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SFrankenstein ist jung, Frankenstein ist begabt. Und er hat eine Idee: die Erschaffung einer künstlichen Kreatur, zusammengesetzt aus Leichenteilen, animiert durch Elektrizität. So öffnet er gleichsam eine Büchse der Pandora, worauf erst einmal sechs Menschen umkommen …
ei unbesorgt, lieber Viktor,“antwortete sie, „ich wüßte nicht, was dich traurig stimmten sollte; und sei überzeugt, wenn ich auch äußerlich mein Glück noch nicht so ganz zur Schau tragen kann, so fühle ich es doch tief im innersten Herzen. Irgend etwas raunt mir jedoch geheimnisvoll zu, mich nicht allzufreudig auf das Kommende zu verlassen, aber ich will mich bemühen, dieser düsteren Stimme kein Gehör zu geben. Sieh, wie rasch wir dahinfliegen und wie die Wolken, die um das Haupt des Montblanc wehen, das Landschaftsbild beleben. Und sieh die unzähligen Fische, die sich in der klaren Flut tummeln, in der wir jedes Steinchen am Boden unterscheiden können. Welch herrlicher Tag! Wie glücklich und heiter die ganze Natur aussieht!“In dieser Weise versuchte Elisabeth meine und ihre düsteren Gedanken zu verscheuchen. Aber ihre Stimmung wechselte immer wieder; eine Zeit lang leuchteten ihre Augen freudig, allmählich aber nahmen sie wieder einen traurigen
Ausdruck an. Tiefer und tiefer sank die Sonne. Wir passierten die Mündung des Drance, der sich seinen Weg durch die Schluchten und Klüfte des Gebirges bahnt. Die Alpen treten hier nahe an den See heran und wir näherten uns dem mächtigen Amphitheater, das den östlichen Abschluß des Sees bildet. Schon sahen wir die Kirchturmspitze leuchtend über die Baumwipfel emporragen, die sich deutlich von den schwarzen Bergwänden abhob. Der Wind, der uns bisher mit beträchtlicher Schnelligkeit über den See dahingetragen, legte sich und nur mehr eine leichte Brise kräuselte das Wasser zu zierlichen Wellen. In den Uferbäumen flüsterte es leise und vom Lande her schwebte ein feiner Duft von Blumen und frischem Heu herüber. Als wir landeten, versank gerade die Sonne hinter den Bergen, und in dem Augenblick, da mein Fuß den festen Boden betrat, stürmten Sorge und Angst wieder auf mich ein und ich meinte den kalten Griff des Schicksals zu fühlen.
Eben hatte es acht Uhr geschlagen. Wir gingen noch kurze Zeit am Ufer spazieren und freuten uns des warmen Abendscheines. Dann begaben wir uns in das Gasthaus, von wo aus wir noch beobachteten, wie die Nacht leise über Wasser, Wälder und Berge herankroch.
Unterdessen hatte sich ein starker Westwind erhoben. Der Mond stand hoch am Himmel und schickte sich zum Niedergang an. Die Nachtvögel strebten eilends Wolken dahin und verhüllten zeitweise sein Licht, und unter dem belebenden Hauch des Windes hob und senkte sich das Wasser des Sees. Nicht lange währte es, dann strömte Regen reichlich hernieder. Den Tag über war ich ja ruhig gewesen, nun aber, da die Nacht die Umrisse aller Dinge verwischte, stieg eine unbestimmte Angst in mir auf, so daß ich bei jedem Geräusch zusammenfuhr. Meine rechte Hand hielt unter dem Anzug den Kolben einer Pistole umspannt, denn ich beabsichtigte nicht, mein Leben so leichten Kaufes hinzugeben, sondern ich wollte kämpfen, bis mein Leben oder das meines Feindes erlosch. Elisabeth hatte schon einige Zeit in ängstlichem Schweigen mich beobachtet. In meinem Blicke mochte etwas liegen, das sie mit Schrecken erfüllte, und sie fragte zitternd: „Was ist dir, Viktor? Was regt dich so auf? Und warum fürchtest du dich?“
„Friede, Liebste, Friede – nur diese eine Nacht, dann kann alles noch gut werden. Aber heute noch ist es schrecklich, wir müssen auf der Hut sein.“Eine Stunde blieben wir noch so beisammen. Dann kam mir der Gedanke, wie gefährlich unter Umständen der Kampf für mein geliebtes Weib werden könne, und bat sie sich zur Ruhe zu begeben, fest entschlossen, erst dann zu ihr zu kommen, wenn ich sicher sein konnte, daß der Feind fern war. Sie ging. Ich suchte alle Ecken und Winkel des Hauses ab, in denen sich das Ungeheuer hätte verbergen können. Aber keine Spur von ihm, und ich wagte zu hoffen, daß irgend ein unerwarteter Zwischenfall ihn an der Ausführung seiner Drohung verhindert haben könne. Plötzlich hörte ich einen schrillen, angsterfüllten Schrei. Er kam aus dem Zimmer, in das sich Elisabeth zurückgezogen hatte. Kaum hatte ich diesen Schrei vernommen, als mir auch schon das Furchtbare zum Bewußtsein kam. Meine Arme sanken schlaff herab. Das Blut trat aus meinem Herzen zurück; ich fühlte, wie es in meinen Adern zu stocken begann und wie es in all meinen Gliedern prickelte. Nur einen Moment währte dieser Zustand. Ich stürzte nach der Richtung, aus der der Schrei zum zweitenmale ertönte. Großer Gott im Himmel, warum ließest du mich damals nicht tot zusammenbrechen; warum zerstörtest du mir meine einzige Hoffnung, warum vernichtetest du das beste Geschöpf, das auf Erden wandelte? Dort lag sie, quer über das Bett, leblos und bleich. Ihr Haupt hing herab und ihr Haar bedeckte zum Teil ihr verzerrtes Antlitz. Wohin ich mich auch wende, überall verfolgt mich dieses Bild. Konnte ich das ansehen und doch noch weiterleben? Ja, das Leben ist zäh und klammert sich gerade da am hartnäckigsten an, wo man es am meisten haßt. Nur einen Augenblick verlor ich die Besinnung und sank zu Boden. Als ich die Augen aufschlug, umstanden mich Gäste und Personen des Gasthofes. Die Gesichter drückten Entsetzen aus. Ich flüchtete vor ihnen in das Zimmer, wo Elisabeth lag, meine Geliebte, mein Weib. Man hatte sie anders gelegt; ihr Kopf ruhte auf einem Arm und über Gesicht und Hals hatte man ein Tuch geworfen. Man hätte meinen können, sie schliefe. Ich eilte auf sie zu und schlang meine Arme um den Leichnam. Aber die Schlaffheit und Kälte der Glieder ließ mich fühlen, daß das, was ich in den Armen hielt, nicht mehr die Elisabeth war, die ich geliebt und angebetet hatte. An ihrem Halse waren die Fingerabdrücke des Mörders zu erkennen und kein Atem kam mehr von den weißen Lippen.
Während ich sie so umklammert hielt, sah ich zufällig auf. Die Fenstervorhänge waren zurückgezogen und das Mondlicht flutete herein, und am Fenster sah ich, starr vor Entsetzen, die gräuliche Gestalt meines Feindes. Ein höhnisches Grinsen verzerrte sein Gesicht. Er schien zu triumphieren, denn er deutete mit dem Finger auf den Leichnam meines Weibes. Ich sprang ans Fenster, riß meine Pistole aus dem Gürtel und feuerte; aber er entkam und stürzte sich blitzschnell in den See. Auf den Knall der Pistole kamen mehrere Leute in mein Zimmer. Ich zeigte ihnen die Stelle, wo das Gespenst verschwunden war, und wir machten uns sofort in Booten auf die Suche. Sogar Netze ließ ich auswerfen, aber vergebens. Nach einigen Stunden kehrten wir enttäuscht zurück, und einige meiner Begleiter mochten sich wohl im stillen denken, daß das Ganze vielleicht nur eine Ausgeburt meiner Phantasie sei. Nachdem wir wieder an Land waren, begaben sich die meisten auf den Weg in die Waldungen und Weinberge, um dort nach dem Dämon zu fahnden.
»55. Fortsetzung folgt