Wie kleine Tricks helfen
Imkern auf Probe Unsere Autorin lernt beim Imkerverein das Handwerk der Bienenzucht. Bisher galt es, die Völker genau zu beobachten. Nun können die Teilnehmer ihren ersten Honig schleudern /
Königsbrunn Wenn die Linden blühen, ist es Zeit, den Sommerhonig zu schleudern, informierte uns kürzlich Thomas Tabbert. Tabbert ist der Vorsitzende des Königsbrunner Imkervereins und unser Kursleiter. Da lassen wir Probe-Imker uns nicht zweimal bitten. Nicht unbedingt, weil wir endlich die Früchte unserer Arbeit ernten wollen, sondern weil wir wieder etwas Neues lernen in unserem Imker-Kurs. So ist die Aufregung in der Gruppe deutlich spürbar. Bisher haben wir uns immer samstags getroffen, um unsere Völker durchzuschauen.
Dabei haben wir kontrolliert, ob die Königin aktiv ist und Eier in die Waben legt und ob die Arbeiterinnen genug Platz haben für den Honig und die Brut. Wenn es in der Beute, dem Fachbegriff für den Bienenstock, eng wurde, haben wir zusätzliche Rähmchen mit vorgestanzten Wachsplatten eingesetzt oder aber noch einen Honigraum auf den Brutraum gesetzt. Damit die Königin im Honigraum keine Eier legen kann, werden beide Räume durch ein Absperrgitter getrennt, durch das nur die Arbeiterinnen passen. Die etwas größere Bienenkönigin muss im Brutraum bleiben (wir berichteten).
Doch an diesem Samstag heißt es früh aufstehen. Der Raum, in dem die Waben geschleudert werden, muss geputzt werden. Tabbert hat ein mobiles Waschbecken und die große Honigschleuder mitgebracht. Die Schleuder funktioniert wie eine überdimensionale Zentrifuge und erinnert an einen großen Heizkessel mit einem kleinen Auslauf kurz oberhalb des Bodens. Innen sind Halterungen für vier Honigrahmen. Geschleudert wird mit einer Kurbel und Muskelkraft.
Nachdem alles hergerichtet ist, gehen wir zu unseren Bienenvölkern. Zwei der acht Völker sind bereits anzahlmäßig so stark, dass sie einen gesonderten Honigraum haben. Die jüngeren Völker, die erst dieses Jahr als Ableger gezogen wurden, sammeln ihren Honig für den Eigenverbrauch im Brutraum. Würden wir diese Waben schleudern, wäre die Brut zerstört.
Am Vorabend hat Tabbert sogenannte Bienenfluchten zwischen den Honig- und Bruträumen eingesetzt. Dieses kleine Hilfsmittel soll verhindern, dass sich zu viele Bienen in den Honigräumen aufhalten. Bienenfluchten haben trichterförmige Gänge, die im Honigraum breit und zur Seite des Brutraums schmal sind. So können die Arbeiterinnen zwar gut vom Honigraum in
Brutraum krabbeln, aber anders herum ist es schwierig. Hierbei nutzt der Imker das natürliche Verhalten der Arbeiterinnen, die immer wieder die Nähe zu ihrer Königin suchen. So sind die Honigräume fast bienenfrei, als wir die Deckel anheben und die einzelnen Rahmen herausnehmen. Die letzten Bienen kehren wir vorsichtig mit einem Bienenbesen ab. Sie krabbeln von alleine in den Brutraum.
Einige Rähmchen sind ganz schön schwer und dort, wo die Waben nicht verdeckelt sind, tropft bereits der goldene Honig heraus, wenn man die Rahmen schräg hält. Erst wenn eine Wabe ganz mit Honig gefüllt ist, verschließen die Bienen die
Waben mit Wachs. Also tragen wir unsere süße Fracht besonders vorsichtig in den Schleuderraum. Hier müssen wir den Wachsdeckel mit einer Entdeckelungsgabel, die mich an einen feingezinkten Kamm erinnert, entfernen. Und dann geht es ab in die Schleuder. Einmal kurz kurbeln, dann die Rahmen umdrehen und noch einmal mit mehr Kraft das Ganze schleudern – und schon fließt der goldgelbe süße Saft in den Eimer. Ein grobes und ein feinmaschiges Sieb verhindern, dass Reste vom Deckelwachs und andere Verunreinigungen ins Endprodukt fließen. Wer hätte das gedacht? Rund 25 Kilogramm Honig kommen so nach zwei Stunden Teamarbeit zusamden
men. Aber das ist noch nicht das Endprodukt, erklärt uns unserer Kursleiter. Erst einmal soll der Honig einige Zeit stehen und wir müssen ihn ordentlich rühren. Danach wird die Masse hart – egal wie fleißig wir beim Rühren sind – und dann wird alles in einem Wasserbad bei 40 Grad Celsius wieder verflüssigt. Erst jetzt ist der Honig fertig beziehungsweise lagerfähig. Das Festwerden heißt kandieren und hängt mit dem Frucht- und Traubenzucker zusammen, den der Honig enthält. Wir füllen uns jeder ein Glas Honig ab und sollen zuhause beobachten, was sich tut. Um es vorwegzunehmen: Bisher sieht der Honig in meinem Glas genauso aus, wie nach
dem Schleudern, – außer vielleicht, dass er weniger wird, weil es schwer ist zu widerstehen und nicht ab und zu ein wenig zu naschen.
Ein Bienenvolk produziert rund 150 Kilogramm Honig pro Jahr. Der Imker zwackt für sich davon so um die 30 Kilogramm ab. Den großen Rest verbrauchen die Insekten selber. Wenn es kalt und regnerisch ist, fliegen sie nicht aus, sondern bedienen sich an ihrer Reserve und verfüttern ihn an ihre Brut. Unsere Ausbeute an diesem Morgen liegt bei 25 Kilogramm und wir sind alle recht zufrieden. Und natürlich merken wir uns: Wenn die Linden blühen, können wir das erste Mal im Jahr Honig schleudern.