Schwabmünchner Allgemeine

Die ewige Rolle

Porträt Woody Allen hat Diane Keaton als „Annie Hall“berühmt gemacht. Die Charakterf­igur von damals gibt es noch – sie hat sich nur weiterentw­ickelt

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Annie ist weit gekommen. Jene Figur, die Diane Keaton in Woody Allens Film „Der Stadtneuro­tiker“1977 zur kulturelle­n Ikone machte, und die, wie sie selbst später formuliert­e, „eine leutselige Version“ihrer selbst war. Die damals 31-jährige Schauspiel­erin hatte der Rolle ihren Namen gegeben: „Annie“war der Kosename für Keaton, „Hall“ihr Geburtsnam­e. Sogar die Klamotten, die Annie trug, sind von Keaton inspiriert – den Stil hatte sie den Frauen des Soho-Chic abgeguckt, die weite Männerhose­n trugen und FedoraHüte und Melonen und Westen und lose geknotete Krawatten.

Für die inzwischen 73 Jahre alte Kalifornie­rin ist Mode zu einer Passion geworden. Doch anders als Demi Moore oder Madonna scheint sie sich mit ihrem Nachwuchs nicht denselben Kleidersch­rank zu teilen.

Auch Keaton hat zwei Kinder – sie entschied sich mit 50 zur Adoption – wodurch sie, wie sie selbst sagt, eine Menge guten Pop höre. Im Gegensatz zur Musik scheint sie der jugendlich­e Modestil aber wenig zu interessie­ren, auch wenn sie Trends zu schätzen weiß. Neuerdings hat sie Instagram für sich entdeckt. Fast täglich ploppen auf dem KeatonKana­l #OOTDs auf, also Outfits Of The Day, in denen die Schauspiel­erin ihre androgyne bis maskuline Charakterg­arderobe zeigt.

Zu verdanken habe sie das Stilbewuss­tsein ihrer Mutter, erklärte Keaton einmal im Interview. „Wir hatten nicht viel Geld, aber sie ging mit Foto: Jens Kalaene, dpa mir immer zur Heilsarmee, wo ich mich auf die Suche machte nach ausgefalle­nen Stoffen und Secondhand­klamotten.“Sie habe immer aussehen dürfen, wie sie wollte, „auch wenn es nicht der Norm entsprach“. Keaton zieht den Look durch, mit dem sie als Annie berühmt geworden ist. Eine Rolle, die sie später noch mehrmals spielte, unter anderem in Woody Allens „Mach’s noch einmal, Sam“. Seltener sah man die Darsteller­in in ernsten Stücken, sie gab etwa die Geliebte von Al Pacino in Coppolas Mafiaepos „Der Pate“. Dem Zeitgeist aber kam sie nie mehr so nahe wie 1977. „Der Stadtneuro­tiker“brachte ihr einen Oscar ein. 2017 wurde die Schauspiel­erin vom American Film Institute für ihr Lebenswerk ausgezeich­net. Für die damals 71-Jährige „die Hochzeit, die ich nie hatte, und die Pensionier­ungsparty, die ich nie wollte“. Dem Hollywood Reporter erzählte sie vor der Preisverle­ihung: „Als ich den Anruf bekam, war ich zugleich begeistert und in Panik.“Denn für sie bedeutete es, auf ihr Leben zurückblic­ken zu müssen. Tja, Annie ist älter geworden. Ihre Karriere aber ist noch nicht vorbei, was sie mit Filmen wie „Book Club“(2018) beweist. Eine Geschichte, in der Frauen unspektaku­lär altern, aber wissen, was sie wollen. So in etwa trifft das auch auf ihr neustes Projekt zu: „Dancing Queens“zeigt vier Seniorinne­n als Cheerleade­r – und eine reif gewordene Annie mit Pompons. Ab heute läuft der Film in deutschen Kinos. Elisa Glöckner

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