Wann ist eine Kindheit glücklich?
Alltagstipps Doris Zahn, Sozialpädagogin der St. Gregor Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, erklärt: „Die Mischung aus Herausforderung und Leichtigkeit macht’s“
Landkreis Augsburg Mama Maike liest ihren zwei Kindern jeden Wunsch von den Augen ab. Kai, 4, möchte heute Fußball spielen, morgen in den Boulder-Club und am dritten Tag verwehrt er sich jeglicher Form von Freizeitaktivität. Dann ist Fußball blöd und Bouldern ebenso. Seine Schwester Marlene, 7, braucht jede Woche ein neues Kleidungsstück und entscheidet selbst, was sie isst, wann sie isst und diktiert sogar in weiten Teilen die Ernährung ihrer Familie mit. Und Mama Maike? Sie möchte ihren Kindern eine „glückliche Kindheit“ermöglichen. Doch wann ist eine Kindheit eigentlich glücklich?
Geleitet von dieser Frage gibt es im Bildungsprogramm der St. Gregor Kinder-, Jugend- und Familienhilfe einen Vortrag mit eben dieser Fragestellung. Doris Zahn und Birgit Sölch sind der Frage auf den Grund gegangen. Die Sozialpädagoginnen haben in ihrem Erfahrungsschatz gekramt und Fachliteratur gewälzt und können so die Frage beantworten, was Kinder für eine gesunde Entwicklung brauchen: „Ein ausgewogenes Verhältnis aus Herausforderung und Leichtigkeit.“In der Praxis scheint jedoch immer der Part der Leichtigkeit ein leichtes Übergewicht zu haben.
Dabei sieht die reale Welt fernab vom Schutzraum, den Eltern gerne eröffnen, anders aus. „Die Stolpersteine des Lebens werden kommen“, erklärt Doris Zahn und rät: „Eltern sollten sich fragen, welche Fähigkeiten sie ihren Kindern mitgeben müssen, um diese zu bezwingen.“Unterschieden werden muss in diesem Prozess in Bedürfnisse und Wünsche. Das Bedürfnis nach Liebe, Nähe und Vertrauen dürfen Eltern nicht unbefriedigt lassen. Dem Nachwuchs eine glückliche Kindheit zu ermöglichen, ist für die Eltern oft ein Drahtseilakt.
Den Wunsch nach Gummibärchen hingegen schon.
Auch Marlene, die sich permanent neue Prinzessinnen-Outfits wünscht, hätte sicherlich an einem „Nein“von Mama Maike zu knabbern. Das sollte aber für Mama Maike kein Grund sein, jedem Wunsch nachzugeben, sondern vielmehr eine Aufforderung darstellen, ihrer Tochter Fähigkeiten zu vermitteln, wie sie mit ihren Wünschen umgehen kann, wie sie mit ihrem Verhalten wirkt und vor allem, wie sie mit Frust umgehen kann, wenn beispielsweise ein Wunsch unerfüllt bleibt. „Eltern sollten verstehen, dass Herausforderungen etwas
Schönes sind“, wünscht sich Doris Zahn. Sie sind weder unangenehm noch furchtbar schrecklich, sondern dienen langfristig auch dazu, die Angst der Eltern zu mindern, dass sich ihre Kinder später einmal in der Welt zurechtfinden.
Auf die häufig gestellte Frage, was denn nun der beste Weg sei, um mit den Stolpersteinen des Lebens umzugehen, antwortet die Sozialpädagogin mit diesem Tipp: Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, hat kaum einen nachhaltigen Effekt. Die Kinder dabei zu unterstützen, den Stolperstein als Herausforderung zu begreifen und eben diese Herausforderung zu meistern, tut
nicht nur dem Selbstwertgefühl des Kindes gut, sondern zeigt auch auf, an welchen Stellen Eltern noch nacharbeiten sollten, um ihre Kinder mit den Kompetenzen auszustatten, damit sie im Alltag auch bestehen können.
OSymbolfoto: Marcus Merk
Termin Um die Frage „Wann ist eine Kindheit glücklich?“geht es im Vortrag von Doris Zahn von der St. Gregor Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Die Veranstaltung findet am Mittwoch, 26. Juni, von 9 bis 10.30 Uhr im Familienzentrum Meitingen (Donauwörther Straße 9 c, Meitingen) statt. Eine telefonische Anmeldung unter 08271/813340 ist erforderlich.