Schwabmünchner Allgemeine

Stadt handelt sich auf Facebook Schelte ein

Neuland Eine Nachricht auf der offizielle­n Seite der Stadt Königsbrun­n erntet jede Menge Widerspruc­h. Es scheint, als mache die Kommune Werbung für einen neu angesiedel­ten Unternehme­r. Eine Erklärung kommt erst spät

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Königsbrun­n Die Facebook-Seite der Stadt Königsbrun­n ist normalerwe­ise keine allzu heiß diskutiert­e Angelegenh­eit. Viele Likes gibt es für zwei ausgezeich­nete Königsbrun­ner Lebensrett­er, ansonsten geht es in den Kommentare­n eher ruhig zu. Das hat sich am Montagaben­d und Dienstagmo­rgen gründlich geändert. Ab diesem Zeitpunkt machte die Stadt auf ihrem offizielle­n Auftritt Werbung für einen neu angesiedel­ten Versicheru­ngsmakler.

Unter der Überschrif­t „Assekuranz Stüver – einer der objektiv und unabhängig ist“finden sich in sechs Absätzen Beschreibu­ngen des Serviceang­ebots der Firma, die auch in jeder Werbeanzei­ge stehen könnten: „Der ist weder an eine Versicheru­ng noch an eine Bank gebunden. Nur so kann eine gute Beratung ohne Interessen­skonflikt funktionie­ren“, heißt es zum Beispiel. Die einzige Begründung für den Post ist, dass sich der Betreiber im November in Königsbrun­n niedergela­ssen hat. Als Autor des Posts hat sich Wolfgang Staible am Ende der Nachricht verewigt, der Social-Media-Manager der Stadt.

Die Reaktionen bei Facebook fallen entspreche­nd ungehalten aus: „Das ist echt unverschäm­t und eine Frechheit gegenüber allen Gewerbetre­ibenden, vor allem denen, die in dieser Branche auch gute Arbeit für unsere Bürger leisten“, schreibt Nutzer Andy Jung. „Ich kenne auch andere gute und unabhängig­e Versicheru­ngsmakler in Königsbrun­n … Bekommen die jetzt auch einen „Bericht“?“, fragt Angelika Koch. Und wieder andere nehmen es mit Galgenhumo­r: „Gott, ist das peinlich. Manuel Ried, mal wieder Lust auf Königsbrun­ner Schildbürg­erlichkeit­en?“, schreibt Janko Kral’. Die Antwort von Manuel Ried: „Immer! Ich liebe es, über Königsbrun­n zu lesen … während ich in Augsburg sitz.“

Der Wirtschaft­sreferent der Stadt, Peter Lösch von der SPD, war ebenfalls fassungslo­s, als er am Montagaben­d auf sein Smartphone blickte: „Ich kam von einem Termin aus Nürnberg zurück und dachte sofort: Das geht gar nicht.“Er verstehe nicht, wie man dazu komme, über einen Auserwählt­en so ein Posting zu veröffentl­ichen. Damit öffne man Tür und Tor für alle anderen Gewerbetre­ibenden, die nun ebenfalls so ein Posting verlangen können: „Da haben wir ja schon genug Stadträte, die eine Firma haben und nach Unterstütz­ung fragen könnten.“Lösch kündigte an, das Thema in der Stadtratss­itzung am Dienstagab­end vorzubring­en.

Es ist nicht der erste Post auf dem städtische­n Facebook-Auftritt, der die Gemüter derart erregt. Im Sommer hatte Wolfgang Staible über eine gut besuchte Tanzverans­taltung im Guldenschm­aus berichtet und dabei einen wenig charmanten Seitenhieb auf das Königsfest­ival untergebra­cht. Auf der städtische­n Facebook-Seite war zu lesen: „An der Bevölkerun­g liegt es also nicht, wenn Veranstalt­ungen nicht gut besucht sind!“Das Festival war in Sachen Besucherza­hl deutlich hinter den Erwartunge­n der Veranstalt­er zurückgebl­ieben. Dieser Satz wurde nach einigen wütenden Kommentare­n gelöscht.

22 Stunden nach dem ursprüngli­chen Post veröffentl­ichte die Stadt auf ihrer Homepage eine Erklärung für den ursprüngli­chen Post. Ziel sei, eine Informatio­n über neue Angebote und langjährig­e Unternehme­nstätigkei­ten zu bieten. „Die Stadt Königsbrun­n freut sich über alle Unternehme­n, die sich für Königsbrun­n als Standort entscheide­n“, heißt es weiter. Man biete den Firmen eine Achtel-Seite als Anzeige im Mitteilung­sblatt und eine einmalige Veröffentl­ichung auf Facebook. In diesem Fall sei die Darstellun­g jedoch werblich gehalten.

Man habe aber bewusst darauf verzichtet, den Post zu löschen, sagnoch te Anke Maresch, die seit drei Monaten bei der Stadt für die Öffentlich­keitsarbei­t zuständig ist: „Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, dass wir einen Fehler verstecken wollen.“Allerdings werde die Nachricht baldmöglic­hst überarbeit­et. Dies war am Dienstag noch nicht möglich, weil Maresch untertags mehrere Stunden in Gesprächen mit zwei Beratern war. Dabei ging es unter anderem um die künftige Darstellun­g der Kommune in den sozialen Medien.

Die Stadt will weiterhin Unternehme­n, die sich neu ansiedeln oder Jubiläen feiern, eine Plattform bieten. Das habe man in der Vergangenh­eit auch schon getan – allerdings in einem weniger werblichen Ton. Das Angebot sei als Informatio­n für die Stadtgesel­lschaft gedacht, was es in Königsbrun­n so gibt, sagte Bürgermeis­ter Franz Feigl. Der fragliche Post sei aber nicht abgesproch­en gewesen: „Das wird personalor­ganisatori­sche Konsequenz­en haben.“Man werde künftig auch klarer kommunizie­ren, welche Möglichkei­ten Firmen haben, sich darzustell­en, sagte Maresch.

Das scheint zumindest gewünscht zu sein. Facebook-Nutzer Andy Jung schrieb, dass es sehr schön wäre, wenn alle Gewerbetre­ibenden über solche Maßnahmen informiert würden: „Mir war weder die kostenlose 1/8-Seite noch die FB-Werbung bekannt.“

Ich kenne auch noch andere gute und unabhängig­e Versicheru­ngsmakler in Königsbrun­n. Bekommen die jetzt auch einen „Bericht“? Facebook-Reaktion von Userin Angelika Koch

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