Aus dem Mega-Stau in den Kreißsaal
Lkw-Unfall Am Dienstag mussten tausende Autofahrer stundenlang bei Hitze auf der A8 ausharren. Zwei Frauen kollabierten. Wie die Rettungsdienste in solchen Situationen Schlimmeres verhindern und welche Tipps sie parat haben
Region Es begann alles vergleichsweise harmlos. Am Dienstagnachmittag kam es bei Odelzhausen auf der A8 zu einem Unfall, beteiligt waren zwei Lkw. Durch die Wucht des Aufpralls stürzte ein Laster um, der andere geriet in Brand. Bei dem Unfall selbst wurde niemand verletzt. Und doch entwickelte sich der Zwischenfall für eine Vielzahl von Menschen zu einem regelrechten Albtraum. Denn die Autobahn München-Augsburg war komplett gesperrt. Stundenlang. Und das bei einer Sommerhitze mit Temperaturen von über 30 Grad. Nichts ging vorwärts, nichts zurück. Mehrere tausende Autofahrer saßen in der Staufalle fest.
Über 20 Kilometer lang war der Stau zeitweise, berichtete die Polizei in ihrer Bilanz. Richtung München konnte der Verkehr am späten Nachmittag wieder fließen, in Richtung Augsburg dauerte die Sperre sogar bis kurz vor Mitternacht. Wer die Unfallstelle weiträumig umfahren konnte, hatte Glück. Wenngleich ein zweifelhaftes: Augsburger München-Pendler berichteten gestern, dass sie vier Stunden für den Heimweg gebraucht hätten. Wie es hieß, standen über 200 Lkw im Stau. So mancher Fahrer hatte seine Lenkzeit überschritten – und durfte nicht mehr weiter fahren. Sie blieben auf dem Standstreifen stehen.
Anderen erging es nicht so gut: Zwei Frauen waren bei der Hitze kollabiert, eine wurde ins Krankenhaus gebracht. Ebenso wie eine schwangere Frau, die Rettungskräfte brachten sie direkt von der A8 zur Entbindung in die Klinik.
Mehr als 100 Helfer waren laut einem Sprecher des Roten Kreuzes im Einsatz, darunter auch Feuerwehren aus dem Kreis Aichach-Friedberg. Christian Weber, Ortsbeauftragter des THW erzählt, wie die Einsatzkräfte Getränke an die Autofahrer verteilt haben. „Wir haben in diesem Fall Zugang zu Getränkemärkten.“Rund 1700 Liter Wasser und Eistee wurden ausgegeben. Damit die Getränke im Fall von großer Hitze auch die Autofahrer erreichen, mahnte Weber eindringlich: „Das Wichtigste ist wirklich, die
Rettungsgasse zu bilden.“Dann sei auch gewährleistet, dass die Helfer durchkommen.
Das mit der Rettungsgasse, das sei bei Hitze noch viel schwieriger als sonst, bestätigt auch Richard Thoma, stellvertretender Dienststellenleiter der Autobahnpolizei Gersthofen: „Die Leute verlassen das Auto eher, suchen sich Schattenplätze und laufen dann in der Rettungsgasse herum. Und manche fahren sogar hindurch.“Die Rettungsgasse freizuhalten, sei inzwischen eine der vorrangigen Aufgaben der Polizei, sagt Thoma. Oft müssten die Rettungskräfte nicht nur zur Unfallstelle selbst, sondern es gelte auch, Menschen in einer gesundheitlichen Notlage zu versorgen.
Für den Fall, dass es bei großer Hitze zu längeren Staus kommt, gibt es einen Katastrophenschutzplan und eine Führungsgruppe Katastrophenschutz. Diese aus Mitarbeitern des jeweiligen Landratsamts beste
hende Gruppe koordiniert dann das weitere Vorgehen, erläutert Thoma. „Sobald absehbar ist, dass der Stau drei Stunden oder länger dauert, informieren wir die Führungsgruppe.“Diese informiert dann die anderen Rettungskräfte und es gibt eine Einsatzbesprechung. „Wir sind sehr sensibilisiert, gerade was Staus bei Hitze angeht“, betont der stellvertretende Dienststellenleiter.
Auch wenn die Polizei primär dafür verantwortlich ist, dass die Bergung des Unfalls möglichst rasch geschieht, übernehmen die Beamten auch andere Aufgaben. Thoma erzählt von einer Schwangeren, deren Auto aus dem Stau heraus eskortiert wurde, und anderen Notfällen. „Die Menschen wählen die 110 und die Einsatzzentrale gibt das an uns weiter.“Generell ist für diese Aufgabe aber primär das Rote Kreuz verantwortlich. Das größte Problem ist wie im Fall von Odelzhausen die Dehydrierung, bestätigt Dennis
Behrendt, Vize-Geschäftsführer des Roten Kreuzes Dachau. „Das ist besonders für ältere Menschen oder Menschen mit Bluthochdruck gefährlich.“Bei großer Hitze laufen die Rettungskräfte laut Behrendt den Stau ab und klären, ob es in den jeweiligen Autos Menschen gibt, denen es schlecht geht oder für die ein erhöhtes Risiko besteht.
„Betroffene bringen wir dann schnellstmöglich weg.“Sollte es zum seltenen Fall kommen, dass bei einer schwangeren Frau, die alleine unterwegs ist, die Wehen einsetzen, läuft es laut Behrendt so ab: „Sie wird mit dem Krankenwagen in eine Klinik gebracht, ihr Auto wird von einer Einsatzkraft an den nächsten Parkplatz gefahren.“Der Schlüssel wird der Polizei übergeben.
In den Notaufnahmen macht sich die Hitze noch nicht bemerkbar. Dazu müsste die Hitze über ein oder zwei Wochen andauern, sagte ein Sprecher der Uniklinik gestern.
Weber hat noch einen Tipp für Autofahrten im Sommer: „Wichtig ist ein voller Tank. Das Schlimmste ist, wenn im Stau der Sprit ausgeht.“Der THW-Mann ist beruflich viel unterwegs und hat immer mehrere Flaschen Wasser im Auto. Und Rotkreuz-Mann Behrendt ergänzt: „Man sollte immer ein Handy dabei haben, dass man den Notruf wählen kann.“(mit dpa und wer)
Extrem wichtig bei Hitze im Stau: Rettungsgasse bilden