Wehmütige Erinnerungen an das Cortina
Gastronomie Das Lokal in der Karolinenstraße hat nach 59 Jahren geschlossen. Viele Augsburger bewegt das Thema. Unsere Leser schildern ihre Erlebnisse in dem Eiscafé
59 Jahre war es an Ort und Stelle geöffnet: das Cortina in der Karolinenstraße. Vergangene Woche schloss es überraschend „aus betrieblichen Gründen“, wie die Inhaberfamilie in einem Aushang im Fenster verkündete. Das stimmt viele Stammkunden wehmütig.
Einige haben uns geschrieben, so wie Rosemarie Hergeth aus Augsburg. Sie teilt mit ihrem Mann eine ganz besondere Erinnerung an das Cortina. Vor vielen Jahren wollten sie sich im benachbarten Kino einen Film ansehen. Ihr Mann kaufte Popcorn und steckte es sich in die Innentasche seiner Jacke, weil bis zum Filmstart noch Zeit war. Das Paar ging ins Cortina. „Kaum waren wir eingetreten, platzte durch eine versehentliche Bewegung die Popcorntüte und alles quoll auf den Boden. Wir mussten so herzlich lachen, dass wir gar nicht dazu kamen, peinlich berührt zu sein“, erinnert sie sich. Wenn sie heute daran denkt, müsse sie immer noch darüber schmunzeln.
Für Barbara Klein ist die Schließung des Cortinas ein „herber Schlag“. Jahrzehnte besuchte sie das Lokal in der Karolinenstraße. So feierte sie bereits in den 60er Jahren mit ihren Klassenkameradinnen aus „St. Elisabeth“ihren Schulabschluss. Ein Auge hatten sie dabei auf die feschen Italiener, die das Café betrieben, so Barbara Klein. Die preiswerten und guten Mittagstische hätten es vielen Augsburgern und Touristen ermöglicht, im Cortina ein Essen in familiärer Atmosphäre zu genießen. Auch sie nutzte diese Gelegenheit oft – inzwischen mit ihren Enkeln, die nun auch traurig über die Schließung des Lokals sind. „Sie besuchten nie das Cortina, sondern ,ihre‘ Frau Bez, die sie samt Eis, Pizza und Pasta sehr in ihr Herz geschlossen haben.“Ein Besuch in Theater, Sternwarte und Singschule sowie die Klavierstunde sei immer mit einem Abstecher ins Cortina verbunden worden. „Ich selbst feierte in diesem Jahr meinen Geburtstag – natürlich mit Eis aus dem Cortina“, schreibt Barbara Klein.
Helmut Martin verbindet ebenfalls schöne Erinnerungen mit dem Cortina. „Wir haben als Familie unser halbes Leben im Cortina verbracht“, schreibt er. Pizza, Pasta und das selbst gemachte Eis hätten ihnen immer sehr gut geschmeckt. Als sich noch einmal Nachwuchs in ihrer Familie ankündigte, übernahm Angelika Bez spontan die „kulinarische Patenschaft“für das Kind. „Den Florian kriegen wir auch noch groß hier bei uns im Cortina“, habe sie gesagt, erinnert sich der Bergheimer. „Wir als Familie werden das Ehepaar Bez als herausragende Menschen und Gastronomen immer in bester Erinnerung behalten und hoffen für sie und ihre Mitarbeiter auf eine schöne und zufriedenstellende Zukunft“, betont er.
Hanns-Christoph Hofmann geht einen Schritt weiter. Der Augsburger fragt diejenigen, die die Schließung nun bedauern: „Wann wart ihr nicht das erste Mal, sondern das letzte Mal eine Lasagne dort essen?“Die Stadtregierung sollte sich auch eine Frage stellen, findet er – nämlich wie es so weit kommen konnte, dass sie die Karolinenstraße nicht in die Innenstadtaufwertung aufgenommen habe und jetzt in ihrer „Tristesse“verkommen lasse. „Vieles und viele haben zu diesem Ende beigetragen“, schreibt er.
Erst ins Theater, dann ins Cortina