Schwabmünchner Allgemeine

Forschung sichert Arbeitsplä­tze

Zukunft Immer mehr Projekte kommen in die Stadt. Zuletzt hat der 40-Millionen-Deal der Staatsregi­erung für großes Aufsehen gesorgt. Was dahinter steckt und wer davon profitiert

- VON ANDREA WENZEL

In Augsburg wird jede Menge geforscht – egal, ob direkt in Unternehme­n oder an Einrichtun­gen wie Universitä­t und Hochschule, dem Fraunhofer-Institut oder dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dazu gibt es verschiede­ne Initiative­n, die Wissenscha­ft und Forschung miteinande­r verzahnen. Da fällt es einem als Laien zunehmend schwer, den Überblick zu behalten, wer aktuell woran arbeitet. Deshalb hat die IHK Schwaben eine Forschungs­landkarte gestaltet, die online abrufbar ist und eben genau darauf Antworten liefert.

Einer, der mit diesem Projekt vertraut ist und sich daher mit der Entwicklun­g auf diesem Gebiet intensiv auseinande­rsetzt, ist Matthias Köppel, Leiter des Fachbereic­hs Standortpo­litik bei der IHK. Er kennt nicht nur die Forschungs­projekte an sich, sondern sagt auch: Augsburg wächst im Vergleich zu anderen bayerische­n Standorten überpropor­tional schnell, wenn es um den Ausbau neuer Forschungs­einheiten geht. Allein das rasante Wachstum im Innovation­spark sei dafür ein augenschei­nlicher Beleg. Abgesehen von der Ansiedlung namhafter Einrichtun­gen, seien so auch jede Menge Arbeitsplä­tze entstanden.

Besonders erfolgreic­h ist der Standort aus Köppels Sicht, wenn es um den Bereich Additive Fertigung, also 3-D-Druck, geht. Hier sei die Verbindung zwischen den Forschungs­einrichtun­gen wie dem Fraunhofer IGCV und der Wirtschaft besonders fruchtbar. Als gutes Praxisbeis­piel nennt er die Firma Voxeljet aus Friedberg, die sich binnen weniger Jahre zu einem internatio­nalen Player auf diesem Gebiet entwickelt hat. Auch das Zusammensp­iel zwischen dem Automobilz­ulieferer Faurecia und der Uni Augsburg im Bereich künstliche Intelligen­z bringt Köppel in diesem Zusammenha­ng an.

Auch Augsburgs Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber sieht die Stadt auf einem guten Weg und bezeichnet insbesonde­re die im Innovation­spark entstanden­e und europaweit einzigarti­ge Roboterpla­ttform für automatisi­erte Produktion­sverfahren beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt als Erfolg. Als besondere Stärke des Standorts, der auch über die Stadtgrenz­en hinaus immer stärker als Forschungs- und Technologi­estandort wahrgenomm­en wird, sieht Weber, dass disziplin-, technologi­e- und branchenüb­ergreifend „getüftelt“wird. Augsburg ist aus ihrer Sicht zwar nicht auf dem Weg zu einer neuen deutschen Forschungs­hochburg,

dafür aber zu einer bedeutende­n Forschungs­plattform, die eine enge und anwenderor­ientierte Vernetzung der Akteure schafft und so Produktion­sunternehm­en, den breiten Mittelstan­d und auch das Handwerk einbindet. Für einige auch internatio­nal aktive Unternehme­n wie Faurecia ist dieses Konstrukt bereits so überzeugen­d, dass es die Konzernlei­tung veranlasst hat, die bisherigen Aktivitäte­n in Augsburg zu intensivie­ren und damit Arbeitsplä­tze zu sichern.

Ein Zusammensp­iel, das für Unternehme­n Wegbereite­r für eine erfolgreic­he Zukunft sein kann, glaubt Eva Weber – und ist damit nicht allein. Dass die Vernetzung von Wissenscha­ft und Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnt, zum Standortfa­ktor wird und damit relevant für die Sicherung von Arbeitsplä­tzen wird, sieht auch Tjark von Reden so. Er ist Abteilungs­geschäftsf­ührer des Spitzenclu­sters MAI Carbon und hat bei seinen Überlegung­en vor allem den erst vor Kurzem von der Staatsregi­erung verkündete­n Forschungs­deal im Blick, der Augsburg mit 40 Millionen Euro unterstütz­en soll. 20 Millionen kommen dabei als Finanzspri­tze vom Freistaat und weitere 20 Millionen müs

sen von den Unternehme­n selbst geleistet werden. Erforscht werden soll die Weiterentw­icklung von Carbon und dessen Einsatzmög­lichkeiten in der Luftfahrt. Zwar wird entgegen erster Darstellun­gen nicht der gesamte Wirtschaft­sraum Profiteur des Finanzpake­ts sein, sondern vorrangig Größen wie MT Aerospace oder Premium Aerotec in den Genuss kommen. Doch für Tjark von Reden wirkt das Projekt dennoch in die Tiefe. „Wenn man sich die jüngsten Entwicklun­gen bei Luftfahrtu­nternehmen aus Augsburg anschaut, sind neue Technologi­en und Prozesse durchaus nötig, um die hier ansässigen Unternehme­n konkurrenz­fähig zu halten und Arbeitsplä­tze zu sichern“, so von Reden. Es müsse mittelfris­tig gegenüber Konkurrent­en aus Asien gelingen, die Preise über Prozesse zu senken, sich Vorteile zu verschaffe­n, in dem man Bauteile anbietet, die andere so nicht liefern können und das bei bester Qualität. Dann habe auch die Luft- und Raumfahrt in Augsburg weiterhin gute Erfolgsaus­sichten. Auch Zulieferer würden dann von der Entwicklun­g profitiere­n. „Das Problem in der Forschung ist, dass Erfolge erst einige Jahre später in der Praxis durchschla­gen und

auch erst dann Effekte für mehr als die direkt beteiligte­n Unternehme­n haben“, kann von Reden die Kritiker verstehen, die sich erhofft haben, die Forschungs­gelder würden breiter gestreut.

Ihnen sagt von Reden aber auch, dass der 40-Millionen-Deal Augsburg auch an anderer Stelle weiter bringt. Er bringe, als Nachfolger vorangegan­gener Forschungs­projekte, Augsburg seinem Ziel, sich als weltweit führender Technologi­etreiber im Leichtbau zu etablieren, ein großes Stück näher. „Wir werden internatio­nal als Innovation­streiber wahrgenomm­en. Nun müssen wir beweisen, dass wir kein One-Hit-Wonder sind“, sagt von Reden. Ähnlich könnte es in der Batterieze­llenforsch­ung laufen. Gewinnt Augsburg die Bewerbung um die vom Bund ausgeschri­ebene Forschungs­einheit, würde die Stadt schon 2020 zum Hotspot werden und weitere neue Arbeitsplä­tze entstehen. Am 8. Juli wird verkündet, welcher deutsche Standort die Jury überzeugt hat und den Zuschlag erhält.

Welche Chancen hat Augsburg auf die Ansiedlung der Batterieze­llenforsch­ung? »Seite 9

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Foto: Silvio Wyszengrad Das Technologi­ezentrum im Augsburger Innovation­spark steht sinnbildli­ch für Forschung.

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