Forschung sichert Arbeitsplätze
Zukunft Immer mehr Projekte kommen in die Stadt. Zuletzt hat der 40-Millionen-Deal der Staatsregierung für großes Aufsehen gesorgt. Was dahinter steckt und wer davon profitiert
In Augsburg wird jede Menge geforscht – egal, ob direkt in Unternehmen oder an Einrichtungen wie Universität und Hochschule, dem Fraunhofer-Institut oder dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dazu gibt es verschiedene Initiativen, die Wissenschaft und Forschung miteinander verzahnen. Da fällt es einem als Laien zunehmend schwer, den Überblick zu behalten, wer aktuell woran arbeitet. Deshalb hat die IHK Schwaben eine Forschungslandkarte gestaltet, die online abrufbar ist und eben genau darauf Antworten liefert.
Einer, der mit diesem Projekt vertraut ist und sich daher mit der Entwicklung auf diesem Gebiet intensiv auseinandersetzt, ist Matthias Köppel, Leiter des Fachbereichs Standortpolitik bei der IHK. Er kennt nicht nur die Forschungsprojekte an sich, sondern sagt auch: Augsburg wächst im Vergleich zu anderen bayerischen Standorten überproportional schnell, wenn es um den Ausbau neuer Forschungseinheiten geht. Allein das rasante Wachstum im Innovationspark sei dafür ein augenscheinlicher Beleg. Abgesehen von der Ansiedlung namhafter Einrichtungen, seien so auch jede Menge Arbeitsplätze entstanden.
Besonders erfolgreich ist der Standort aus Köppels Sicht, wenn es um den Bereich Additive Fertigung, also 3-D-Druck, geht. Hier sei die Verbindung zwischen den Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer IGCV und der Wirtschaft besonders fruchtbar. Als gutes Praxisbeispiel nennt er die Firma Voxeljet aus Friedberg, die sich binnen weniger Jahre zu einem internationalen Player auf diesem Gebiet entwickelt hat. Auch das Zusammenspiel zwischen dem Automobilzulieferer Faurecia und der Uni Augsburg im Bereich künstliche Intelligenz bringt Köppel in diesem Zusammenhang an.
Auch Augsburgs Wirtschaftsreferentin Eva Weber sieht die Stadt auf einem guten Weg und bezeichnet insbesondere die im Innovationspark entstandene und europaweit einzigartige Roboterplattform für automatisierte Produktionsverfahren beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt als Erfolg. Als besondere Stärke des Standorts, der auch über die Stadtgrenzen hinaus immer stärker als Forschungs- und Technologiestandort wahrgenommen wird, sieht Weber, dass disziplin-, technologie- und branchenübergreifend „getüftelt“wird. Augsburg ist aus ihrer Sicht zwar nicht auf dem Weg zu einer neuen deutschen Forschungshochburg,
dafür aber zu einer bedeutenden Forschungsplattform, die eine enge und anwenderorientierte Vernetzung der Akteure schafft und so Produktionsunternehmen, den breiten Mittelstand und auch das Handwerk einbindet. Für einige auch international aktive Unternehmen wie Faurecia ist dieses Konstrukt bereits so überzeugend, dass es die Konzernleitung veranlasst hat, die bisherigen Aktivitäten in Augsburg zu intensivieren und damit Arbeitsplätze zu sichern.
Ein Zusammenspiel, das für Unternehmen Wegbereiter für eine erfolgreiche Zukunft sein kann, glaubt Eva Weber – und ist damit nicht allein. Dass die Vernetzung von Wissenschaft und Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnt, zum Standortfaktor wird und damit relevant für die Sicherung von Arbeitsplätzen wird, sieht auch Tjark von Reden so. Er ist Abteilungsgeschäftsführer des Spitzenclusters MAI Carbon und hat bei seinen Überlegungen vor allem den erst vor Kurzem von der Staatsregierung verkündeten Forschungsdeal im Blick, der Augsburg mit 40 Millionen Euro unterstützen soll. 20 Millionen kommen dabei als Finanzspritze vom Freistaat und weitere 20 Millionen müs
sen von den Unternehmen selbst geleistet werden. Erforscht werden soll die Weiterentwicklung von Carbon und dessen Einsatzmöglichkeiten in der Luftfahrt. Zwar wird entgegen erster Darstellungen nicht der gesamte Wirtschaftsraum Profiteur des Finanzpakets sein, sondern vorrangig Größen wie MT Aerospace oder Premium Aerotec in den Genuss kommen. Doch für Tjark von Reden wirkt das Projekt dennoch in die Tiefe. „Wenn man sich die jüngsten Entwicklungen bei Luftfahrtunternehmen aus Augsburg anschaut, sind neue Technologien und Prozesse durchaus nötig, um die hier ansässigen Unternehmen konkurrenzfähig zu halten und Arbeitsplätze zu sichern“, so von Reden. Es müsse mittelfristig gegenüber Konkurrenten aus Asien gelingen, die Preise über Prozesse zu senken, sich Vorteile zu verschaffen, in dem man Bauteile anbietet, die andere so nicht liefern können und das bei bester Qualität. Dann habe auch die Luft- und Raumfahrt in Augsburg weiterhin gute Erfolgsaussichten. Auch Zulieferer würden dann von der Entwicklung profitieren. „Das Problem in der Forschung ist, dass Erfolge erst einige Jahre später in der Praxis durchschlagen und
auch erst dann Effekte für mehr als die direkt beteiligten Unternehmen haben“, kann von Reden die Kritiker verstehen, die sich erhofft haben, die Forschungsgelder würden breiter gestreut.
Ihnen sagt von Reden aber auch, dass der 40-Millionen-Deal Augsburg auch an anderer Stelle weiter bringt. Er bringe, als Nachfolger vorangegangener Forschungsprojekte, Augsburg seinem Ziel, sich als weltweit führender Technologietreiber im Leichtbau zu etablieren, ein großes Stück näher. „Wir werden international als Innovationstreiber wahrgenommen. Nun müssen wir beweisen, dass wir kein One-Hit-Wonder sind“, sagt von Reden. Ähnlich könnte es in der Batteriezellenforschung laufen. Gewinnt Augsburg die Bewerbung um die vom Bund ausgeschriebene Forschungseinheit, würde die Stadt schon 2020 zum Hotspot werden und weitere neue Arbeitsplätze entstehen. Am 8. Juli wird verkündet, welcher deutsche Standort die Jury überzeugt hat und den Zuschlag erhält.
Welche Chancen hat Augsburg auf die Ansiedlung der Batteriezellenforschung? »Seite 9