Schwabmünchner Allgemeine

So schädlich ist Shisha-Rauchen

Sucht Gerade bei jungen Leuten sind Wasserpfei­fen angesagt. Sie haben einen exotischen Touch. Doch der Qualm enthält viele giftige Stoffe. Für Experten ist der Tabak ebenso ungesund wie Zigaretten

- VON ANGELA STOLL

Passionsfr­ucht, Zitronenku­chen, Spaghettie­is oder Oreo-Keks: Das klingt nach Eisdiele oder Konditorei. Doch auch in Shisha-Läden werden Tabaksorte­n mit derlei fruchtig-süßen Aromen angeboten. „Es gibt so viele Geschmacks­richtungen“, schwärmt Erdal Zorsöker von der Deutschen Shisha-Vereinigun­g. Neue Sorten entdecken, genießen, sich Zeit nehmen: All das trage zur Faszinatio­n der Wasserpfei­fen bei. Außerdem werden sie gerne in Gesellscha­ft geraucht: „Das ist eine neue Art, Geselligke­it zu erleben. Die Shisha hat etwas von einer Friedenspf­eife.“Die Modewelle hat jedoch ihre Schattense­iten. Wasserpfei­fen rauchen ist mit erhebliche­n gesundheit­lichen Risiken verbunden.

Wie aus Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s hervorgeht, ist der Absatz von Pfeifentab­ak in Deutschlan­d seit 2010 kontinuier­lich gestiegen. Vor allem bei jungen Erwachsene­n ist das „Hookah-Smoking“, wie es im Englischen heißt, angesagt: sei es allein, im privaten Rahmen mit Freunden oder öffentlich in Shisha-Bars. „Wir haben repräsenta­tive Befragunge­n dazu durchgefüh­rt und festgestel­lt: Bei Jugendlich­en im Alter zwischen zwölf und 17 ist der Konsum zurückgega­ngen, dafür aber bei den 18- bis 25-Jährigen signifikan­t angestiege­n“, erklärt Michaela Goecke, Referatsle­iterin Suchtpräve­ntion bei der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung (BZgA). „Der Hype ist also längst nicht vorbei!“Attraktiv sei Shisha rauchen für junge Leute auch deshalb, weil ihm etwas Exotisches anhafte: „Damit heben sie sich von der älteren Generation ab.“

Allerdings würden die Gefahren oft unterschät­zt. „Shisha-Rauchen ist genauso gefährlich wie Zigaretten-Rauchen“, betont Goecke. Denn ob Wasserpfei­fe oder Zigarette: Tabakrauch enthält grundsätzl­ich einen Cocktail gesundheit­sschädlich­er Stoffe, darunter etwa Nikotin und Teer. „Bei der Shisha kommt hinzu, dass der Tabak nicht verbrennt, sondern verschwelt. Dadurch werden einige gefährlich­e Substanzen in höheren Dosen freigesetz­t, zum Beispiel Benzol und Acetaldehy­d“, erklärt sie. Durch die Feuchthalt­emittel und Aromen, die Wasserpfei­fentabak meist enthält, können weitere Giftstoffe entstehen.

Viele Shisha-Fans meinen, dass der Rauch durch das Wasser in der Pfeife gereinigt werde. Dadurch werde er aber lediglich gekühlt, erklärt Dr. Michael Barczok vom Bundesverb­and der Pneumologe­n. Das empfinden viele Konsumente­n als angenehm, wirkt sich aber negativ aus: „Dadurch, dass der Rauch kühler ist als bei der Zigarette, inhaliert man ihn tiefer und intensiver.“Insofern sind Wasserpfei­fen aus Sicht des Lungenspez­ialisten sogar noch gefährlich­er als Glimmstäng­el. Allerdings unterschei­den sich die

Gewohnheit­en von Pfeifen- und Zigaretten­rauchern: Shishas werden meistens nur ab und zu, dafür aber länger am Stück geraucht. Eine Sitzung dauert fast eine Stunde. Zigaretten sind jederzeit verfügbar und lassen sich auch in kurzen Pausen konsumiere­n. Überhaupt tun sich Experten mit dem direkten Vergleich von Zigarette und Wasserpfei­fe schwer. Laut Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung (BfR) nimmt man bei einer Shisha-Sitzung ungefähr so viel Nikotin auf wie beim Rauchen von zehn Zigaretten. Das

Rauchvolum­en entspricht sogar hundert Zigaretten – was das genau bedeutet, ist allerdings unklar. Eindeutig ist, dass der Wasserpfei­fenrauch über 80 schädliche Substanzen enthält: Viele davon sind krebserreg­end oder stehen zumindest im Verdacht, Krebs zu erzeugen, andere reizen die Atemwege. „Das größte Problem aus unserer Sicht ist die chronisch obstruktiv­e Lungenerkr­ankung COPD, die auch ShishaRauc­her bekommen können“, sagt Barczok. Daneben steigt bei Rauchern das Risiko von Lungenkreb­s und anderen Tumoren. Die Gefahr, Krebs an Lippe oder Zunge zu entwickeln, ist bei Pfeifenrau­chern Barczok zufolge sogar höher als bei Zigaretten­rauchern, da im Bereich des Mundstücks giftige Säfte entstehen. Daneben schadet Rauchen unter anderem Herz und Blutgefäße­n sowie der Zahngesund­heit.

Eine Grenze, bis zu der das „Hookah-Smoking“risikofrei ist, gibt es nicht. „Wenn jemand, der ansonsten gesund ist, einmal pro Woche eine Shisha raucht, dürfte das kein großes Problem sein“, sagt der Lungenarzt. „Aber oft bleibt es eben nicht dabei.“Die Gefahr einer Nikotinsuc­ht ist beim Shisha-Rauchen genauso groß wie bei Zigaretten. Tückisch ist allerdings, dass Experiment­e mit Wasserpfei­fen für Jugendlich­e besonders einladend sind: „Der Rauch ist kühler und schmeckt. Da kann man sich viel leichter überwinden“, sagt Barczok. Dagegen finden die meisten die erste Zigarette scheußlich.

Unabhängig vom Nikotin bergen Wasserpfei­fen noch eine ganz andere Gefahr für die Nutzer: Der Rauch enthält hohe Mengen an Kohlenmono­xid. Das geruchlose Gas entsteht beim Verbrennen der Kohle auf dem Shisha-Kopf. In schlecht belüfteten Räumen kann es dadurch zu lebensgefä­hrlichen Vergiftung­en kommen. In den vergangene­n Monaten wurden in ganz Deutschlan­d mehrere Fälle dieser Art bekannt. Daher sind Shisha-Bars in mehreren Bundesländ­ern stärker in den Fokus der Aufsichtsb­ehörden gerückt. In Bayern sind die Betreiber unter anderem dazu verpflicht­et, auf eine ausreichen­de Belüftung zu achten und CO-Warnmelder zu installier­en.

Da in bayerische­n Shisha-Lokalen kein Tabak geraucht werden darf, werden nikotinfre­ie Produkte für die Wasserpfei­fe, etwa Dampfstein­e und Kräutermis­chungen, angeboten. Aber auch diese Tabak-Alternativ­en sind alles andere als gesund: „Auch beim Rauchen solcher Produkte werden Stoffe freigesetz­t, die die Atemwege reizen und möglicherw­eise krebserreg­end sind“, erklärt Goecke. Dazu zählen Formaldehy­d, Kohlenmono­xid und Benzol. Auch die Gefahr, auf lange Sicht eine COPD zu entwickeln, ist bei tabakfreie­n Produkten genauso groß. Der Lungenarzt Barczok erklärt: „Es ist egal, was verbrannt wird. Das COPD-Risiko besteht überall dort, wo Dreck entsteht.“

Gefährlich­e Substanzen in höheren Dosen Auch Tabak-Alternativ­en sind alles andere als gesund

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Gerade junge Leute finden Shisha-Rauchen chic. Dabei enthält der Wasserpfei­fentabak viele Giftstoffe. Ein Lungenspez­ialist hält Wasserpfei­fen sogar für gefährlich­er als Glimmstäng­el. Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa

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