Bleibt Carbon der Werkstoff der Zukunft?
Tjark von Reden erklärt, warum Forschung wichtig ist
Herr von Reden, Sie sind Abteilungsgeschäftsführer des Spitzenclusters MAI Carbon aus Augsburg und beschäftigen sich daher mit dem Werkstoff Carbon. Irgendwie scheint der Hype darum vorbei. Warum?
Tjark von Reden: Tatsächlich war Carbon vor zwei drei Jahren nahezu in aller Munde und hat für viele Schlagzeilen gesorgt. Vor allem in Verbindung mit der Automobilindustrie. Hier hat vor allem BMW mit dem i3 und dem i8 den Werkstoff als Element der Zukunft gesehen, der es ermöglicht, Fahrzeuge sicherer, leichter und damit spritsparender zu bauen. Mittlerweile ist der Hype darum tatsächlich deutlich abgeflacht. Das hat auch damit zu tun, dass die Automobilbranche ihren Fokus neu gesetzt hat. Er liegt jetzt auf dem autonomen Fahren.
Wurde der Fokus vielleicht auch verlagert, weil Carbon keine so wesentliche Rolle mehr spielt, wie einst angenommen? von Reden: Es ist tatsächlich so, dass die Euphorie den Werkstoff betreffend abgenommen hat. Die damaligen Erwartungen, in fünf Jahren ist vieles aus Carbon, sind so nicht eingetreten. Dennoch ist der Werkstoff nicht tot. Auch nicht in der Autoindustrie. Hier wird er wieder verstärkt in den Blick rücken, wenn es darum geht, die mit schweren Batterien betriebene Autos leichter zu bekommen. Auch in der Luft- und Raumfahrt ist Carbon als Werkstoff gesetzt. Ebenso wie in der Sportartikelindustrie. Denken Sie an Tennisschläger, Fahrräder, Angelruten oder Boote. Dazu kommen neue Branchen wie der Bau, die sich mit Carbon als Ersatz für beispielsweise Stahl befassen und erste gute Anwendungsbeispiele liefern.
Sie sehen Carbon demnach weiterhin als Werkstoff der Zukunft? von Reden: Was wir hier erleben ist keine Revolution, sondern eine Evolution. Also die schrittweise Einführung von Carbon, um zu einem Multimaterialleichtbau zu kommen. Das wird sich auch durchsetzen. Denn dank unserer Forschung ist es bereits gelungen, die Produktionskosten für Carbon um bis zu 70 Prozent zu senken und damit konkurrenzfähig zu Alu oder Stahl zu werden. Auch der Verschnitt liegt um 30 Prozent geringer als bisher. Also ja.