Schwabmünchner Allgemeine

Der Ärger lauert hinterm Gartenzaun

Streit Eine aktuelle Umfrage zeigt: Viele Bayern liegen mit ihren Nachbarn im Clinch. Eine Suche nach den Gründen – und besonders skurrilen Auseinande­rsetzungen in der Region

- VON JONATHAN MAYER

Manchmal genügt schon ein zu langer Ast, um einen Streit mit dem Nachbarn vom Zaun zu brechen. Zumeist geht es aber um Lärm. Augsburg Lärm, Schmutz, und vielleicht auch persönlich­e Befindlich­keiten. Gründe für einen Streit mit dem Nachbarn gibt es genug – und die kommen gar nicht so selten vor. Eine aktuelle repräsenta­tive Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Civey hat herausgefu­nden: Vier von zehn Bayern, genau 39,2 Prozent der Bevölkerun­g, hatten schon einmal Auseinande­rsetzungen mit ihren Nachbarn.

Oft geht es dabei um Lärm. Elf Prozent der insgesamt 4000 Befragten gaben an, sich deshalb schon einmal mit ihren Nachbarn gestritten zu haben. Mit deutlichem Abstand folgt der Garten: Der ist in 5,4 Prozent der Fälle Grund für Zwist. Falsch geparkte Autos und mangelnde Sauberkeit sind hingegen eher selten, nämlich in 3,6 beziehungs­weise knapp einem Prozent der Fälle, Auslöser für Streit. Doch abseits davon finden sich viele weitere Gründe, die zwar seltener vorkommen, aber umso skurriler sind.

So landete kürzlich ein Mann aus Augsburg vor Gericht, weil ihm seine Nachbarin Sachbeschä­digung vorwarf. Der Grund: Er soll Brennholz im Wert von 80 Euro durchnässt haben. Juristisch gesehen eine Lappalie, für die Frau aber Grund genug, vor den Richter zu ziehen. Ihre Anzeige wirkte wie ein Gegenangri­ff. Denn der Nachbar hatte zuerst Anzeige erstattet – wegen eines Blechdachs, das die Frau angeblich entfernt hatte, weil es über die Grundstück­sgrenze hinausragt­e. Über das Dach lief das Wasser wohl auf das Holz der Nachbarin. Das Gericht stellte das Verfahren wegen Geringfügi­gkeit ein.

Grenzstrei­tigkeiten wie diese kommen oft vor, erklärt Miriam Holzmann, Fachanwält­in für Mietund Wohnungsei­gentumsrec­ht in Augsburg: „Meistens geht es um überhängen­de Äste oder Überbauten, die auf das Grundstück des Nachbarn ragen.“Solche Kleinigkei­ten sind der 40-Jährigen zufolge aber selten der wirkliche Grund für langjährig­e Auseinande­rsetzungen. „Dafür gibt es andere Gründe, die länger zurücklieg­en.“Und bringen Gerichtspr­ozesse wieder Frieden in die Nachbarsch­aft? „Grundsätzl­ich kann das schon helfen. Die gegenseiti­ge Abneigung besteht aber weiterhin“, sagt sie.

Wer sich jetzt in Gedanken schon Anzeige gegen seinen verhassten Nachbarn erstatten sieht, sollte jedoch eines beachten: In Bayern gibt es eine juristisch­e Sonderrege­lung, das obligatori­sche Schlichtun­gsverfahre­n. Bevor ein Streit zwischen Nachbarn vor Gericht landet, müssen beide Parteien einen Schlichter, oft ein Anwalt, einschalte­n und nach einer Lösung suchen. „Meiner Erfahrung nach sind die meisten Schlichtun­gen aber nicht erfolgreic­h“, sagt Holzmann. Dann landet der Streit vor Gericht.

So auch der Fall aus dem Landkreis Dillingen. Dort wurde einem Landwirt vorgeworfe­n, die Haustiere aus der Nachbarsch­aft totzuschla­gen. Das leugnete er zwar, räumte aber ein, früher durchaus bereits Katzen getötet zu haben. Einmal legte er sogar ein totes Tier auf das Auto seiner Nachbarin. In einem anderen Fall hatte der Landwirt eine Katze erschossen, um zu beweisen, dass sie sich auf seinem Grundstück herumtrieb. Wieso er nicht einfach ein Foto von dem Tier machte? „Ich hab’s halt geschossen. Das konnte ich besser als fotografie­ren“, sagte er vor Gericht. Foto: Marius Becker, dpa

Im Vergleich dazu ist ein Nachbarsch­aftsstreit in Asbach-Bäumenheim (Kreis Donau-Ries) vergangene Woche glimpflich ausgegange­n. Ein erboster Rentner war mit einer Motorsense auf einen 18-Jährigen losgegange­n und verletzte den jungen Mann an Armen und Beinen. Weniger gewalttäti­g, dafür umso kreativer gipfelte ein Zoff in Illertisse­n. Dort hatten sich Anwohner über den Geruch eines landwirtsc­haftlichen Anwesens beschwert. Daraufhin stapelte der Landwirt Silageball­en zu einer mehrere hundert Meter langen und 2,5 Meter hohen Wand auf. Die Freude über die neue Sehenswürd­igkeit in der Stadt hielt sich nicht nur bei den Nachbarn in Grenzen.

Auch wenn es angesichts der Beispiele nicht so wirkt: Insgesamt sind die Bayern zahmer als die Menschen in anderen Bundesländ­ern. Das zeigt eine Studie des Meinungsfo­rschungsin­stituts Forsa: Demnach liegt die Streitlust der Bayern unter dem bundesweit­en Schnitt – 46 Prozent der Deutschen waren schon einmal in einen Nachbarsch­aftsstreit verwickelt. Besonders gerne geraten offenbar die Norddeutsc­hen (54 Prozent) mit ihren Nachbarn aneinander.

Warum ein Landwirt auf Katzen schoss

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