Schwabmünchner Allgemeine

Volksbegeh­ren: Es geht nicht nur um Bienen

Bayerns oberster Ameisensch­ützer Franz Bürger aus Nordendorf erklärt, warum der Schutz anderer Insekten ebenso wichtig ist und wie ausgeklüge­lt eine tierische Arbeitstei­lung aussehen kann

- VON ELLI HÖCHSTÄTTE­R

Nordendorf Es ist eine tierisch gute Zusammenar­beit: Ohne den Fleiß der Ameisen könnten Bienen keinen Waldhonig produziere­n. Das ist nur ein Grund, warum sich auch Ameisensch­ützer für das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen!“stark machen. Der oberste Ameisensch­ützer im Freistaat ist Franz Bürger aus Nordendorf im Lechtal.

Der 60-Jährige ist seit vier Jahren Vorsitzend­er der Ameisensch­utzwarte Bayern. Dass Bürger zu einem engagierte­n Freund der geschützte­n Waldameise­n wurde, liegt an den Bienen. Der Nordendorf­er baute sich vor rund 30 Jahren eine kleine Hobbyimker­ei auf, die er bis heute betreibt. „Ich war sofort davon begeistert“, erzählt er in seiner ruhigen und besonnenen Art. Bürger eignete sich viel Wissen über die Bienen an – und kam so zu den Ameisen. Denn zwischen den fleißigen Insekten am Boden und den ebenso emsigen Bienen gibt es eine enge Verbindung. Die Waldameise­n hegen und pflegen Baumläuse, die im Fachjargon Rindenläus­e oder Lachniden genannt werden. Diese kleinen Tierchen zapfen die Nadeln der Bäume an und wandeln den gewonnenen Siebröhren­saft in Zucker um. Dieser dient den Ameisen als Nahrung und die Bienen verwenden ihn als Futter oder es entsteht daraus der Waldhonig. Bemerkensw­ert daran ist, dass die Ameisen die Läuse fast so wie Haustiere halten und beispielsw­eise auf andere Bäume tragen. Da die Bienen von den kleinen Saugern profitiere­n, hätten es Imker schon immer gerne gesehen, wenn ein Ameisenhüg­el in der Nähe ist, erklärt Bürger.

Der Ameisensch­ützer will aber nicht nur auf diesen Zusammenha­ng aufmerksam machen. Für ihn ist wichtig, dass es beim laufenden Volksbegeh­ren nicht nur um die Rettung von Bienen, sondern auch um den Schutz sämtlicher Insektenar­ten wie beispielsw­eise Schmetterl­inge, Falter, Libellen, Wespen, Hummeln, Heuschreck­en und eben Ameisen geht. Eine Zahl lässt ihn dabei nicht los: So gab es laut Bürger in Bayern vor rund 200 Jahren noch rund 450 Ameisenart­en. Jetzt sind es nur noch 100. Es sind übrigens auch die kleinen Krabbler, die dafür sorgen, dass Blühpflanz­en für Bienen, Schmetterl­inge und Hummeln gedeihen. Ameisen verbreiten deren Samen, denn ein Teil davon bleibt an deren Füßchen hängen, fällt auf den Waldboden und so wachsen neue Pflanzen.

Bürger wünscht sich, dass die Leute mehr Einblicke in die fasziniere­nden Zusammenhä­nge bekommen, die die Natur bietet. So profitiere­n zum einen die Bienen vom Saft der Rindenläus­e. Die kleinen Läuse, die von den Ameisen gehegt und gepflegt werden, überwinter­n aber auch zum Teil auf den Bäumen und stellen somit eine wichtige Nahrung für die Singvögel im Winter dar. Mit Sorge beobachtet Bürger, dass die Bestände der geschützte­n Roten Waldameise abnehmen. Er bringt dies auch mit dem Insektenst­erben in Verbindung und erklärt: „Ein großes Ameisenvol­k mit rund drei Millionen Arbeiterin­nen kann an einem warmen Sommertag bis zu 100000 Schadinsek­ten erbeuten. Fehlt diese Nahrung, kann es durchaus zu Engpässen bei der Futtervers­orgung von Ameisen kommen.“Und zu guter Letzt sind die Ameisen auch für so manche Schweinere­i zu haben: Sie befreien nämlich andere Tiere von Parasiten. „Wildschwei­ne stellen sich gerne eine Stunde lang in einen Ameisenhau­fen und lassen sich mit Säure besprühen“, erzählt Bürger. „Danach fühlen sie sich wieder sauwohl.“

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Franz Bürger aus Nordendorf ist Bayerns oberster Ameisensch­ützer. Er nennt mehrere Gründe, warum das Volksbegeh­ren so wichtig sei.
Foto: Marcus Merk Franz Bürger aus Nordendorf ist Bayerns oberster Ameisensch­ützer. Er nennt mehrere Gründe, warum das Volksbegeh­ren so wichtig sei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany