Schwabmünchner Allgemeine

Schöne neue Welt?

Mediengesp­räche Experten diskutiere­n in Augsburg, wie Werbung unser Leben beeinfluss­t. Und was auf uns zukommt

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Den „Goldenen Windbeutel“für die dreisteste Werbelüge des Jahres, den die Verbrauche­rschützer von Foodwatch verleihen, will kein Unternehme­n haben. Werbung soll auf ein Produkt aufmerksam machen – aber nicht so. Im besten Fall ist sie kreativ und informativ. Im besten Fall erinnert man sich noch heute an „Frau Antje“.

Im schlechtes­ten Fall ist man genervt. Oder meint, manipulier­t zu werden. Unter anderem darum ging es bei den 16. Augsburger Mediengesp­rächen am Montagaben­d im Augsburger Hotel Steigenber­ger Drei Mohren, die von der Bayerische­n Landeszent­rale für neue Medien (BLM) mit den Augsburger Hörfunk- und TV-Sendern sowie der Stadt Augsburg veranstalt­et wurden. Wie also sieht sie aus, die „schöne neue Werbewelt“? Mehr als 200 Besucher interessie­rte das. Die Podiumstei­lnehmer zeichneten ihnen ein mitunter düsteres Bild.

Ständig entstünden neue Werbeforme­n mit dem Ziel, Käufer gegebenenf­alls zu durchleuch­ten, stellte BLM-Präsident Siegfried Schneider fest. Eva Weber, Bürgermeis­terin der Stadt Augsburg, erzählte, sie sei als Kind „absoluter Fan“von TVWerbespo­ts gewesen. Aber früher sei klar gewesen, was Werbung sei. Das habe sich geändert. Auch dadurch: Das Geschäftsm­odell von gebührenfr­eien sozialen Netzwerken wie Facebook beruht auf dem Sammeln der Daten seiner User. Um diese für personalis­ierte Werbung zu nutzen. Jedoch: „Wenn etwas umsonst ist, bist du das Produkt“, sagte Andrea Malgara, Geschäftsf­ührer und Partner der Münchner Mediaplus Gruppe. Für viele eine beängstige­nde Vorstellun­g.

Auch für Laura S. Dornheim von der Firma Eyeo, die den OnlineWerb­eblocker „Adblock Plus“anbietet. Sie nannte als Beispiel Amazon. Das Unternehme­n arbeite an einem Programm, das an der Sprache eines Nutzers – etwa wenn er den Smart Speaker Amazon Echo verwendet – erkenne, ob er erkältet sei. Um ihm Taschentüc­her zu verkaufen, natürlich via Amazon. Der Nutzer wird gläsern, die Internetri­esen reicher. Vor allem junge Menschen bräuchten angesichts der rasanten Entwicklun­gen von (Werbe-)Technologi­en Medienkomp­etenz. „Sollte man die 700 Millionen Euro, die Bayern in das Raumfahrtp­rogramm Bavaria One investiere­n will, nicht in Medienbild­ung investiere­n?“, fragte Felix Kovac, Geschäftsf­ührer des Augsburger Fernsehsen­ders a.tv. Dafür erhielt er viel Zustimmung. Auch von den Podiumstei­lnehmern. Einig waren die sich ebenfalls darin: Der Fortschrit­t und Werbung per se seien nicht „böse“. Es brauche nur klare Regeln für alle. Die Zeiten, in denen „Frau Antje“uns Käse schmackhaf­t machte, sind unwiederbr­inglich vorbei.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Felix Kovac diskutiert mit Moderatori­n Astrid Frohloff.

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