Die Knollen brauchen jetzt viel grünes Licht
Ernte Die extreme Trockenheit in diesem Jahr war für die Landwirtschaft ein Problem. Auch die Kartoffeln sind betroffen. Zwei Experten erklären die Hintergründe
Landkreis Augsburg Ein riesiger Berg Kartoffeln türmt sich in der Lagerhalle von Landwirt Josef Oßwald aus Thierhaupten. Auf die Knollen fällt giftgrünes Licht, das von langen Neonröhren an der Decke stammt. Die Farbe hat einen besonderen Grund: Beleuchtet der Landwirt seine Kartoffeln mit grünem Licht, dann bleiben sie unverändert braun. „Bei weißem Licht werden die Kartoffeln grün“, sagt Oßwald. Heuer brauchen die Kartoffeln besondere Fürsorge.
Die Trockenheit im Frühjahr und im Sommer hat den tollen Knollen zugesetzt. Durch den Wassermangel seien die Triebe der Pflanze früher abgestorben, erklärt Landwirt Josef Oßwald aus Thierhaupten, der auf Speise- und Industriekartoffeln spezialisiert ist. Die Dämme auf den Feldern, in denen die Knollen normalerweise heranwachsen, hätten sich aufgeheizt, was den Reifungsprozess beschleunigt habe. „Deshalb fallen die Kartoffeln in diesem Jahr auch kleiner aus, als gewohnt“, resümiert der Thierhauptener. Außerdem entständen so Probleme bei der Lagerung: Die Kartoffeln altern stärker und treiben dadurch auch schneller wieder aus.
Damit müssen die Verbraucher rechnen: Die Knollen im Supermarkt könnten in den kommenden Monaten etwas kleiner und schrumpeliger ausfallen. Außerdem wird der Preis für die Knollen ansteigen. Der Hintergrund: Ganz Europa hatte mit der Dürre der vergangenen Monate und dem heißen Sommer zu kämpfen. Meldungen sprechen sogar von einem „historischen Tiefstand“bei der Ernte. Oßwald bestätigt: „Die Ernte ist schlechter ausgefallen als in den vergangenen Jahren. Außerdem hat es diverse andere Probleme gegeben.“Während der ganzen Erntezeit sei es sehr trocken gewesen. Darunter leiden Qualität und Optik. „Viele Kartoffeln sind stark in Mitleidenschaft gezogen“, sagt Oßwald.
Bei der Ernte mit der Maschine würde normalerweise viel feuchte Erde mit aufgenommen. Die schütze die Kartoffeln vor Druckstellen und Kratzern. Das Problem: Der Boden sei in diesem Jahr so trocken gewesen, dass alle Erde direkt wieder aus der Maschine gerieselt sei, erklärt der Landwirt. „Deshalb ist die gewohnte Optik nicht ganz gegeben.“
Trotzdem landen die Knollen in den Supermarktregalen. Aus Mangel „wird heuer nicht so streng aussortiert“, erklärt Oßwald und ergänzt: „Die Kartoffeln sind sowieso einwandfrei, es wäre schade, die wegzuschmeißen.“
Nicht nur Kartoffeln hatten Probleme mit der Trockenheit. Überall war der Wassermangel zu spüren. Trotzdem erklärt Markus Eggenmüller vom Landwirtschaftsamt: „Im Norden und im Osten Deutschlands war es drastischer.“Im Landkreis Augsburg komme es auf den Boden an. Sehr kiesiger Boden kön- beispielsweise wenig Wasser speichern, „da habe ich schneller Ertragseinbußen“, sagt der Experte. Eggenmüller steht im Kontakt mit vielen Landwirten. Das Grünland, also die Futterwiesen, seien besonders von der Trockenheit betroffen gewesen, berichtet er. „Das hat man ja privat auch bemerkt, irgendwann ist einfach nichts mehr gewachsen.“Für Landwirte, die nicht ausreichende Vorräte angelegt haben, könnte es schwierig werden, sagt Eggenmüller.
Schlechte Ernten bedeuten für Landwirte immer schlechtere Einnahmen. Die Situation der Kartoffelbauern sei in diesem Jahr schwierig geworden, meint Josef Oßwald. Viele hätten Probleme damit, die in Verträgen mit der verarbeitenden Industrie festgelegten Mengen zu liefern. Die Verträge würden schon im Frühjahr geschlossen. „Von den Preissteigerungen im Supermarkt profitiert der Landwirt deshalb kaum“, erklärt der Thierhauptener. Er hofft, dass die Verbraucher die Zusammenhänge erkennen und auch optisch weniger ansprechende Kartoffeln akzeptieren.
Trotz der Schwierigkeiten bleibt Josef Oßwald ein Kartoffel-Fan. „Sie sind ein sehr gutes Nahrungsne mittel. Mit keiner Kultur kann man so viele Menschen pro Hektar ernähren“, sagt er.
Trotzdem könnte es 2019 zu „kleinen Versorgungslücken“kommen, wenn auch die Frühkartoffel dieselben Probleme habe. „Das hängt jetzt am Wetter“, sagt der Landwirt.