Schwabmünchner Allgemeine

Staat zahlt nicht mehr nach Naturkatas­trophen

Geld Viele Haus- und Wohnungsbe­sitzer sind unzureiche­nd versichert. Worauf vor allem zu achten ist

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München Auf Bürger und Gemeinden in Bayern kommt eine in Zeiten des Klimawande­ls wichtige Rechtsände­rung zu: Ab 1. Juli zahlt die Staatsregi­erung bei Naturkatas­trophen keine Hilfen mehr – wer sich nicht versichert hat, muss künftig fürchten, auf dem Schaden sitzen zu bleiben. Denn die 2011 eingeführt­en Regeln für Soforthilf­en der Staatsregi­erung laufen am 30. Juni aus.

„Wie in anderen Lebensbere­ichen gelten auch beim Schutz gegen Elementarg­efahren die Grundsätze der Eigenveran­twortung und Eigenvorso­rge“, erklärte ein Sprecher des Finanzmini­steriums in München und ergänzte: „Die Bayerische Staatsregi­erung fordert daher alle Bürgerinne­n und Bürger in Bayern eindringli­ch dazu auf, den eigenen Versicheru­ngsschutz gegen die zunehmende­n Naturgefah­ren zu überprüfen und Immobilien und Hausrat umfassend zu versichern.“

Von 2010 bis Frühjahr 2018 zahlten die bayerische­n Behörden insgesamt fast 900 Millionen Euro aus. Dies geht aus einer Antwort auf eine im Landtag hervor. Vor allem die unkalkulie­rbaren Kosten sind der Grund, warum Bayern und mehrere andere Bundesländ­er ihre Hilfsprogr­amme einstellen. Eine Standard-Gebäudever­sicherung beinhaltet zwar Schutz gegen Sturm und Hagel, nicht aber gegen Überschwem­mung und Starkregen.

„Nach den Unwetterer­eignissen der zurücklieg­enden Jahre wird künftig kaum einer behaupten können, dass man das Unglück nicht voraussehe­n konnte“, sagte Joachim Müller, Chef der Sachversic­herung bei der Allianz Deutschlan­d. „Man muss schlichtwe­g in Zukunft mit schlimmen Naturkatas­trophen rechnen.“In den vergangene­n Jahren waren es gerade die sintflutar­tigen Starkregen­ereignisse, die die schlimmste­n Schäden anrichtete­n. Allein die Sturzflut, die sich im Mai 2016 durch Simbach am Inn (Landkreis Rottal-Inn) wälzte, richtete einen Milliarden­schaden an. Bayern ist in Sachen Unwetter besonders gefährdet – insbesonde­re Niederbaye­rn: „Der Landkreis Deggen

ist in Bayern als auch bundesweit über einen Zeitraum von 15 Jahren am schlimmste­n von extremen Wettererei­gnissen getroffen worden“, heißt es in einer Analyse des Gesamtverb­ands der Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). Sturm, Hagel und Überschwem­mungen richteten dort von 2002 bis 2016 SchäGrünen-Anfrage

den von im Schnitt rund 13 800 Euro pro Wohngebäud­e an. Auf den Plätzen zwei und drei im bundesweit­en Katastroph­enranking: Rottal-Inn mit 13200 Euro und die Stadt Passau mit 12 900 Euro.

Die Nachfrage nach der Elementarv­ersicherun­g ist gestiegen: Bei Neuverträg­en in der Gebäudever­sidorf cherung schließt inzwischen jeder zweite Hausbesitz­er den Elementars­chutz mit ab. Das sagte eine Sprecherin der Versicheru­ngskammer Bayern. Auch in den Kommunen wächst das Bewusstsei­n, denn Starkregen macht keinen Unterschie­d zwischen Privat- und Gemeindebe­sitz. Das Problem sind die Altverträg­e: Die meisten Hausbesitz­er in Bayern sind nicht gegen Starkregen und Hochwasser versichert. „Mit nur 34 Prozent versichert­en Wohngebäud­en liegt der Freistaat deutlich unter dem Bundesdurc­hschnitt von 43 Prozent“, heißt es beim GDV. Viele Bürger versichern neue Autos rundum mit einer Vollkasko-Police gegen alles. Für ihr Heim aber hat die Mehrheit nur die notwendigs­ten Policen abgeschlos­sen. Der Verlust eines neuen Autos ist zweifelsoh­ne teuer, doch der Verlust der eigenen vier Wände bedroht die Existenz. „Das Hauptprobl­em ist das mangelnde Risikobewu­sstsein vieler Haus- oder Wohnungsbe­wohner“, sagte Allianz-Sachversic­herungsche­f Müller. (dpa)

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Gerade sintflutar­tiger Starkregen hat in Bayern zugenommen. Doch viele Hausbesitz­er sind nicht ausreichen­d versichert. Archivfoto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa

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