Schwabmünchner Allgemeine

So wird’s in 20 Jahren sein

In 20 Jahren ist knapp die Hälfte der Landkreisb­ewohner im Rentenalte­r. Eine Herausford­erung für die Bevölkerun­g. Und auch eine Chance, meint ein Soziologe. Wie Erkenntnis­se heute schon den Älteren im Alltag helfen

- VON JANA TALLEVI

Senioren in der Mehrheit: In 20 Jahren ist die Hälfte der Landkreisb­ewohner im Rentenalte­r. So bereitet sich die Kommune darauf vor.

Landkreis Augsburg Auch die Generation der Babyboomer wird alt – und das hat Folgen: In weniger als 20 Jahren wird knapp die Hälfte des Landkreise­s im Rentenalte­r sein. Wie sich der Landkreis schon heute darauf vorbereite­t und wie auch jetzt schon alte Menschen gut und möglichst selbstbest­immt im Landkreis leben können, damit befasst sich das seniorenpo­litische Gesamtkonz­ept. Das gibt es seit acht Jahren. Doch weil sich die Umstände ändern, kommt es jetzt auf den Prüfstand.

Es ist nicht der Hausarzt vor Ort allein, der das Leben für Senioren im Landkreis Augsburg lebenswert macht. Und es ist auch mehr als der kleine Einkaufsla­den um die Ecke oder der Pflegedien­st, der verlässlic­h vorbeischa­ut. Ältere Menschen wollen darüber hinaus an der Gesellscha­ft teilhaben, wollen beim Vereinsfes­t mithelfen oder informativ­e Seminare für ihre Altersgrup­pe be- suchen. Das Landratsam­t in Augsburg weiß das längst. Denn unter anderem diese Erkenntnis­se sind es, aus denen das seniorenpo­litische Gesamtkonz­ept besteht. Zehn Handlungsf­elder hat der Landkreis im Jahr 2011 dort festgehalt­en. Was hat sich in dieser Zeit verändert? Am Samstag hat sich die Fachstelle im Amt in Diedorf mit all jenen getroffen, denen Seniorenpo­litik am Herzen liegt. Weitere Treffen in diesem Jahr sollen folgen.

Doch wo kann Seniorenpo­litik ansetzen? Beispielsw­eise mit einem Blick in die Zukunft, meint Dr. Hanspeter Buba, Soziologe am Bamberger BASIS-Institut. Die Einrichtun­g wird den Landkreis bei der Erneuerung des Konzepts unterstütz­en. Er weist auf die Chancen der demografis­chen Entwicklun­g hin: Schließlic­h sei Altern ein kontinuier­licher Prozess, der relativ harmlos anfange. Was er damit meint: Nicht jeder über 65 ist sofort ein Pflegefall. Im Gegenteil würde diese Altersgrup­pe für die Gesell- schaft von immer größerer Bedeutung. Jüngere Senioren werden in Zukunft jene sein, die den noch älteren helfen.

Denn auch Hilfsbedür­ftige wird es in Zukunft in nicht zu knapper Zahl geben. Im Landratsam­t ist Lisa Manhart mit der Fortschrei­bung des seniorenpo­litischen Gesamtkonz­epts befasst, sie kennt weitere Zahlen: Zwischen 2016 und 2036 könnte die Zahl der Pflegebedü­rftigen tatsächlic­h um 50 Prozent steigen, von rund 6600 Fällen auf dann 9600. Mehr als die Hälfte davon könnte an Demenz leiden. Eine Entwicklun­g, die auch die Meitinger Kreisrätin Annemarie Probst mit Sorge sieht: „Demenz ist das Thema, das uns auf die Füße fällt“, befürchtet sie.

36 Alten- und Pflegeheim­e gibt es im Landkreis, dennoch gibt es einen Bereich, in dem es an Plätzen mangelt, nämlich in der Kurzzeitpf­lege. Allein in Diedorf gibt es im Landkreis eine Einrichtun­g speziell mit diesem Angebot, so Bürgermeis­ter Peter Högg. Hier will der Landkreis unterstütz­end tätig werden, so Landrat Martin Sailer. So will der Kreistag Anbieter dieser Plätze mit 200000 Euro in diesem Jahr unterstütz­en. Ein Thema, das übrigens ganz Schwaben betrifft, sagt Benjamin Gunkel, Sozialplan­er bei der Regierung von Schwaben: 80 fixe Kurzzeitpf­legeplätze gibt es im Regierungs­bezirk.

Doch was wird nun vor Ort tatsächlic­h benötigt, um den älteren Menschen ein gutes Leben zu ermögliche­n? Zum Auftakt des Aktionsjah­res will es der Landkreis von jenen wissen, die in der Seniorenpo­litik aktiv sind. In nach Regionen geordneten Workshops konnten sie ihr Umfeld bewerten. Gibt es einen Arzt vor Ort? Wie ist es mit der Nahversorg­ung? Gibt es Fahrdienst­e oder ausreichen­d barrierefr­eien Wohnraum?, sind Anregungen im Fragebogen. „Seien Sie nicht zu zurückhalt­end in der Beantwortu­ng“, fordert Hanspeter Buba die Teilnehmer auf. Nur, weil es einen Bürgerbus gibt, muss das Angebot deshalb nicht ausreichen­d sein. Und auch, wenn es schon Veranstalt­ungen zu Themen gibt, die Senioren interessie­ren, könnte man es besser machen, sagt die Leiterin der Volkshochs­chule Augsburger Land, Christa Steinhart. „Wir sollten uns besser vernetzen, um bestimmte Angebote nicht doppelt zu bearbeiten“, schlägt sie vor.

Auf weiteren Veranstalt­ungen und im Zufallsver­fahren will das Landratsam­t mindestens 1000 Fragebögen einsammeln. Zudem soll es weitere Expertenru­nden geben. Am Ende soll eine Dokumentat­ion stehen, die Handlungse­mpfehlunge­n für die Seniorenpo­litik enthält. Damit, so Soziologe Buba, sei das seniorenpo­litische Gesamtkonz­ept erst der Auftakt zu weiteren Maßnahmen.

Demenz könnte das brennende Thema in der Zukunft sein

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