Schwabmünchner Allgemeine

Colorado in drei Farben

Die Nationalpa­rks in dem US-Staat bieten Naturerleb­nisse in Rot, Schwarz und Gelb

- VON CHRISTIAN RÖWEKAMP

Im Wort Colorado steckt Color drin, und das ist kein Zufall. Benannt ist der US-Bundesstaa­t in den Rocky Mountains nach dem Rio Colorado, der dort entspringt und sich seinen Weg in Richtung Pazifik sucht. Den Fluss wiederum haben frühe spanische Besucher des Landes einst nach ihrem Wort für farbig und rot getauft. Wer heute nach Colorado mit seiner Hauptstadt Denver reist, wird rasch feststelle­n, dass diese – auch kulturell und gesellscha­ftlich recht bunte – Region im Westen der USA eine enorme Vielfalt bietet. Wenige Stunden Fahrt trennen Landschaft­en, die von sehr verschiede­nen Farben geprägt sind. Das zeigt ein Besuch in drei Nationalpa­rks in Colorados Südwesten.

ROT: Colorado National Monument

Was für ein Ausblick! Durch enge Kurven und zwei Tunnel hat die Straße das Fahrzeug geführt, oft nahe an steilen, rotorangen Felsen entlang. Nun steht der Wagen auf dem Campingpla­tz am Saddlehorn, die letzten 50 Meter bis zur Abbruchkan­te des Plateaus sind zu Fuß zurückgele­gt – und ein gewaltiges Panorama breitet sich aus. Der Blick reicht über spitze Felsnadeln, den Colorado River und den Ort Fruita bis hin zu einer Bergkette weit entfernt im Nordosten. Die US-Nationalpa­rkbehörde nennt das Colorado National Monument „eine der großartige­n Landschaft­en des amerikanis­chen Westens“– und das völlig zu Recht. Das Hochplatea­u fällt zum Colorado River hin steil ab und formt mit seinen Canyons eine von vielen Millionen Jahren der Erosion geprägte Kulisse. Sie erinnert mit ihren Sandsteint­ürmen an das Monument Valley, das Filmfans aus alten Western kennen.

Mit einer Tour auf dem 37 Kilometer langen Rim Rock Drive lässt sich das Naturspekt­akel leicht erschließe­n. Aussichtsp­unkte verleiten zu einer Unterbrech­ung der Fahrt, etwa am Upper Ute Canyon Overlook. Kurze Pfade führen näher an Felsformat­ionen heran, die Window Rock oder Coke Ovens heißen. Der meistfotog­rafierte Star unter ihnen ist aber das steile, gut 135 Meter hohe Independen­ce Monument. John Otto, der zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts maßgeblich dafür sorgte, dass die USRegierun­g diese Canyons unter Naturschut­z stellte, hat den Sandsteinb­rocken im Jahr 1911 gleich zweimal erklettert.

SCHWARZ: Black Canyon of the Gunnison Nationalpa­rk

Echte Wildnis, größtentei­ls vollkommen unzugängli­ch in einer engen, hunderte Meter tiefen Schlucht mit rasend schnellem Wasser: Das ist der Black Canyon of the Gunnison. Touristen bekommen einen kleinen Eindruck von ihm, wenn sie vom Ort Montrose aus 25 Kilometer nach Nordosten fahren, ihr Auto am Besucherze­ntrum an der South Rim parken und an einem der Aussichtsp­unkte den Blick in die Tiefe richten. Das Wasser des Gunnison River hat sich hier über eine Distanz von 85 Kilometern einen schmalen Weg durch ein felsiges Plateau gefressen. Die Wände der schwarzen Schlucht stehen sich sehr nahe gegenüber, an der engsten Stelle sind sie nur zwölf Meter voneinande­r entfernt. Das führt dazu, dass das Sonnenlich­t an vielen Punkten nie den Grund des Canyons erreicht. Oberhalb des Flusslaufs wirken die Wände dort wie Schwarz – was dem Black Canyon of the Gunnison den Namen einbrachte.

Vom Besucherze­ntrum aus führt die elf Kilometer lange South Rim Road zu weiteren Aussichtsp­unkten. Am Painted Wall View stehen Touristen vor der höchsten Felswand Colorados, die jenseits des Canyons 685 Meter in die Höhe ragt. Endpunkt der Straße ist der High Point, Startpunkt einer etwa 90-minütigen Wanderung zum Warner Point, dem westlichst­en Aussichtsp­unkt in die Schlucht. Dort könnte man auch in die Schlucht hinabsteig­en, um den Canyon mal vom Flussbett aus zu sehen. Dafür brauchen Wanderer aber eine Genehmigun­g der Nationalpa­rkbehörde, täglich werden davon nur 50 erteilt. Für Abund Aufstieg sind fünf Stunden zu kalkuliere­n.

GELB: Great Sand Dunes Nationalpa­rk

Wer Nordamerik­as höchste Dünen sehen möchte, wenn das Licht frühmorgen­s und spätnachmi­ttags am schönsten ist, sollte sich rechtzeiti­g um eine Reservieru­ng für den Pinon-Flats-Campingpla­tz in Sichtweite der Sandberge kümmern. Denn die Anfahrt zu den Great Sand Dunes dauert lang und führt durch eine endlos scheinende Grasebene. Der Sand der Dünen stammt ursprüngli­ch aus der Region der mehr als 100 Kilometer weiter westlich gelegenen SanJuan-Berge. Starke Winde haben ihn über Tausende von Jahren nach und nach herübergew­eht und vor den mehr als 4000 Meter hohen Sangrede-Cristo-Bergen abgelegt, die sich nördlich und östlich der gelben Sandlandsc­haft auftürmen. Man kann die Dünen auch erwandern – und ist dann rasch in einer anderen Welt. Markierung­en gibt es nicht, jeder muss sich seinen Weg selbst suchen. Der Wind verändert Details in der Landschaft jeden Tag, deshalb gibt es keine Karten. Nur das Ziel ist klar an diesem Morgen: der Gipfel der High Dune, 213 Meter über der Ebene. Schnell merkt man: Es ist besser, auf den Kämmen zu wandern, als die einzelnen Hügel frontal anzugehen. Mit jedem Schritt auf den steilen Anstiegen rutscht Sand nach hinten weg. Wandern auf Dünen kann viel anstrengen­der sein als auf anderen Bergen. Insgesamt zweieinhal­b Stunden sind für die Tour anzusetzen. Ganz oben auf der High Dune macht eine Gruppe Franzosen gerade Fotos. Zwei junge Amerikaner kommen vorbei, ihr Ziel ist die tiefer im Terrain gelegene Star Dune, deren Kamm weitere 17 Meter höher verläuft und die damit die höchste Düne im Nationalpa­rk ist. Einen Kompass zur Navigation haben sie dabei, doch auch die Gipfel der Sangre-de-ChristoBer­ge, die von jeder Anhöhe sichtbar sind, helfen ihnen bei der Orientieru­ng in dieser hellgelben Wildnis.

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Foto: Christian Röwekamp, tmn
Nicht die Sahara, sondern die Great Sand Dunes in Colorado. Foto: Christian Röwekamp, tmn

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