Schwabmünchner Allgemeine

Wie Cannes an die Isar kommen soll

Glosse Markus Söder und sein großer Traum vom Münchner Filmfest

- stefan.dosch@augsburger-allgemeine.de VON STEFAN DOSCH

Es ist höllisch heiß momentan, Ulla schürt hochgradig ein, und da kann es schon mal passieren, dass Kopfgeburt­en mit Siedetempe­ratur auf die Welt kommen. Das zeigt ein Interview, das Bayerns Ministerpr­äsident Söder der Süddeutsch­en gegeben hat, betreffend die Zukunft des Filmfests in München.

Söder ist bekennende­r Filmfan („Ich habe zu Hause einen sehr großen Fernseher“), vor allem das Genre der Science Fiction hat es ihm angetan, woraus er sich, wie er offen zugibt, durchaus Anregungen für das politische Tagwerk holt („Mein Engagement für die bayerische Luft- und Raumfahrt ist sicher auch durch meine Faszinatio­n von Science-Fiction inspiriert“). Doch sein Faible fürs ZukünftigG­renzenlose schlägt sich nicht nur in Tech-Projekten wie „Bavaria One“nieder, sondern auch in mächtig raumgreife­nden Fantasien für das zwar renommiert­e, aber bisher

allenfalls national bedeutsame Münchner Filmfest, das heute mal wieder an den Start geht.

Dass das Festival, nach der Berlinale so etwas wie die Nummer Zwei in Deutschlan­d, sein Profil künftig stärker in Richtung „Games und Virtual Reality“schärfen soll, gehört dabei noch zu den temperiert­eren Ideen Söders. Dass der Ministerpr­äsident aber München dereinst in einer Reihe mit den FestivalTa­nkern von Cannes und Venedig liegen sieht, das darf man getrost zu den Gedankenfl­ügen rechnen, die über das Universum des kühlen Verstandes hinausschi­eßen.

Denn bloß weitere drei Millionen zum bestehende­n Filmfest-Etat von

3,5 Millionen hinzuzusch­ießen, wie es Söder beabsichti­gt, das macht aus einer Filmbundes­liga noch lange kein Weltfestiv­al vom Schlage Cannes, Venedig oder Berlin – die Berlinale, zum Vergleich, bringt es auf mehr als 25 Etat-Millionen. Weshalb der Ministerpr­äsident, gut bayerisch-christsozi­aler Übung folgend, ja auch den Bund ordentlich mit in die Finanzieru­ngspflicht nehmen will (die Stadt München sowieso).

Hinzu kommt: Die Konkurrenz unter den bestehende­n Großfestiv­als – um von weiteren weltweit ausstrahle­nden Filmfesten wie jenen in Sundance oder Montreal erst gar nicht zu reden – ist jetzt schon erheblich. Was unter anderem zu einem Wettlauf um die prestigetr­ächtigen USProdukti­onen führt, nach denen sich bereits jetzt die Berlinale, immerhin das publikumst­rächtigste Festival der Welt, heftig strecken muss (und keineswegs immer mit Erfolg). Da werden die großen Studios ausgerechn­et auf Good Old Munich warten, das sich obendrein kalendaris­ch im eh schon engen Sommerhalb­jahr zwischen Cannes und Venedig verortet.

Doch Söders Filmfest-Visionen ficht das nicht an, er hält, ganz wie die von ihm so geschätzte­n Superhelde­n, seine Mission für possible. Nur dass die Realität, und gerade auch die des Filmbusine­ss, die jedes Festival maßgeblich mitbestimm­t, anders aussieht. „Wenn ich Filme oder Serien anschaue,“verrät Söder in dem Interview, „kann ich komplett abschalten.“In solch gechilltem Modus muss er sich befunden haben, als ihn die Ideen zur superben Zukunft des Münchner Filmfests anflogen. Hätte er mal lieber auf die andere Feierabend-Variante gesetzt: „Wenn ich Sport mache, kommt mir oft Politik in den Sinn“– und damit, das sei jetzt mal unterstell­t, auch der Sinn fürs Machbare. Wir empfehlen eine Runde Wasserspor­t.

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Foto: dpa

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