Ab April gibt’s mehr Geld für Familien
Das Kabinett beschließt die angekündigten Zuschüsse für Kindergartenbeiträge. Warum sich Eltern freuen dürfen und die Grünen die Entscheidung dennoch nicht gut finden
München Eltern mit Kindern im Kindergarten sollen ab 1. April des kommenden Jahres um 100 Euro pro Monat und Kind entlastet werden. Hebammen, die sich nach abgeschlossener Ausbildung in Bayern niederlassen, soll ab 1. September 2019 mit einer Prämie in Höhe von 5000 Euro der Einstieg in den Beruf erleichtert werden. Das hat das Kabinett am Montag beschlossen.
Für die Chefs der neuen schwarzorangen Staatsregierung, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), markieren die Beschlüsse den Einstieg in die Umsetzung ihres Koalitionsvertrags. Söder sieht in den Beschlüssen „ein ganz großes Signal für das Thema der Kinderentwicklung“. Aiwanger sagte: „Heute ist ohne Übertreibung ein guter Tag für die Familien und den Mittelstand in Bayern.“
Um ihrem Anspruch gerecht zu werden, eine „Familienkoalition zu sein“, greift die Staatsregierung tief in die Staatskasse. Statt wie bisher nur für das letzte Kindergartenjahr einen Beitragszuschuss zu zahlen, es die staatliche Förderung künftig über die gesamte Kindergartenzeit geben. Die Mehrkosten für die Entlastung der Eltern werden für das Jahr 2019 mit 210 Millionen Euro veranschlagt. Ab dem Jahr 2020 sollen die Mehrkosten dann auf rund 290 Millionen Euro pro Jahr steigen. Der Landtag muss allerdings noch zustimmen.
Das Geld soll nach dem Willen der Staatsregierung über die Kommunen an die Kinderbetreuungseinrichtungen ausbezahlt werden und über verpflichtende Beitragssenkungen direkt und in vollem Umfang den Eltern zugutekommen. Für Geringverdiener oder HartzIV-Empfänger, die bereits jetzt beitragsfrei gestellt sind, ändert sich nichts. Profitieren sollen die Normalverdiener. „Jetzt entlasten wir alle anderen, die nicht finanziell schwach sind“, sagte Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU).
Die 100 Euro pro Monat und Kind, erklärte Schreyer weiter, sollen auch gezahlt werden, wenn der Beitrag der Eltern schon jetzt niedriger ist – etwa weil sie in ländlichen Gegenden mit ohnehin relativ niedrigen Kindergartenbeiträgen woh- nen oder auch, wenn ihr Kind nur halbtags in eine Einrichtung geht. Mögliche Differenzbeträge sollen bei den Kommunen bleiben.
Nach Ansicht von Wirtschaftsminister Aiwanger werden mit der Aufstockung der Beitragszuschüsse in Zukunft etwa „80 bis 90 Prozent der Eltern“gar keine Beiträge mehr zahlen müssen. Er sieht damit eine zentrale Forderung der Freien Wähler aus dem Landtagswahlkampf erfüllt.
Die Erhöhung der Zuschüsse ist nur ein Teil der neuen Familienförderung in Bayern. Unabhängig davon wird – darauf hat die CSU in den Koalitionsverhandlungen bestanden – auch das bayerische Familiengeld fortgeführt, das bereits von der Vorgängerregierung beschlossen worden war. Eltern von Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr erhalten weiterhin 250 Euro pro Kind, ab dem dritten Kind sogar 300 Euro. Auch diese Leistung wird unabhängig vom Einkommen bezahlt. Ob sie bei Hartz-IV-Empfängern auf die Sozialleistungen angerechnet werden muss, ist zwischen Bund und Freistaat noch umstritten.
Noch offen ist der im Koalitionssoll vertrag vereinbarte dritte Schritt: Ab 2020 sollen noch einmal 100 Euro pro Monat und Kind an Eltern gezahlt werden, wenn sie für die Betreuung ihrer Kinder in Krippen oder durch Tagesmütter mindestens diesen Betrag aufwenden.
Bei der Opposition im Landtag stieß der jüngste Kabinettsbeschluss auf ein geteiltes Echo. Für die FDPSozialpolitikerin Julika Sandt ist es „der richtige Weg“. Sie mahnt aber: „Kostenfreiheit darf nicht zulasten der Qualität gehen.“Der GrünenAbgeordnete Johannes Becher sagte: „Gute frühkindliche Bildung braucht hohe pädagogische Qualität, bessere Betreuungsschlüssel und eine Ausweitung des Betreuungsangebots auf Randzeiten. Genau dafür sollte zielgerichtet Geld ausgegeben werden, welches jetzt fehlt.“
Einhellig begrüßt wurde der Gründerpakt für Hebammen. Die Staatsregierung nennt ihn „einen weiteren Baustein für eine bestmögliche Versorgung von Schwangeren, jungen Müttern und Neugeborenen“. Die Grünen sehen damit eine ihrer Forderungen erfüllt, kritisieren aber einen Mangel an Ausbildungsplätzen.
Es ist wie so oft, wenn es in der Politik ums Geld der Bürger geht: Es sind mindestens zwei Rechnungen möglich.
Eine Rechnung geht so: Der Freistaat Bayern zahlt pro Jahr bereits jetzt 1,7 Milliarden Euro an Betriebskostenzuschüssen für Kindergärten und 145 Millionen Euro an Beitragszuschüssen an die Eltern von Kindern im letzten Kindergartenjahr. Diese Zuschüsse werden jetzt auf die gesamte Kindergartenzeit ausgeweitet. Zusatzkosten: 290 Millionen Euro. Da kann man schon mal die Frage stellen, warum Kindergärten nicht gleich komplett kostenfrei gemacht werden. Schule und Studium sind es schließlich auch und auf ein paar Millionen mehr kommt es doch bei diesen Summen auch nicht mehr an, oder?
Eine andere Rechnung könnte mit der Frage beginnen, was man mit dem zurzeit offenbar im Überfluss vorhandenen Geld am sinnvollsten macht. Nicht wenige Eltern wünschen sich mehr Qualität in der Betreuung oder flexiblere und längere Öffnungszeiten. Einige von ihnen würden dafür auch gerne (weiterhin) zahlen. Und dann gibt es ja auch noch die Eltern in Großstädten wie München, die schon froh wären, überhaupt einen passenden Kindergartenplatz für ihre Kleinen zu bekommen.
Es ist offenkundig: Die Interessen der Eltern, die nicht unbedingt weniger zahlen, sondern mehr Qualität und Leistung wollen, werden nun erst einmal hintangestellt. Auch das sollten die Bürger wissen. Es ist schließlich ihr Geld. Am Aichacher Krankenhaus grassiert das Norovirus. Sechs Patienten und acht Mitarbeiter seien an der Magen-Darm-Infektion erkrankt, sagte Klinik-Geschäftsführer Dr. Krzysztof Kazmierczak. Notfall-Operationen finden weiter statt, geplante OPs würden verschoben. Eine Station mit 20 Patienten sei isoliert worden: Einige hätten das Virus bereits überstanden, drei zeigten aktuell Symptome. Als Ursache für den Ausbruch nannte Kazmierczak die Einlieferung eines Patienten aus einer Pflegeeinrichtung. Diese habe die Klinik nicht über seine hoch ansteckende Erkrankung informiert. (nsi)