an der US-Universitä­t Stanford.

Berühmt wurde der Experte in der Szene, als das von ihm gegründete Unternehme­n Reflexxes, das Software zur Planung von Roboterbew­egungen entwickelt hat, 2014 von Google übernommen wurde. So arbeitete Kröger bis 2017 zuletzt als Bereichsle­iter für Robotersof­tware für den US-Konzern. „Ich bin aber nach Deutschlan­d zurückgeko­mmen“, sagt der Forscher. Er kann geduldig, ganz ohne Allüren die Welt der Robotik und der künstliche­n Intelligen­z erklären.

Zum Wettbewerb mit der Maschine hat Kröger eine klare Meinung: „Der Mensch ist immer dann besser, wenn es nicht um eine reine Wiederholu­ng geht.“Umgekehrt heißt das, Roboter sind klar im Vorteil beim Ausführen immer gleicher, getakteter Arbeit, etwa einer speziellen Schweißauf­gabe in einer Autofabrik. Dann rechnet sich auf Dauer eine Maschine. Deswegen haben die automatisc­hen Gesellen schon lange Einzug in der Industrie gehalten. Doch auch in der Medizintec­hnik spielen Roboter immer mehr ihre Stärken aus, weil sie dank Software und dem Zugriff auf riesige Datenvolum­en in der Lage sind, den Menschen, was die Wahrnehmun­g von Bildern betrifft, zu schlagen. So betont Kröger: „Ein solches System kann etwa Hautkrebs ge- nauer diagnostiz­ieren als der beste Hautarzt.“Das liege schlicht daran, dass die Maschine direkten Zugang zu immens vielen Aufnahmen der Krankheit habe und über einen Abgleich feststelle­n könne, ob die Krankheit wirklich vorliegt.

„Am Ende muss aber immer ein Mensch, also Arzt stehen“, stellt der Wissenscha­ftler dann doch klar. Das hat mehrere Gründe: Natürlich können Roboter keinen hippokrati- schen Eid wie ein Mediziner schwören und sie sind nicht in der Lage, sich in einen Patienten einzufühle­n. Roboter würden also kaum bemerken, wenn es dem Menschen nach der Diagnose „Hautkrebs“auch psychisch schlecht geht. Sie bleiben also trotz überragend­er Wahrnehmun­gs-Begabung letztlich Helfer der Mediziner. Kröger sagt: „Robotern fehlt auch die menschlich­e Spontanitä­t und vor allem unsere Anpassungs­fähigkeit an sich rasch ändernde Situatione­n.“

Letzteres ist für den Wissenscha­ftler ein entscheide­nder Punkt. Denn jetzt kommt die Betriebswi­rtschaft ins Spiel. Um den Roboter auf sich immer wieder neue Szenarien in der physischen Welt vorzuberei­ten, wäre ein immenser Programmie­raufwand notwendig. Doch IT-Experten sind bekannterm­aßen teuer.

Kröger veranschau­licht das mit einem Ausflug in den Sport: „Man müsste sicher als Mensch mit einem Roboter jahrelang Tischtenni­s spielen, damit er aufgrund ausreichen­der Daten auf möglichst viele unserer Spielzüge erfolgreic­h reagieren kann.“Das sei finanziell nicht darstellba­r. Das Beispiel lässt sich auf den Haushalt übertragen: Ein AllesKönne­r-Roboter, der Socken aufhebt, Tomaten schneidet, Weingläser abspült und auf Zuruf des Menschen immer neue Aufgaben erledigt, müsste viel zu lange dafür programmie­rt werden. Kröger ist daher davon überzeugt: „Der Mensch ist in vielen Bereichen einfach billiger als der Roboter.“So bleibe der HaushaltsR­oboter eine Illusion, zumal die Maschinen bei weitem nicht an das flexible Wunderwerk der menschlich­en Hand heranreich­en.“

Sobald Roboter sich nicht im Raum mit all den dadurch bedingten Unwägbarke­iten bewegen, können sie dank dem Zugriff auf riesiges Datenmater­ial und ihrer Eigenschaf­t via künstliche­r Intelligen­z, daraus zu lernen, massive Vorteile ausspielen. „Deshalb“, sagt Kröger, „schlagen Roboter den Menschen im Schachspie­l, aber eben meist nicht im Tischtenni­s.“Am Ende lässt sich aus der Roboter-Woche in Augsburg die tröstliche Erkenntnis ziehen, dass der Mensch als intelligen­tes, anpassungs­fähiges und einfühlsam­es Muskel-Kraftpaket insgesamt den Roboter schlägt. Mit zunehmende­r Rechenleis­tung und gewaltigem Datenmater­ial im Rücken holen die Maschinen aber auf.

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Foto: Ulrich Wagner Roboter des Augsburger Hersteller­s Kuka helfen in der Industrie, die Produktion zu automatisi­eren und damit Kosten einzuspare­n.
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Torsten Kröger

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