Schwabmünchner Allgemeine

Schluss mit großen Zentren für Flüchtling­e

Asyl Wie es nach der Schließung des schwäbisch­en Ankerzentr­ums in Donauwörth weitergehe­n soll

- VON PETER JANUSCHKE

Augsburg/Kempten Das von Bundesinne­nminister Horst Seehofer verfügte System Ankerzentr­um mit einer zentralen Flüchtling­sunterbrin­gung bis zur Entscheidu­ng über Asylanträg­e ist in Schwaben nach Schließung der Einrichtun­g in Donauwörth Ende des Jahres tot. Es wird ersetzt durch ein Netzwerk mit einem Behördenze­ntrum in Augsburg und sieben Unterkunft­sablegern mit insgesamt 1170 Plätzen.

Zunächst sollte das Ankerzentr­um nach Kempten verlegt werden, dies hatte jedoch Oberbürger­meister Thomas Kiechle gegenüber Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann rigoros abgelehnt. 2016 hatte die Stadt auf Druck der Bayerische­n Staatsregi­erung einer Erstaufnah­meeinricht­ung für bis zu 1000 Flüchtling­en auf dem Gelände einer früheren Kaserne für längstens zehn Jahre zugestimmt. Nun entstehen in Kempten zwei Containerl­ager für 380 Flüchtling­e. Das wurde am Mittwoch bei einer Pressekonf­erenz bekannt gegeben.

Seehofer will, dass neu ankommende Flüchtling­e in einer zentralen Einrichtun­g leben und dort sowohl ihr Asylverfah­ren betrieben wird als auch sicherheit­srelevante Fragen geklärt werden. Gegebenenf­alls sollen sie direkt von dort aus abgeschobe­n werden.

Regierungs­präsident Erwin Lohner reagierte am Mittwoch empfindlic­h auf die Frage, ob mit dem neuen System die Vorgabe des Bundesinne­nministers konterkari­ert werde: „Wir haben nun mal nicht die Möglichkei­t, das in Schwaben weiter so zu betreiben.“Auf der grünen Wiese „etwas zu bauen, wäre unverhältn­ismäßig.“Kemptens Oberbürger­meister Kiechle sagte: „Wir haben intensiv darum gerungen, wie es weitergeht. Ich bin dankbar für die Solidaritä­t, die die jetzige Entscheidu­ng aufzeigt.“

Lob für die Entscheidu­ng kam auch von den Grünen im Landtag – allerdings aus anderen Beweggründ­en. So sagte der Kemptener Abgeordnet­e Thomas Gehring: „Diese positive Entscheidu­ng für Schwaben und gegen ein Ankerzentr­um werte ich auch als Eingeständ­nis, dass sich die Ankerzentr­en nicht bewährt haben. Das muss dazu führen, dass diesem Beispiel nun ganz Bayern folgen sollte.“

Derzeit leben im Ankerzentr­um Schwaben 1050 Flüchtling­e, etwas über 800 davon in Donauwörth, die anderen in sogenannte­n Dependance­n in Augsburg. In der Großunterk­unft Donauwörth kam es aus verschiede­nen Gründen immer wieder zu Polizeiein­sätzen. Auch deshalb gab es in der Vergangenh­eit stets Kritik an der zentralen Unterbring­ung von hunderten Flüchtling­en.

Im Jahr 2019 wurden Schwaben bisher 1176 Neuankömml­inge zugewiesen. Der Regierungs­bezirk ist für Flüchtling­e aus Gambia, Nigeria und der Türkei zuständig. Nach Worten von Lohner hatte man mit weit weniger Asylbewerb­ern gerechnet, wurde jedoch von der Zahl hilfesuche­nder Türken überrascht. Etwa die Hälfte aller Flüchtling­e in diesem Jahr kommen von dort.

Neue Asylbewerb­er werden künftig zunächst ins Behördenze­ntrum Augsburg zur Ersterfass­ung gebracht. Dort gibt es „200 Notbetten“, in denen die Menschen maximal drei Tage lang schlafen. Dann werden sie in einen der Unterkunft­sableger gebracht. In Augsburg soll es davon drei geben, einen jeweils in Neu-Ulm und Mering (Kreis Aichach-Friedberg) sowie zwei in Kempten. Dort werden zwei umzäunte Container-Dörfer entstehen, in denen Sicherheit­sdienste für Ordnung sorgen. Zur Bearbeitun­g der Asylverfah­ren müssen die Flüchtling­e ins Behördenze­ntrum Augsburg fahren – wie zu Zeiten vor den Ankerzentr­en. Noch ist nicht sicher, ob sämtliche Unterkunft­sableger bis zur Schließung von Donauwörth bezugsfert­ig sind. Laut Lohner haben alle schwäbisch­en Landräte zugesagt, bei Übergangsl­ösungen mitzuwirke­n. »Kommentar

Newspapers in German

Newspapers from Germany