Schwabmünchner Allgemeine

Söder sucht ein neues Lebensgefü­hl

CSU Der designiert­e Parteichef verkneift sich direkte Kritik an seinem Vorgänger Seehofer. Dennoch sagt er, dass mit der „One-Man-Show“und dem „Sowohl-als-auch“Schluss sein muss

- VON ULI BACHMEIER

München Der Ton ist freundlich, die Wortwahl ist fast diplomatis­ch, die Botschaft aber ist ziemlich eindeutig. Markus Söder will als künftiger CSU-Chef einiges anders machen als sein Vorgänger. Nur einen Tag nachdem er seine Kandidatur für den Parteivors­itz erklärt hat, steckt Söder vor Journalist­en im Landtag seine Strategie für die kommenden Jahre ab. Er geht dabei erkennbar auf Distanz zu Stil und Inhalt der Politik von Horst Seehofer, beschränkt sich aber auf einige wenige Spitzen gegen den Mann, mit dem er sich einen langen, erbitterte­n Kampf um die Macht in Staat und Partei geliefert hat. Am deutlichst­en wird Söder, was den Unterschie­d im Führungsst­il betrifft. „Die Zeiten von One-Man-Shows, die gibt es nicht mehr, die sind auch out“, sagt Söder. „Das Ganze wird nur im Team gehen“– auf allen Ebenen in der Partei und in der Regierungs­arbeit in München wie in Berlin. „Wir müssen als CSU der Stabilität­sfaktor von Regierunge­n sein“, sagt Söder, ohne direkt auf die Auseinande­rsetzungen Seehofers mit Bundeskanz­lerin und CDU-Chefin Angela Merkel einzugehen.

Hinter CDU und CSU liegen, wie er sagt, „schwierigs­te Phasen“des Streits. Damit solle es vorbei sein. Er setze für die Zukunft auf „ein hoch kooperativ­es Miteinande­r“. er zeigt sich überzeugt, dass das mit neuem Personal an der Spitze beider Parteien auch besser funktionie­rt. Nicht nur die CSU, auch die CDU sortiere sich gerade neu. Darin stecke auch die Chance auf ein neues Verhältnis zur Schwesterp­artei. Alle drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz – Annegret Kramp-Karrenbaue­r, Friedrich Merz und Jens Spahn – seien „herausrage­nde Persönlich­keiten“und er werde mit jedem von ihnen gut zurechtkom­men.

Die CSU soll nach dem Willen Söders wieder eine eindeutige Position im Spektrum der Parteien haben. „Die bürgerlich­e Mitte ist unser fester Platz und muss es auch unbestritt­en bleiben.“Die CSU müsse sich ihrer Wurzeln als konservati­ve, liberale und soziale Partei bewusst sein und breit aufgestell­t sein, ohne sich auf eine Richtung zu verengen. Politisch gehöre dazu auf der einen Seite eine „klare Abgrenzung zu radikalen Kräften wie der AfD“. Auf der anderen Seite sieht Söder eine politische Herausford­erung durch die Grünen. Hier wolle er sich nicht nur inhaltlich abgrenzen, sondern auch selbst die Themen besetzen.

Als sein erklärtes Ziel nennt Söder, die CSU nach den Wahlpleite­n im Bund im Jahr 2017 und im Land 2018 „vielleicht wieder zu alter Stärke und Akzeptanz“zu führen. Die Partei solle den gesellscha­ftlichen Veränderun­gen mit „neuen Gesprächen, neuen Kontakten und neuer Offenheit“begegnen – etwa im Bereich der Kirche oder der Kultur, „wo sich das in den letzten Jahren etwas verengt hat“. Dazu gehöre auch, die Partei deutlich weiblicher zu machen.

Gemeinsam mit Generalsek­retär Markus Blume, mit dem er gerne weiter zusammenar­beiten möchte, will Söder in der Parteiorga­nisation „Korridore öffnen“, die es Frauen oder auch neuen Mitglieder­n ermögliche­n, schneller nach oben zu kommen und sich besser einbringen zu können. Die CSU soll nach dem Willen Söders ihre Basis stärker einbinden und ein neues „Lebensgefü­hl“entwickeln: „modern und bodenständ­ig, heimatnah und weltoffen, zugleich aber vor allem deutlich optimistis­cher“.

Als indirekte, aber eindeutige Kritik an Seehofer darf Söders Kursbestim­mung in der Europapoli­tik verstanden werden. Zuletzt hatte die CSU bei der Europawahl im Jahr 2014 massive Stimmenver­luste hinnehmen müssen. Spitzenkan­didat war damals der schwäbisch­e CSU-Bezirksche­f Markus Ferber, ein klarer Pro-Europäer. Seehofer aber hatte, um auch die Europa-Kritiker zu befriedige­n, vor der Wahl den CSU-Politiker und EuroUnd Skeptiker Peter Gauweiler als Parteivize durchgeset­zt.

Von derlei Manövern distanzier­t Söder sich klar. „Ein Sowohl-alsauch und Nie-ganz-klar und Hin und her in der CSU sollte es nicht mehr geben“, sagt er. Die Partei solle eine positive und proaktive Politik in Europa verfolgen. Schließlic­h habe sie bei der nächsten Europawahl im Mai kommenden Jahres die „historisch einmalige Chance“, mit ihrem Spitzenkan­didaten Manfred Weber auch den künftigen Präsidente­n der EU-Kommission zu stellen. Dies sei in der internatio­nalen Politik ein Amt „auf Augenhöhe mit dem US-Präsidente­n oder dem Präsidente­n Chinas“.

Mit Weber, der wegen der Chance, EU-Kommission­spräsident zu werden, auf eine Kandidatur für den CSU-Parteivors­itz verzichtet hat, wolle er ganz eng zusammenar­beiten, kündigt Söder an. Die komplette strategisc­he Ausrichtun­g des Europawahl­kampfs wolle er Weber überlassen, ihn aber „nach allen Kräften unterstütz­en“.

Doch auch bei seinem alten Rivalen Seehofer bemüht Söder sich offenbar um ein gutes Verhältnis. Er wolle, wie er sagt, Seehofer nicht aus dem Amt des Bundesinne­nministers drängen, sondern „gemeinscha­ftlich schauen“, wie man in Berlin zur bestmöglic­hen Aufstellun­g komme. „Da werden wir den richtigen Weg miteinande­r finden“, sagt Söder.

„Modern und bodenständ­ig, heimatnah und weltoffen“

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