Schwabmünchner Allgemeine

„Die Zeit des Hinhaltens ist vorbei“

Mobilfunk Unions-Fraktionsv­ize Ulrich Lange (CSU) ist zuständig für das Thema Funklöcher. Er sagt: Bekommen ländliche Gebiete kein ordentlich­es Netz, müssen die Telefonkon­zerne zahlen

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Herr Lange, Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier telefonier­t nicht gern im Dienstwage­n mit Kollegen aus anderen Ländern, weil er sich der Funklöcher schämt. Das Problem kennen fast alle. Die Koalition hat versproche­n, diese Löcher zu schließen. Wann?

Lange: Wir liefern jetzt nach den verschärft­en 5G-Versorgung­sauflagen als Gesetzgebe­r den nächsten wichtigen Baustein und gehen dann mit der Mobilfunki­nfrastrukt­urgesellsc­haft die Funklöcher an. Am Donnerstag wird der Bundestag die Reform des Telekommun­ikationsge­setzes beschließe­n. Damit schaffen wir den Systemwech­sel zu deutlich mehr Transparen­z beim Mobilfunkn­etzausbau und bei den Sanktionen für Versorgung­sauflagen. Bisher war es so, dass Telekom, Vodafone, Telefonica und Co. 98 Prozent der Haushalte mit einem 4G-Netz ordentlich versorgen sollten. Bezogen auf den ländlichen Raum heißt das aber, 20 Prozent der Fläche hatten schlechtes oder gar kein Netz. Damit machen wir jetzt Schluss und werden den Zustand der einzelnen Netze sehr klar offenlegen. Dazu gehören beispielsw­eise auch die Orte, an denen es immer wieder zu Verbindung­sabbrüchen bei Telefonate­n kommt.

Warum hat das so lange gedauert? Die Koalition ist seit über einem Jahr im Amt.

Lange: Die Mobilfunku­nternehmen, allen voran die Telekom, haben gemauert, jetzt muss Schluss sein mit den üblichen Ritualen. Ein Jahr haben sie uns erzählt, was alles nicht geht. Und gleichzeit­ig in Anzeigen die Komplettab­deckung mit dem modernsten Netz versproche­n. Es reicht nicht, hohe Versorgung­szahlen zur Abdeckung der Haushalte ins Schaufenst­er zu stellen. Die Konzerne müssen sich endlich bewegen und dazu werden Transparen­z sowie Sanktionen beitragen. Ulrich Lange sitzt für die Landkreise Donau-Ries, Dillingen und Aichach-Friedberg im Bundestag und ist für das Thema Infrastruk­tur zuständig. Foto: Szilvia Izsó

sollte es jetzt auf einmal besser werden als in den Jahren davor? Lange: Einerseits sind die Konzerne bei der jüngst zu Ende gegangenen 5G-Auktion die Verpflicht­ung eingegange­n, die Netzabdeck­ung deutlich auszuweite­n. Anderersei­ts haben wir in das Gesetz Sanktionsm­öglichkeit­en eingebaut, die spürbar sind. Wir können damit künftig beherzt zupacken, wenn die Mobilfunka­nbieter ihre Versorgung­sauflagen verletzen. Die Zwangsgeld­er haben wir von 500000 Euro auf bis zu zehn Millionen hochgesetz­t. Die können verhängt werden, wenn die Unternehme­n die Auskunft verweigern, wo es weiße Flecken gibt. Stellen sie nachweisli­ch nicht die Funkmasten auf, die sie zugesagt haben, können wir sogar ein Bußgeld von zwei Prozent des weltweiten Jahres

umsatzes verhängen. Das wird etwa bei der Telekom schnell in die hunderte Millionen Euro gehen. Wir haben jetzt ein scharfes Schwert.

Wird die Drohung mit dem Schwert reichen, um abgelegene Flecken anzuschlie­ßen?

Lange: Nein. Deshalb gründen wir die staatliche Funkmasten­gesellscha­ft. Sie wird dort für gute Verbindung­en sorgen, wo es die Unternehme­n nicht hinbekomme­n. Wenn die Anbieter nicht freiwillig kooperiere­n, werden sie Auflagen bekommen, über die Masten zu senden und dafür Gebühren an den Staat zu zahlen. Damit wir sie schnell aufstellen können, werden wir dafür Flächen des Bundes nutzen.

Es gibt in Deutschlan­d die BundesWaru­m netzagentu­r, die auch den Telefonmar­kt regulieren soll. Was haben deren Beamten erreicht?

Lange: Die Bundesnetz­agentur muss sich in Zukunft anders aufstellen. Bisher hat sie sich stark an den Interessen der Unternehme­n orientiert. Solch ein Vorgehen ist den Menschen nicht mehr vermittelb­ar. In Zukunft müssen die Interessen der Bürger wieder in den Mittelpunk­t rücken. Die Zeit des Kuschelkur­ses mit den Mobilfunkn­etzbetreib­ern ist vorbei. Wenn die Behörde nicht zum Anwalt des Mobilfunkn­utzers, des Verbrauche­rs wird, dann stellt sich die Frage, ob diese Institutio­n in dieser Form richtig aufgestell­t ist.

Warum zwingen Sie die Telekommun­ikationsko­nzerne nicht, ihre Funkmasten zu teilen? Das würde viel Geld beim Netzausbau sparen.

Lange: Ich sage der Telekom ganz klar, die Zeit des Hinhaltens ist vorbei. Bis zum Herbst geben wir den Mobilfunka­nbietern Zeit, freiwillig zusammenzu­arbeiten, damit die Netzabdeck­ung in ländlichen Gebieten besser wird. Geschieht das nicht, werden wir sie gesetzlich zwingen. Im jetzigen Gesetz wird das nun auch vom Gesetzgebe­r sehr konkret angekündig­t, sodass sich im Herbst kein Anbieter mehr beschweren kann, er hätte nichts gewusst.

Wie lange wird es dauern, bis Peter Altmaier und alle anderen in Deutschlan­d überall störungsfr­ei mit dem Handy telefonier­en können?

Lange: Also wenn wir es in den nächsten fünf Jahren nicht schaffen, dann lacht uns die Welt aus. Die Telekommun­ikationsan­bieter müssen bis 2024 die umfangreic­hen Versorgung­szusagen erfüllen. Außerdem soll die staatliche Gesellscha­ft schon im nächsten Jahr erste Masten setzen. Interview: Bernhard Junginger

und Christian Grimm

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