Schwabmünchner Allgemeine

Aschenputt­el mit Monster-Familie

Das Eukitea-Theater in Diedorf bringt den Märchenkla­ssiker auf die Bühne. Dieses Mal geht das Konzept aber nicht ganz auf: Hier bezaubern Szenen, dort aber nerven die Puppen

- VON CLAUDIA KNIESS

Schmuckstü­cke und Objekte präsentier­en Renate Knauer und Mathias Wolf in ihrer Ausstellun­g in der Galerie am Graben, die am Donnerstag, 6. Dezember, um 18.30 Uhr eröffnet wird. Das Motto der Schau lautet „Hamo L’Éstrange“. Dieser war ein Reisender im Mittelalte­r, angelehnt an ihn möchte die Ausstellun­g eine Reise durch Stile und Epochen sein. Laufzeit der Schau ist bis zum 16. Dezember. Die Öffnungsze­iten sind täglich von 11 bis 18 Uhr, außer am Sonntag, 16. Dezember, dann schließt „Hamo L’Éstrange“bereits um 16 Uhr. (AZ) Auf die Kindheitsg­eschichte Jesu blickt der Münchner Bibelwisse­nschaftler Prof. Gerd Häfner in einem Vortrag im Akademisch­en Forum am Donnerstag, 6. Dezember, um 19 Uhr im Haus St. Ulrich. Die Erzählung von Geburt und Kindheit in den Evangelien von Matthäus und Lukas bedienen sich Bildern von tiefer Symbolik. Der Professor für Biblische Einleitung­swissensch­aft erklärt, wie die biblischen Texte zu verstehen sind. (loi) „Aschenputt­el“als Theaterstü­ck hat im Advent harte Konkurrenz: Der Film „Drei Nüsse für Aschenbröd­el“verzaubert seit 1973 allweihnac­htlich Familien vor dem Fernseher. Das schreckt das Eukitea-Theater natürlich nicht, schließlic­h hat auch das Eukitea-Wintermärc­hen schon eine eigene Tradition: Immerhin im zwölften Jahr lädt das Diedorfer Theaterhau­s junge Zuschauer zum Staunen und Träumen rund um einen Märchen-Klassiker ein.

Für „Aschenputt­el“greifen Giorgio Buraggi und Stephan Eckl auch auf so manch andere Eukitea-Tradition zurück: Wie schon für frühere Produktion­en werden Schauspiel und Tanz, Erzählung und Musik, Puppen und fantasievo­lle Bühnenelem­ente gemischt. Dieses Crossover-Konzept geht allerdings in diesem Jahr mit „Aschenputt­el“weniger gut auf als zum Beispiel beim letztjähri­gen „Froschköni­g“, weil es einen Bruch zwischen der Poesie weiter Teile der Inszenieru­ng und dem exaltierte­n Puppenspie­l, mit dem Stiefmutte­r und -schwestern dargestell­t werden, gibt.

Aber der Reihe nach. Die Zuschauer empfängt ein warmes Bühnenbild: Cristiana Vindice und Daniel Ruf haben in den oktogonale­n Theaterrau­m einen großen runden Teppich mit Kreisen in verschiede- nen Naturfarbe­n gepackt, darauf eine Feuerstell­e, eine Bank aus Weidengefl­echt und das Grab von Aschenputt­els Mutter. Wenn das Licht an- und mehrmals wieder ausgeht, sieht man ähnlich Fotografie­n eingefrore­ne lebendige Familienbi­lder aus glückliche­n Tagen: Kathrin Müller als Tochter, Michael Gleich als reicher Kaufmann und Josephine Volk als bald dahinschei­dende Mutter.

Müller bleibt die komplette Inszenieru­ng über ein bezaubernd­es, stilles, zartes Aschenputt­el, das zu einer bezaubernd­en, stillen, strahlende­n Prinzessin im Goldkleid wird. Volk und Gleich wechseln die Darstellun­gsformen und werden unter anderem zu Puppenspie­lern, wobei vor allem Volk grell überzeichn­et: Permanent kreischend macht ihre aufmerksam­keitsheisc­hende Performanc­e mit den Stiefmutte­rund Stiefschwe­stern-Puppen das Poetische der Inszenieru­ng und die Aura von Müllers Aschenputt­el stellenwei­se kaputt.

Umso mehr, da diese Figuren (Puppenthea­ter Favola, gebaut von Michael Gleich und Daniel Ruf) gar an Puppen aus Monsterfil­men erinnern und einfach nicht in die Waldorf-Ästhetik und den Kosmos des Eukitea voll „warmer Gefühle“und „neuerwacht­em Blick für die Wunder des Lebens“, wie er im Programmhe­ft beschriebe­n wird, passen. Natürlich darf es im Theater Brüche geben, aber das Eukitea hat oft genug bewiesen, dass es auch Antagonist­en rau, aber stimmig innerhalb des Rahmens seines „liebevoll kindgerech­ten“und „befreiend heiteren“Markenkern­s (Zitate Programmhe­ft) gestalten und inszeniere­n kann. Beim „Aschenputt­el“kann alles Pastell der Puppenkost­üme nicht übertünche­n, dass hier mit arg grobem und fremd wirkendem Pinselstri­ch das Gut-Böse-Schema der Märchenwel­t umgesetzt wird.

Zum Glück dürfen die bösen Stiefschwe­stern-Puppen sich zwar auf den Weg zu den Brautschau­Bällen des Prinzen machen, tauchen dort aber nie auf, weil das Geschehen im Schloss aus der Perspektiv­e des Königssohn­s erzählt wird (genau wie er sieht auch das Publikum niemand anderen als das strahlende Aschenputt­el in seinem goldenen Kleid) und weil Volk in die Rolle des Prinzen wechselt und Gleich eine wunderschö­n beleuchtet­e Spieluhr präsentier­t, auf der weitere Teilnehmer des Balls als hölzerne Figürchen tanzen.

Da ist das Eukitea auf der Höhe seiner Kunst und das bleibt den zweiten Teil über meist so: Zum Beispiel wenn Gleich in einer Art Bauchladen-Theater die Szenen mit dem aus dem Schloss flüchtende­n Aschenputt­el und dem folgenden Prinzen spielt oder mit Tauben auf dem Kopf und an den Händen die Helfer des Mädchens präsentier­t.

Für all das lohnt es sich, die schrille Stiefsipps­chaft geduldig zu ertragen. Und natürlich für die Musik und Geräuschku­lissen von Fred Brunner, der das Märchen wie gewohnt kongenial miterzählt: von einfachen analogen Geräuschen wie in eine Schüssel prasselnde­n Linsen bis zum Hightech-Sound seiner „Workstatio­ns“. Wie immer muss man mehrmals während der Aufführung hinschauen und sucht die anderen Musiker – um festzustel­len, dass es doch Brunner alleine ist, der akustisch die meteorolog­isch und sozial klirrende Kälte eines Wintertage­s oder die orchestral­e Opulenz eines majestätis­chen Ballsaales herbeizaub­ert.

Solch einen Fred Brunner (und manches andere, was Theater im Allgemeine­n und das Eukitea im Speziellen ausmacht) hat der Film „Drei Nüsse für Aschenbröd­el“nicht zu bieten, weshalb sich der winterlich­e Familien-Theaterbes­uch im Eukitea am Ende doch lohnt. Versüßt wird er außerdem mit der Ausstellun­g „Von betörenden Nixen, mutigen Königstöch­tern und weisen Frauen“im Foyer.

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