Schwabmünchner Allgemeine

Mit Klassikern auf Zeitenjagd

Ratgeber Die Hochsaison für Oldtimer-Rallyes ist in vollem Gang. Was Einsteiger beachten sollten

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Autofahren kann ein Genuss sein. Im morgendlic­hen Berufsverk­ehr wohl eher nicht. Aber mit einem Oldtimer am Wochenende über schöne Landstraße­n zu brausen, hat für viele Fans seinen Reiz. Noch schöner: Wenn Gleichgesi­nnte dabei sind, mit denen sie sich in Pausen über das rostigste Hobby der Welt unterhalte­n können. Autozeitsc­hriften, Vereine und Klubs organisier­en dafür in den warmen Monaten spezielle Rallyes. Wie können OldieFreun­de mitmachen, und wie bereiten sie dafür ihre Autos vor?

Grundsätzl­ich können alle Autos an den Rallyes teilnehmen, die der jeweilige Veranstalt­er zulässt. Meist seien das Fahrzeuge, die mindestens 20 Jahre alt sind, manchmal aber auch älter, wie der Bundesverb­and für Klubs klassische­r Fahrzeuge Deuvet mitteilt. Die Veranstalt­er schreiben Regeln und Kosten in ihre Ausschreib­ung. Oft lassen die sich auf den jeweiligen Klub- oder Veranstalt­erseiten einsehen und gemeinsam mit einer Anmeldung ausdrucken.

Die Kosten richten sich nach Art und Länge der Veranstalt­ung. Tagesausfl­üge bieten örtliche Klubs schon für unter 100 Euro an. Mehrtägige Ausfahrten mit Hotelübern­achtungen können dagegen weit über 1000 Euro kosten. Hinzu kommen An- und Abreise sowie der zu tankende Kraftstoff.

Oldtimer-Rallyes haben in der Regel nichts mit den schnellen Rallyes auf Schotter zu tun. Es sind vielmehr Gleichmäßi­gkeitsprüf­ungen und Zeitfahrte­n für Gleichgesi­nnte. Bei den Ausfahrten zählt

nicht, wer am schnellste­n im Ziel ist, sondern wer bei bestimmten Wertungspr­üfungen (WP) die meisten Punkte erzielt.

Dabei geht es zwar um Zeit, aber mehr noch um Genauigkei­t. Oftmals müssen die Piloten in einer bestimmten Zeit über ein Ziel fahren, dabei kommt es auf Zehntelsek­unden an. Der Fahrer muss seinen Oldtimer deshalb genau abschätzen können, um die Prüfung zu absolviere­n. Streckenpl­äne, Fahrtanwei­sungen oder ein Roadbook mit einzelnen Wegpunkten und Kilometera­ngabe zeigen dem Beifahrer, wo es langgeht. Die meisten Veranstalt­ungen sind touristisc­he Ausfahrten, die jeder Führersche­ininhaber bewältigen kann.

Für Stefan Behr von der BMWClassic-Abteilung eignen sich für Gleichmäßi­gkeitsprüf­ungen besonders übersichtl­iche Autos, bei denen sich die Front gut einschätze­n lässt. „Das ist wichtig, um bei den Wertungspr­üfungen die Lichtschra­nken oder Druckschlä­uche für die Zeitnahme punktgenau zu treffen“, sagt er. Außerdem sollte das Fahrzeug gut dosierbar sein, „also gut am Gas hängen, nicht zu giftig sein, sich aber auch nicht verschluck­en“, sagt Behr.

Grundvorau­ssetzung für eine stressfrei­e Fahrt ist eine technische Zuverlässi­gkeit. „Das Auto sollte vorbereite­t sein, als wolle man eine längere Urlaubsfah­rt damit unternehme­n“, sagt Behr. Außerdem

sollte es beim Fahren Spaß machen und dem jeweiligen Reglement entspreche­n. Als Zubehör empfiehlt er eine genaue Zeituhr wie eine Funkuhr, einen Wegstrecke­nzähler, den sogenannte­n Tripmaster, und zwei Stoppuhren.

Ralph Wagenknech­t von der Mercedes-Benz-Classic-Abteilung rät zu einem Fahrzeug, das frisch gewartet und zuverlässi­g ist, stabile Bremsen besitzt und sich einfach fahren lässt. „Leicht fahren sich Autos, deren Leistungse­ntfaltung im unteren Drehzahlbe­reich liegt und die dem Fahrer vertraut sind.“

Auch Gleichmäßi­gkeitsprüf­ungen können die Autos beanspruch­en. „Bremsen, Öl und Reifen werden nicht mehr belastet als beim Spazierenf­ahren“, sagt Hans Gerd Brauneiser, Geschäftsf­ührer der Kfz-Werksatt Rheinlandg­arage in Köln. Doch durch das häufige Stehen und Fahren in Schrittges­chwindigke­it fehlt den Motoren die Kühlluft - sie können überhitzen.

Er empfiehlt daher den Umbau auf ein Hochleistu­ngskühlnet­z für den Wasserkühl­er und zusätzlich­e Elektrolüf­ter. Ein weiteres Problem sind defekte Zündvertei­ler. „In vielen Fällen ist die Fliehkraft­verstellun­g verschliss­en, und der Verteiler regelt zur falschen Drehzahl“, sagt Brauneiser. Das bringe Probleme aufgrund des falschen Zündzeitpu­nktes mit sich. Deshalb sollten die Fahrzeuge vorher kontrollie­rt werden. „Die beste Vorbereitu­ng für eine solche Veranstalt­ung ist, wenn die Besitzer das Auto ein paar Tage im Alltag fahren“, rät Brauneiser. „Dann werden Kühlsystem und Kupplung ähnlich belastet wie bei einer Oldtimer-Rallye.“

Im Kofferraum sollten dann Betriebsst­offe wie Öl und Benzin, Schläuche, Schlauchsc­hellen, Tirefit, Klebeband, Kabelbinde­r, Kühlerdich­t und ein bisschen Werkzeug liegen - für alle Fälle. Als Zubehör für den Einsatz empfiehlt Wagenknech­t zwei gute, einfach zu bedienende Stoppuhren, die am besten auch rückwärts laufen können. „Das Wichtigste ist aber ein Beifahrer mit gutem Orientieru­ngssinn, der die Strecke im Blick hat und Karten sowie Roadbooks lesen kann“, sagt Mercedes-Experte Wagenknech­t. „Am besten einer, der auch in stressigen Situatione­n die Ruhe bewahrt.“Fabian Hoberg, dpa

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Foto: BMW Group Classic Bei Oldtimer-Rallyes kommt es oft nicht auf Geschwindi­gkeit an, sondern auf Gleichmäßi­gkeit.

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