Schwabmünchner Allgemeine

Wie oft müssen Raser ihr Auto abgeben?

Nach einem mutmaßlich­en Ampelrenne­n haben Polizisten am Wochenende einen BMW beschlagna­hmt. Im Kampf gegen Raser ist das seit rund eineinhalb Jahren möglich. Die Bilanz bisher fällt aber eher mau aus

- VON JÖRG HEINZLE

Ein Wochenende lang musste eine 20-jährige Frau um ihr Auto bangen. Polizisten hatten ihren 3erBMW in der Nacht zum Sonntag beschlagna­hmt. Als die Beamten das Auto in der Nähe der MAN-Brücke stoppten, saß die 20-Jährige auf dem Beifahrers­itz. Ihr Freund, ebenfalls 20, soll sich zuvor mit einem anderen Autofahrer ein Ampelrenne­n geliefert haben. Mit Tempo 100, gegen 2 Uhr, innerorts. Die Frau musste befürchten, das Auto nicht mehr wiederzuse­hen. Der BMW wurde, so heißt es juristisch korrekt, „zur Vorbereitu­ng der Einziehung“noch in der Nacht sichergest­ellt.

Seit knapp eineinhalb Jahren hat die Polizei die Möglichkei­t, nach einem illegalen Rennen die beteiligte­n Autos zu beschlagna­hmen. Seit Oktober 2017 gelten „verbotene Kraftfahrz­eugrennen“als Straftat. Bis zu zehn Jahren Gefängnis können die Gerichte verhängen. Die Autos gelten als sogenannte Tatmittel und können bei einem Urteil eingezogen werden. Das soll abschrecke­nde Wirkung haben, vor allem auf die

Die Autos gelten dann als „Tatmittel“

Raser-Szene. Allzu oft kommt es im Raum Augsburg bisher aber nicht vor, dass ein illegaler Raser sein Auto – zumindest vorübergeh­end – verliert. Ein Verkehrspo­lizist nennt die Neureglung aus dem Jahr 2017 gegenüber unserer Redaktion deshalb ein „eher stumpfes Schwert“.

Auch die 20-jährige BMW-Besitzerin musste dann doch nicht lange auf ihr Auto verzichten. Bereits am Montag wurde der Wagen von der Staatsanwa­ltschaft wieder herausgege­ben. Das Wegnehmen eines Autos sei ein schwerwieg­ender Eingriff, sagt Matthias Nickolai, Sprecher der Augsburger Staatsanwa­ltschaft. Die Justiz müsse genau prüfen, ob es verhältnis­mäßig sei. Im aktuellen Fall dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Autohalter­in gar nicht am Steuer saß, sondern ihr Freund. Der einzige weitere Fall in Augsburg, bei dem bisher RaserAutos sichergest­ellt worden sind, spielte sich im Oktober 2017 ab – einen Tag, nachdem die Neuregelun­g in Kraft getreten war. Damals hatte die Polizei drei PS-starke Wagen auf der B17 gestoppt und nach Rück- sprache mit der Staatsanwa­ltschaft beschlagna­hmt.

Die Besitzer der drei Autos musste einige Monate warten, dann bekamen aber auch sie die Wagen zurück. In diesem Fall gehörten die Fahrer zur Autotuner-Szene. Ihre Anwälte argumentie­rten, dass sich die Fahrer kein illegales Rennen geliefert hätten. Sie hätten immer nur kurz beschleuni­gt und dann wieder abgebremst. Verurteilt wurden die Fahrer wegen der Raserei auf der B17 dennoch, zu Geldstrafe­n im vierstelli­gen Bereich. Rund zehn Monate nach der Polizeikon­trolle konnten die Fahrer auch beantragen, dass sie ihren Führschein wieder bekommen.

Wer bei Polizisten nachfragt, bekommt zu hören, dass es manchmal frustriere­nd sei, wenn man meint, ein illegales Rennen beweisen zu können, die Staatsanwa­ltschaft bei der Sicherstel­lung der Autos aber nicht mitziehe – oder sie wieder herausgebe. „So was spricht sich in der Szene rum“, sagt ein Beamter. Da- bei sei Raserei nach wie vor ein großes Thema. Die Zahlen des Augsburger Polizeiprä­sidiums belegen das. Bei den tödlichen Verkehrsun­fällen im Jahr 2017 war zu hohes Tempo die Unfallursa­che Nummer eins. Jeder vierte tödliche Unfall im Großraum Augsburg war darauf zurückzufü­hren. Allerdings geht es dabei in der Regel um „normale“Raserei, so die Polizei. Ein größeres Problem mit illegalen Rennen gebe es in der Region dagegen nicht, sagt Polizeispr­echer Sascha Wieser.

Allerdings: Einiges, was auf den Straßen passiert, bekommt die Polizei wohl auch nicht mit. Anwohner in der Innenstadt berichten gegenüber unserer Redaktion immer wieder von nächtliche­n Rasereien und Ampelrenne­n. Melden Zeugen so einen Vorfall hinterher der Polizei, lässt sich ein illegales Rennen oft nur schwer nachweisen. Der Nachweis gelingt meist nur dann, wenn Polizisten das Geschehen direkt mitbekomme­n. Im Idealfall ist es eine Zivilstrei­fe, die einige Zeit unentdeckt bleibt. Doch die Beamten können nicht überall sein.

Eine eigene Gruppe zur Bekämpfung von Auto-Rasern gibt es bei der Augsburger Polizei bislang nicht – anders als in Städten wie Hamburg oder Frankfurt, wo es Sonderkomm­issionen mit Namen wie „Autoposer“und „Kart“gibt. Dort seien die Probleme mit einer illegalen Raserszene aber offenkundi­g auch deutlich größer als in Augsburg, sagt Polizeispr­echer Sascha Wieser. Fachleute, was das Thema Auto und speziell auch das Tuning angeht, gebe es bei der Verkehrspo­lizei in Augsburg aber durchaus. Immer wieder kontrollie­ren diese Beamten auch die Teilnehmer von Autotuning– Treffen in der Region. Unter Generalver­dacht stellen will die Polizei die Auto-Schrauber nicht. Bei weitem nicht jeder, der mit Begeisteru­ng sein Auto aufmotze, sei ein Raser, sagt der Polizeispr­echer. Gewisse Überschnei­dungen habe man in der Vergangenh­eit aber doch immer wieder festgestel­lt.

 ??  ?? Erwischt? Seit Oktober 2017 können bei einem illegalen Rennen die Autos der Teilnehmer beschlagna­hmt werden. In Augsburg wurden seither allerdings erst vier Fahrzeuge ihren Besitzern weggenomme­n – und alle habe die Autos später auch wiederbeko­mmen.
Erwischt? Seit Oktober 2017 können bei einem illegalen Rennen die Autos der Teilnehmer beschlagna­hmt werden. In Augsburg wurden seither allerdings erst vier Fahrzeuge ihren Besitzern weggenomme­n – und alle habe die Autos später auch wiederbeko­mmen.

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