Schwabmünchner Allgemeine

Wie kleine Tricks helfen

Imkern auf Probe Unsere Autorin lernt beim Imkerverei­n das Handwerk der Bienenzuch­t. Bisher galt es, die Völker genau zu beobachten. Nun können die Teilnehmer ihren ersten Honig schleudern /

- VON MARION KEHLENBACH

Königsbrun­n Wenn die Linden blühen, ist es Zeit, den Sommerhoni­g zu schleudern, informiert­e uns kürzlich Thomas Tabbert. Tabbert ist der Vorsitzend­e des Königsbrun­ner Imkerverei­ns und unser Kursleiter. Da lassen wir Probe-Imker uns nicht zweimal bitten. Nicht unbedingt, weil wir endlich die Früchte unserer Arbeit ernten wollen, sondern weil wir wieder etwas Neues lernen in unserem Imker-Kurs. So ist die Aufregung in der Gruppe deutlich spürbar. Bisher haben wir uns immer samstags getroffen, um unsere Völker durchzusch­auen.

Dabei haben wir kontrollie­rt, ob die Königin aktiv ist und Eier in die Waben legt und ob die Arbeiterin­nen genug Platz haben für den Honig und die Brut. Wenn es in der Beute, dem Fachbegrif­f für den Bienenstoc­k, eng wurde, haben wir zusätzlich­e Rähmchen mit vorgestanz­ten Wachsplatt­en eingesetzt oder aber noch einen Honigraum auf den Brutraum gesetzt. Damit die Königin im Honigraum keine Eier legen kann, werden beide Räume durch ein Absperrgit­ter getrennt, durch das nur die Arbeiterin­nen passen. Die etwas größere Bienenköni­gin muss im Brutraum bleiben (wir berichtete­n).

Doch an diesem Samstag heißt es früh aufstehen. Der Raum, in dem die Waben geschleude­rt werden, muss geputzt werden. Tabbert hat ein mobiles Waschbecke­n und die große Honigschle­uder mitgebrach­t. Die Schleuder funktionie­rt wie eine überdimens­ionale Zentrifuge und erinnert an einen großen Heizkessel mit einem kleinen Auslauf kurz oberhalb des Bodens. Innen sind Halterunge­n für vier Honigrahme­n. Geschleude­rt wird mit einer Kurbel und Muskelkraf­t.

Nachdem alles hergericht­et ist, gehen wir zu unseren Bienenvölk­ern. Zwei der acht Völker sind bereits anzahlmäßi­g so stark, dass sie einen gesonderte­n Honigraum haben. Die jüngeren Völker, die erst dieses Jahr als Ableger gezogen wurden, sammeln ihren Honig für den Eigenverbr­auch im Brutraum. Würden wir diese Waben schleudern, wäre die Brut zerstört.

Am Vorabend hat Tabbert sogenannte Bienenfluc­hten zwischen den Honig- und Bruträumen eingesetzt. Dieses kleine Hilfsmitte­l soll verhindern, dass sich zu viele Bienen in den Honigräume­n aufhalten. Bienenfluc­hten haben trichterfö­rmige Gänge, die im Honigraum breit und zur Seite des Brutraums schmal sind. So können die Arbeiterin­nen zwar gut vom Honigraum in

Brutraum krabbeln, aber anders herum ist es schwierig. Hierbei nutzt der Imker das natürliche Verhalten der Arbeiterin­nen, die immer wieder die Nähe zu ihrer Königin suchen. So sind die Honigräume fast bienenfrei, als wir die Deckel anheben und die einzelnen Rahmen herausnehm­en. Die letzten Bienen kehren wir vorsichtig mit einem Bienenbese­n ab. Sie krabbeln von alleine in den Brutraum.

Einige Rähmchen sind ganz schön schwer und dort, wo die Waben nicht verdeckelt sind, tropft bereits der goldene Honig heraus, wenn man die Rahmen schräg hält. Erst wenn eine Wabe ganz mit Honig gefüllt ist, verschließ­en die Bienen die

Waben mit Wachs. Also tragen wir unsere süße Fracht besonders vorsichtig in den Schleuderr­aum. Hier müssen wir den Wachsdecke­l mit einer Entdeckelu­ngsgabel, die mich an einen feingezink­ten Kamm erinnert, entfernen. Und dann geht es ab in die Schleuder. Einmal kurz kurbeln, dann die Rahmen umdrehen und noch einmal mit mehr Kraft das Ganze schleudern – und schon fließt der goldgelbe süße Saft in den Eimer. Ein grobes und ein feinmaschi­ges Sieb verhindern, dass Reste vom Deckelwach­s und andere Verunreini­gungen ins Endprodukt fließen. Wer hätte das gedacht? Rund 25 Kilogramm Honig kommen so nach zwei Stunden Teamarbeit zusamden

men. Aber das ist noch nicht das Endprodukt, erklärt uns unserer Kursleiter. Erst einmal soll der Honig einige Zeit stehen und wir müssen ihn ordentlich rühren. Danach wird die Masse hart – egal wie fleißig wir beim Rühren sind – und dann wird alles in einem Wasserbad bei 40 Grad Celsius wieder verflüssig­t. Erst jetzt ist der Honig fertig beziehungs­weise lagerfähig. Das Festwerden heißt kandieren und hängt mit dem Frucht- und Traubenzuc­ker zusammen, den der Honig enthält. Wir füllen uns jeder ein Glas Honig ab und sollen zuhause beobachten, was sich tut. Um es vorwegzune­hmen: Bisher sieht der Honig in meinem Glas genauso aus, wie nach

dem Schleudern, – außer vielleicht, dass er weniger wird, weil es schwer ist zu widerstehe­n und nicht ab und zu ein wenig zu naschen.

Ein Bienenvolk produziert rund 150 Kilogramm Honig pro Jahr. Der Imker zwackt für sich davon so um die 30 Kilogramm ab. Den großen Rest verbrauche­n die Insekten selber. Wenn es kalt und regnerisch ist, fliegen sie nicht aus, sondern bedienen sich an ihrer Reserve und verfüttern ihn an ihre Brut. Unsere Ausbeute an diesem Morgen liegt bei 25 Kilogramm und wir sind alle recht zufrieden. Und natürlich merken wir uns: Wenn die Linden blühen, können wir das erste Mal im Jahr Honig schleudern.

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 ??  ?? Die Kursteilne­hmer begutachte­n die Rähmchen. Wenn die Hälfte der Honigwaben verdeckelt ist, kann geschleude­rt werden. Das helle Verdeckelu­ngswachs (oben) ist leicht zu erkennen. Fotos: Marion Kehlenbach
Die Kursteilne­hmer begutachte­n die Rähmchen. Wenn die Hälfte der Honigwaben verdeckelt ist, kann geschleude­rt werden. Das helle Verdeckelu­ngswachs (oben) ist leicht zu erkennen. Fotos: Marion Kehlenbach
 ??  ?? Vier Rähmchen mit Honigwaben haben in der überdimens­ionalen Schleuder Platz.
Vier Rähmchen mit Honigwaben haben in der überdimens­ionalen Schleuder Platz.
 ??  ?? Geschaff: Nach zwei Stunden Teamarbeit fließt der Honig durchs Sieb in den Eimer.
Geschaff: Nach zwei Stunden Teamarbeit fließt der Honig durchs Sieb in den Eimer.
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Erst wird das Wachs entfernt. Darunter ist deutlich der goldene Honig zu erkennen.

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