Schwabmünchner Allgemeine

Was für eine Epoche voller Musik

Das Ensemble FAMA hat Musikschät­ze aus dem 17. Jahrhunder­t zutage befördert. Entstanden ist daraus eine Weihnachts-CD der besonderen Art – alles aus Augsburg

- VON MANFRED ENGELHARDT

Sie klingt festlich und intim, virtuos oder schlicht bescheiden. So setzte man sich im 17. Jahrhunder­t musikalisc­h mit der Erwartung des Heilands und der Weihnachts­zeit auseinande­r. Die späte Renaissanc­e und die frühe Barockzeit waren eine besondere Epoche in Augsburg, vor allem wegen der Komponiste­n, die hier geboren wurden, gestorben sind, die in Augsburg wichtige Positionen innehatten oder zu neuen Richtungen inspiriert wurden. Das Forum Alte Musik Augsburg (FAMA) widmet sich der Bewahrung und Entdeckung von Musikschät­zen Alter Musik in Augsburg. Eine CD bietet nun ein farbiges Panorama „Augsburger Weihnacht“, Musik vor allem aus dem 17. Jahrhunder­t.

Das FAMA-Ensemble spielt auf historisch­en Instrument­en mit authentisc­h kompetente­r Souveränit­ät, aber auch musikantis­ch frisch: Iris Lichtinger (Blockflöte­n), Theona Gubba-Chkheizde, Nagi Tsutsui (Violinen), Sergey Filchenko (Viola), Viktor Töpelmann (Viola da Gamba), Günter Holzhausen (Violone), Wolfram Oettl (Cembalo), Michael Eberth (an der historisch­en Günzer Orgel, Gabelbach). Und weil sich das fabelhafte Vokal-Quartett mit Sabine Lutzenberg­er (Cantus), Sebastian Seifert (Altus), Richard Resch (Tenor) und Joel Frederikse­n (Bassus) geschmeidi­g einfügt in das instrument­ale Geschehen, ergibt sich ein intensives musikalisc­he Geschehen.

Viele der 14 Komponiste­n sind heute vergessen, doch spielten sie in der Fuggerstad­t eine große Rolle. Bekannt ist Hans Leo Haßler (1562– 1612), der hier wichtigste Funktionen innehatte, der sich durch die Förderung der Fugger bei Andrea und Giovanni Gabrieli erfolgreic­h von der venezianis­chen Musik inspiriere­n ließ. Sein tiefgründi­ges „Verbum caro factum est“steht am Anfang des Programms; den zweiten Teil prägt sein geniales „Jubilate Deo“, wo Gesang und Ensemble in wunderbare­r Balance Takt, Gebär- denwechsel, Harmonik ausbreiten. Adam Gumpelzhai­mer (1559–1629) gilt als bedeutends­ter evangelisc­her Musiker zu seiner Zeit in Augsburg.

Mit Raffinesse verquickt er auf der CD „Vom Himmel hoch“als Cantus Firmus mit anderen „schönen Weihnächt-Liedern“. Auch Johann Eccard (1553–1611) ist ein heute noch bekannter Name. Sein feierliche­s „In dulci jubilo“mit allen Sängern und Spielern steht am Schluss.

Das „Weihnacht“-Panorama präsentier­t einen Wechsel der Genres und des Ausdrucks. Es erklingen anspruchsv­oll gestaltete mehrstimmi­ge Motetten. Theologisc­h vertiefte, den Evangelien entnommene lateinisch­e Gesänge werden verschränk­t, ergänzt mit schlichter, deutsch gesungener Frömmigkei­t. „Puellule Decore“des Zürichers Johann Melchior Gleitle, der hoch angesehen 1683 in Augsburg starb, wird von Sabine Lutzenberg­er mit betörendem Sopran gesungen.

Eine anrührende und besonders genussvoll­e Kombinatio­n auf der CD ist etwa Jacob Gippenbusc­hs „Lasst uns das Kindlein wiegen“mit einem darauf folgenden Orgelstück. Der älplerisch pittoreske, volkstümli­che Krippenton des Lieds wird anschließe­nd übernommen von den Orgelvaria­tionen des Franz Xaver Murschhaus­er (1663–1738). Mit welchem liebevoll verspielte­n Raffinemen­t er darin den Kuckucksru­f einfließen lässt, ist schlicht entzückend. Ergänzt wird das fromme weihnachtl­iche Geschehen durch klangvolle Suiten von Johann Fischer (1646– 1721) oder Jakob Scheiffelh­ut (1647– 1709), gehalten im französisc­hen Stil der Tänze. Iris Lichtinger­s virtuos klangvolle Flöten, die fein flirrenden Violinen, sonore tiefe Streicher, Oettls prägnantes Cembalo, zusammen mit den vorzüglich­en Sängern, verhelfen dem Programm zu intensivem Leben. ★★★★✩

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Im 17. Jahrhunder­t erklang die Günzer Orgel noch in der Barfüßerki­rche in Augsburg. Als die Kirche 1755 eine neue Orgel bekam, wurde die Günzer Orgel an die Gemeinde Gabelbach verkauft. Sie ist heute die älteste erhaltene Orgel in Schwaben.
Foto: Marcus Merk Im 17. Jahrhunder­t erklang die Günzer Orgel noch in der Barfüßerki­rche in Augsburg. Als die Kirche 1755 eine neue Orgel bekam, wurde die Günzer Orgel an die Gemeinde Gabelbach verkauft. Sie ist heute die älteste erhaltene Orgel in Schwaben.
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FAMA: Augsburger Weihnacht

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