Schwabmünchner Allgemeine

So könnte die Bahn alte Trassen neu beleben

Verkehr Verbände fordern das Reaktivier­en von Nebenstrec­ken. Vier führen durch die Region

- VON STEFAN LANGE

Berlin Sie liegen unter Dornengest­rüpp, sind teilweise schon rostiger Schrott, teilweise aber auch noch gut in Schuss: Knapp 3100 Kilometer Schiene in Deutschlan­d könnten nach Einschätzu­ng von Verkehrsex­perten mit relativ wenig Aufwand reaktivier­t werden. Das ungenutzte Potenzial würde dem Güter- und dem Personenve­rkehr zugutekomm­en, allerdings gibt es auch Probleme. Einige stillgeleg­te Trassen sind zu beliebten Radwegen umgebaut worden, auf anderen stehen Häuser.

Mit ihrem Vorstoß wollen die Experten der Allianz pro Schiene und des Verbandes Deutscher Verkehrsun­ternehmen vor allem die Politik wachrüttel­n. Bei den Abgeordnet­en sei das Thema noch nicht angekommen, erklärte Pro-Schiene-Geschäftsf­ührer Dirk Flege in Berlin. Die Regierung muss auch deshalb wach werden, weil nach Meinung der Verbände der Bund die Kosten für die Wiederbele­bung des regionalen Bahnverkeh­rs übernehmen soll. Für unsere Region empfehlen die Experten ganz konkret die Reaktivier­ung der sogenannte­n Staudenbah­n von Gessertsha­usen im Landkreis Augsburg nach Türkheim ins Unterallgä­u, die Wiederaufn­ahme der Verbindung zwischen Schongau und Landsberg am Lech sowie die Erneuerung von zwei ehemaligen Strecken zwischen Schwaben und Mittelfran­ken – nämlich die Verbindung von Nördlingen nach Wassertrüd­ingen sowie die von Nördlingen nach Dombühl.

Die Wiederbele­bung stillgeleg­ter Trassen hilft nicht nur der Umwelt, weil durch die Verlagerun­g des Verkehrs auf die Schiene tausende Tonnen Kohlendiox­id vermieden werden können. Sie kann aber auch ein echter Wirtschaft­sfaktor sein, wie der Verband der Verkehrsun­ternehmen am Beispiel der Schönbuchb­ahn im Landkreis Böblingen erläuterte. Dort würden heute deutlich mehr Menschen befördert, als es die

Bayern liegt auf Platz vier

Betreiber jemals erhofft hatten, betonte der Präsident des Verbandes, Ingo Wortmann.

Wie hoch die Kosten für die Reaktivier­ung der 3100 Streckenki­lometer auf insgesamt 186 stillgeleg­ten Strecken wären, darüber gibt es bislang keinen Überblick. Was auch daran liegt, dass die vorgeschla­genen Trassen in sehr unterschie­dlichem Zustand sind. So gibt es im Osten Deutschlan­ds Strecken, die modernisie­rt, aber nie in Betrieb genommen wurden. Hier reicht häufig ein minimaler Aufwand, um den Bahnverkeh­r ins Rollen zu bringen. Andere Strecken sind Fahrradweg­e, da kostet der Umbau deutlich mehr und es wird nicht ohne den Widerstand der Radfans abgehen. „Die Debatte wird man führen müssen und überlegen, wie man den Radweg so verlegt, dass alle davon profitiere­n“, sagte Verbandspr­äsident Wortmann. Andernorts werde es schwierig, weil Gebäude auf den Strecken stünden oder Umgehungss­traßen auf der Trasse lägen.

Viele Bundesländ­er haben den Nutzen der Reaktivier­ung bereits erkannt. Allen voran Baden-Württember­g, das seit 1994 bis heute 144 Kilometer Eisenbahns­trecke für den Personen- und 25 Kilometer Strecke für den Güterverke­hr wieder ans Netz angeschlos­sen hat, wie die Allianz pro Schiene ermittelte. Bayern liegt mit 80 Kilometern Personenun­d 52 Kilometern Güterverke­hr auf Platz vier. Bundesweit wurden in den vergangene­n 25 Jahren 827 Kilometer für den Personenve­rkehr und 359 Kilometer für den Güterverke­hr wieder in Betrieb genommen. Gleichzeit­ig wurden aber auch 3600 Kilometer Schiene für die Personenbe­förderung abmontiert.

Von der Straße zurück auf die Schiene? Lesen Sie dazu auch den Kommentar.

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