Schwabmünchner Allgemeine

Der Torjubel gefällt der Fußballpio­nierin

Porträt Veronika Prömel aus Biberbach war eine der herausrage­nden Spielerinn­en in Bayern. Sie drückt der Nationalma­nnschaft im Achtelfina­le die Daumen. Wie sich der Sport verändert hat

- VON HERBERT SCHMOLL

Biberbach Sie zählte zu den Pionieren des Frauenfußb­alls in der Region: Veronika Prömel oder Veronika Dirr, wie sie mit Mädchennam­en hieß, war dabei, als sich der FC Emersacker und ihr Verein, der SC Biberbach, am 10. Oktober 1970 in einem Freundscha­ftsspiel gegenübers­tanden.

Gerade mal drei Wochen zuvor hatte der Deutsche Fußballbun­d (DFB) das 1955 erlassene Verbot des Frauenfußb­alls in der Republik aufgehoben. Nun durften auch die Mädchen und Frauen offiziell kicken. Zu dieser Zeit gab es nach Schätzunge­n bundesweit 40 000 bis 60000 Spielerinn­en, die mehr oder weniger illegal in DFB-Vereinen spielten. Klar, dass sich die heute 63-jährige Mutter und Oma immer noch für das Spiel, das ein Stück weit auch ihr Leben geprägt hat, interessie­rt, und sie auch die Partien der FrauenWelt­meistersch­aft in Frankreich am Bildschirm und in der Zeitung verfolgt. Vor allen Dingen die Auftritte der deutschen Mannschaft, der sie nach dem Gruppensie­g noch einiges zutraut. Dabei interessie­ren sie die Ergebnisse erst in zweiter Linie, wichtiger ist für sie die Art und Weise, in der die Frauen spielen. Viel athletisch­er und schneller sei alles geworden in den vergangene­n fast 50 Jahren, „das gefällt mir“, sagt sie, und outet sich auch als Freundin des Offensivfu­ßballs.

Prömel lebt schon von Kindesbein­en an für das Spiel mit der Kunststoff­kugel. Die Wurzeln des Frauenfußb­alls in Biberbach lagen quasi bei ihr zu Hause im Klingenbau­erhof, dem landwirtsc­haftlichen Anwesen ihrer Eltern. Mit ihren Brüdern Josef und Toni sowie ihrer älteren Schwester Annelies wurde fast täglich gebolzt, talentiert waren sie alle. Zusammen kickten sie auch beim SC Biberbach. Dessen Frauenteam, vom damaligen Abteilungs­leiter Hermann Stettberge­r gegründet und von ihrem schon verstorben­en Bruder Josef trainiert, entwickelt­e sich prächtig und gehörte in den 1970er- und Anfang der

1980er-Jahre zu den Top-Teams in Schwaben – und lockte die Zuschauer an. Die anfangs oft spöttische­n Kommentare der männlichen Fans wurden immer spärlicher, bei Finalspiel­en um die Bezirksmei­sterschaft oder den Pokalfinal­s gegen den TSV Pfersee oder den TV Woringen (bei Memmingen) strömten schon mal respektabl­e 500 Zuschauer auf den Galgenberg. Und die waren meist von der blonden Vroni beeindruck­t.

Sie gab die Libera, überzeugte mit eleganter Technik und präzisem Schuss. Ihr Talent blieb auch den Trainern des Bayerische­n Fußballver­bandes (BFV) nicht verborgen. Mit ihrer Schwester oder auch andeVeroni­ka

ren Talenten aus Biberbach wurde sie zu Lehrgängen in die Sportschul­e Grünwald oder Auswahlbeg­egnungen eingeladen. Veronika gehörte mittlerwei­le zu den herausrage­nden Kickerinne­n im Freistaat.

Sie war 1979 auch im Wiener Praterstad­ion dabei, als die BayernAusw­ahl vor 25 000 Zuschauern auf das Nationalte­am Österreich­s traf. Damals gab es in Deutschlan­d noch keine Nationalma­nnschaft, diese wurde erst 1982 gegründet. Experten waren sich damals sicher, dass Veronika Prömel in ihrer besten Zeit auch eine Einladung vom DFB erhalten hätte. Doch auch so bestimmte der Fußball weite Teile des familiären Geschehens bei den Prömels. Ihr Ehemann Peter Prömel spielte selbst beim SCB und dem FC Osterbuch, war in Biberbach auch Trainer. Sohn Matthias agierte als Kapitän beim ehemaligen Bezirkslig­isten, kickte später beim TSV Meitingen und VfL Westendorf – die Töchter Steffi, Veronika und Antonie spielten oder spielen bei ihrem Heimatklub. Auch die Schwiegers­öhne Christian Mayer und Florian Steppich sind als Trainer oder Spielertra­iner ganz eng mit dem Ball verbunden.

Schwägerin Karin Dirr (Pleil) zählte beim SCB ebenfalls zu den Spielerinn­en der ersten Stunde. Doch die Fußballmäd­els machten sich viele Jahre nicht nur auf dem Sportplatz nützlich, sie engagierte­n sich im Verein, arbeiteten in der Abteilungs­leitung oder organisier­ten Feste und andere Veranstalt­ungen.

Mit Veronika Prömel kann man sich stundenlan­g über Fußball unterhalte­n. Sie versteht das Spiel, kann es sprichwört­lich lesen. Allerdings haben sich die Profis bei ihr irgendwann ins Abseits gestellt, lediglich am Offensivdr­ang von Borussia Dortmund findet sie gefallen. Dafür besucht sie regelmäßig die Spiele in Biberbach oder ist auf anderen Sportplätz­en des Landkreise­s zu sehen. Natürlich ist sie Stammgast bei den Frauen aus Biberbach und Erlingen. Dass dieses Team mit ihrer Tochter Antonie jetzt den Aufstieg in die Landesliga geschafft hat, freut sie ungemein. „Es gefällt mir, wie diese Mannschaft spielt“, sagt sie. Doch in den kommenden Wochen wird sich Veronika Prömel noch auf die Frauen-WM konzentrie­ren. Wie viele andere auch.

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Schön anzusehen: Das Offensivsp­iel und der Torerfolg von Josephine Henning (links) und Anja Mittag gefällt auch vielen Fußballspi­elerinnen aus dem Augsburger Land. Foto: Carmen Jaspersen, dpa
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Veronika Prömel

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