Wie oft müssen Raser ihr Auto abgeben?
Nach einem mutmaßlichen Ampelrennen haben Polizisten am Wochenende einen BMW beschlagnahmt. Im Kampf gegen Raser ist das seit rund eineinhalb Jahren möglich. Die Bilanz bisher fällt aber eher mau aus
Ein Wochenende lang musste eine 20-jährige Frau um ihr Auto bangen. Polizisten hatten ihren 3erBMW in der Nacht zum Sonntag beschlagnahmt. Als die Beamten das Auto in der Nähe der MAN-Brücke stoppten, saß die 20-Jährige auf dem Beifahrersitz. Ihr Freund, ebenfalls 20, soll sich zuvor mit einem anderen Autofahrer ein Ampelrennen geliefert haben. Mit Tempo 100, gegen 2 Uhr, innerorts. Die Frau musste befürchten, das Auto nicht mehr wiederzusehen. Der BMW wurde, so heißt es juristisch korrekt, „zur Vorbereitung der Einziehung“noch in der Nacht sichergestellt.
Seit knapp eineinhalb Jahren hat die Polizei die Möglichkeit, nach einem illegalen Rennen die beteiligten Autos zu beschlagnahmen. Seit Oktober 2017 gelten „verbotene Kraftfahrzeugrennen“als Straftat. Bis zu zehn Jahren Gefängnis können die Gerichte verhängen. Die Autos gelten als sogenannte Tatmittel und können bei einem Urteil eingezogen werden. Das soll abschreckende Wirkung haben, vor allem auf die
Die Autos gelten dann als „Tatmittel“
Raser-Szene. Allzu oft kommt es im Raum Augsburg bisher aber nicht vor, dass ein illegaler Raser sein Auto – zumindest vorübergehend – verliert. Ein Verkehrspolizist nennt die Neureglung aus dem Jahr 2017 gegenüber unserer Redaktion deshalb ein „eher stumpfes Schwert“.
Auch die 20-jährige BMW-Besitzerin musste dann doch nicht lange auf ihr Auto verzichten. Bereits am Montag wurde der Wagen von der Staatsanwaltschaft wieder herausgegeben. Das Wegnehmen eines Autos sei ein schwerwiegender Eingriff, sagt Matthias Nickolai, Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft. Die Justiz müsse genau prüfen, ob es verhältnismäßig sei. Im aktuellen Fall dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Autohalterin gar nicht am Steuer saß, sondern ihr Freund. Der einzige weitere Fall in Augsburg, bei dem bisher RaserAutos sichergestellt worden sind, spielte sich im Oktober 2017 ab – einen Tag, nachdem die Neuregelung in Kraft getreten war. Damals hatte die Polizei drei PS-starke Wagen auf der B17 gestoppt und nach Rück- sprache mit der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt.
Die Besitzer der drei Autos musste einige Monate warten, dann bekamen aber auch sie die Wagen zurück. In diesem Fall gehörten die Fahrer zur Autotuner-Szene. Ihre Anwälte argumentierten, dass sich die Fahrer kein illegales Rennen geliefert hätten. Sie hätten immer nur kurz beschleunigt und dann wieder abgebremst. Verurteilt wurden die Fahrer wegen der Raserei auf der B17 dennoch, zu Geldstrafen im vierstelligen Bereich. Rund zehn Monate nach der Polizeikontrolle konnten die Fahrer auch beantragen, dass sie ihren Führschein wieder bekommen.
Wer bei Polizisten nachfragt, bekommt zu hören, dass es manchmal frustrierend sei, wenn man meint, ein illegales Rennen beweisen zu können, die Staatsanwaltschaft bei der Sicherstellung der Autos aber nicht mitziehe – oder sie wieder herausgebe. „So was spricht sich in der Szene rum“, sagt ein Beamter. Da- bei sei Raserei nach wie vor ein großes Thema. Die Zahlen des Augsburger Polizeipräsidiums belegen das. Bei den tödlichen Verkehrsunfällen im Jahr 2017 war zu hohes Tempo die Unfallursache Nummer eins. Jeder vierte tödliche Unfall im Großraum Augsburg war darauf zurückzuführen. Allerdings geht es dabei in der Regel um „normale“Raserei, so die Polizei. Ein größeres Problem mit illegalen Rennen gebe es in der Region dagegen nicht, sagt Polizeisprecher Sascha Wieser.
Allerdings: Einiges, was auf den Straßen passiert, bekommt die Polizei wohl auch nicht mit. Anwohner in der Innenstadt berichten gegenüber unserer Redaktion immer wieder von nächtlichen Rasereien und Ampelrennen. Melden Zeugen so einen Vorfall hinterher der Polizei, lässt sich ein illegales Rennen oft nur schwer nachweisen. Der Nachweis gelingt meist nur dann, wenn Polizisten das Geschehen direkt mitbekommen. Im Idealfall ist es eine Zivilstreife, die einige Zeit unentdeckt bleibt. Doch die Beamten können nicht überall sein.
Eine eigene Gruppe zur Bekämpfung von Auto-Rasern gibt es bei der Augsburger Polizei bislang nicht – anders als in Städten wie Hamburg oder Frankfurt, wo es Sonderkommissionen mit Namen wie „Autoposer“und „Kart“gibt. Dort seien die Probleme mit einer illegalen Raserszene aber offenkundig auch deutlich größer als in Augsburg, sagt Polizeisprecher Sascha Wieser. Fachleute, was das Thema Auto und speziell auch das Tuning angeht, gebe es bei der Verkehrspolizei in Augsburg aber durchaus. Immer wieder kontrollieren diese Beamten auch die Teilnehmer von Autotuning– Treffen in der Region. Unter Generalverdacht stellen will die Polizei die Auto-Schrauber nicht. Bei weitem nicht jeder, der mit Begeisterung sein Auto aufmotze, sei ein Raser, sagt der Polizeisprecher. Gewisse Überschneidungen habe man in der Vergangenheit aber doch immer wieder festgestellt.