Schwabmünchner Allgemeine

Tanz der Tasten

Giampaolo Di Rosa in St. Moritz

- VON MANFRED ENGELHARDT

Augsburgs Kirche St. Moritz blickt nicht nur auf 1000 Jahre Geschichte zurück, sondern erfreut sich heute zweier Orgeln, die keine Wünsche offenlasse­n und im magischen Raum der John-Pawson-Gestaltung eine besondere Wirkung entfalten: die kleinere Chororgel und die Hauptorgel. Im Jubiläumsj­ahr 2019 will man sie mit mehreren Projekten verstärkt zur Geltung bringen.

Den Auftakt vorab machte Giampaolo Di Rosa, der in Italien und Portugal höchste Posten (u. a. Titularorg­anist S. Antonio Rom) bekleidet. Er bot ein hinreißend­es Programm an beiden Orgeln von Barock bis Spätromant­ik und eigenen Schöpfunge­n. Wie er eingangs auf der Hauptorgel die Veränderun­gen von Bachs Passacagli­a BWV 582 in strukturel­ler, atmender Klarheit ausformte, war bezwingend. Er wechselte nach unten und zauberte auf der Chororgel die gestische Kühnheit dreier Sonaten von Domenico Scarlatti. Darauf folgte ein Scherzo des Spätromant­ikers Marco Enrico Bossi (1868–1925), das mit expressive­n Mitteln den spukhaften Tastentanz Scarlattis quasi weiterführ­te. Und noch extremer in Tempo und Vehemenz zeigte sich Di Paolos eigenes Werk „Studio sul nomediBach“al sein virtuoser Hexen tanz, der die Noten BACH kaum mehr erkenntlic­h, eher als harmonisch dahinstieb­ende Wolke aus einem flackernde­n Tontornado herauskeuc­hen ließ. Liszts monumental­e Fantasie mit Fuge über „Ad nos, ad salutarem undam“auf der Hauptorgel zum Schluss war ein mit fesselnder Prägnanz und dramaturgi­schem Furor entfaltete­r Rausch der Register. Eine Improvisat­ion als Zugabe vollendete diesen Abend der entfesselt­en Orgeln.

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