Schwabmünchner Allgemeine

Aus dem Mega-Stau in den Kreißsaal

Lkw-Unfall Am Dienstag mussten tausende Autofahrer stundenlan­g bei Hitze auf der A8 ausharren. Zwei Frauen kollabiert­en. Wie die Rettungsdi­enste in solchen Situatione­n Schlimmere­s verhindern und welche Tipps sie parat haben

- VON LEONIE KÜTHMANN

Region Es begann alles vergleichs­weise harmlos. Am Dienstagna­chmittag kam es bei Odelzhause­n auf der A8 zu einem Unfall, beteiligt waren zwei Lkw. Durch die Wucht des Aufpralls stürzte ein Laster um, der andere geriet in Brand. Bei dem Unfall selbst wurde niemand verletzt. Und doch entwickelt­e sich der Zwischenfa­ll für eine Vielzahl von Menschen zu einem regelrecht­en Albtraum. Denn die Autobahn München-Augsburg war komplett gesperrt. Stundenlan­g. Und das bei einer Sommerhitz­e mit Temperatur­en von über 30 Grad. Nichts ging vorwärts, nichts zurück. Mehrere tausende Autofahrer saßen in der Staufalle fest.

Über 20 Kilometer lang war der Stau zeitweise, berichtete die Polizei in ihrer Bilanz. Richtung München konnte der Verkehr am späten Nachmittag wieder fließen, in Richtung Augsburg dauerte die Sperre sogar bis kurz vor Mitternach­t. Wer die Unfallstel­le weiträumig umfahren konnte, hatte Glück. Wenngleich ein zweifelhaf­tes: Augsburger München-Pendler berichtete­n gestern, dass sie vier Stunden für den Heimweg gebraucht hätten. Wie es hieß, standen über 200 Lkw im Stau. So mancher Fahrer hatte seine Lenkzeit überschrit­ten – und durfte nicht mehr weiter fahren. Sie blieben auf dem Standstrei­fen stehen.

Anderen erging es nicht so gut: Zwei Frauen waren bei der Hitze kollabiert, eine wurde ins Krankenhau­s gebracht. Ebenso wie eine schwangere Frau, die Rettungskr­äfte brachten sie direkt von der A8 zur Entbindung in die Klinik.

Mehr als 100 Helfer waren laut einem Sprecher des Roten Kreuzes im Einsatz, darunter auch Feuerwehre­n aus dem Kreis Aichach-Friedberg. Christian Weber, Ortsbeauft­ragter des THW erzählt, wie die Einsatzkrä­fte Getränke an die Autofahrer verteilt haben. „Wir haben in diesem Fall Zugang zu Getränkemä­rkten.“Rund 1700 Liter Wasser und Eistee wurden ausgegeben. Damit die Getränke im Fall von großer Hitze auch die Autofahrer erreichen, mahnte Weber eindringli­ch: „Das Wichtigste ist wirklich, die

Rettungsga­sse zu bilden.“Dann sei auch gewährleis­tet, dass die Helfer durchkomme­n.

Das mit der Rettungsga­sse, das sei bei Hitze noch viel schwierige­r als sonst, bestätigt auch Richard Thoma, stellvertr­etender Dienststel­lenleiter der Autobahnpo­lizei Gersthofen: „Die Leute verlassen das Auto eher, suchen sich Schattenpl­ätze und laufen dann in der Rettungsga­sse herum. Und manche fahren sogar hindurch.“Die Rettungsga­sse freizuhalt­en, sei inzwischen eine der vorrangige­n Aufgaben der Polizei, sagt Thoma. Oft müssten die Rettungskr­äfte nicht nur zur Unfallstel­le selbst, sondern es gelte auch, Menschen in einer gesundheit­lichen Notlage zu versorgen.

Für den Fall, dass es bei großer Hitze zu längeren Staus kommt, gibt es einen Katastroph­enschutzpl­an und eine Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz. Diese aus Mitarbeite­rn des jeweiligen Landratsam­ts beste

hende Gruppe koordinier­t dann das weitere Vorgehen, erläutert Thoma. „Sobald absehbar ist, dass der Stau drei Stunden oder länger dauert, informiere­n wir die Führungsgr­uppe.“Diese informiert dann die anderen Rettungskr­äfte und es gibt eine Einsatzbes­prechung. „Wir sind sehr sensibilis­iert, gerade was Staus bei Hitze angeht“, betont der stellvertr­etende Dienststel­lenleiter.

Auch wenn die Polizei primär dafür verantwort­lich ist, dass die Bergung des Unfalls möglichst rasch geschieht, übernehmen die Beamten auch andere Aufgaben. Thoma erzählt von einer Schwangere­n, deren Auto aus dem Stau heraus eskortiert wurde, und anderen Notfällen. „Die Menschen wählen die 110 und die Einsatzzen­trale gibt das an uns weiter.“Generell ist für diese Aufgabe aber primär das Rote Kreuz verantwort­lich. Das größte Problem ist wie im Fall von Odelzhause­n die Dehydrieru­ng, bestätigt Dennis

Behrendt, Vize-Geschäftsf­ührer des Roten Kreuzes Dachau. „Das ist besonders für ältere Menschen oder Menschen mit Bluthochdr­uck gefährlich.“Bei großer Hitze laufen die Rettungskr­äfte laut Behrendt den Stau ab und klären, ob es in den jeweiligen Autos Menschen gibt, denen es schlecht geht oder für die ein erhöhtes Risiko besteht.

„Betroffene bringen wir dann schnellstm­öglich weg.“Sollte es zum seltenen Fall kommen, dass bei einer schwangere­n Frau, die alleine unterwegs ist, die Wehen einsetzen, läuft es laut Behrendt so ab: „Sie wird mit dem Krankenwag­en in eine Klinik gebracht, ihr Auto wird von einer Einsatzkra­ft an den nächsten Parkplatz gefahren.“Der Schlüssel wird der Polizei übergeben.

In den Notaufnahm­en macht sich die Hitze noch nicht bemerkbar. Dazu müsste die Hitze über ein oder zwei Wochen andauern, sagte ein Sprecher der Uniklinik gestern.

Weber hat noch einen Tipp für Autofahrte­n im Sommer: „Wichtig ist ein voller Tank. Das Schlimmste ist, wenn im Stau der Sprit ausgeht.“Der THW-Mann ist beruflich viel unterwegs und hat immer mehrere Flaschen Wasser im Auto. Und Rotkreuz-Mann Behrendt ergänzt: „Man sollte immer ein Handy dabei haben, dass man den Notruf wählen kann.“(mit dpa und wer)

Extrem wichtig bei Hitze im Stau: Rettungsga­sse bilden

 ??  ?? Nichts geht mehr: So ähnlich dürfte es am Dienstagna­chmittag bis in die Abendstund­en auf der A 8 bei Odelzhause­n ausgesehen haben. Nach einem Lkw-Unfall entwickelt­e sich ein bis zu 20 Kilometer langer Stau. Zwei Frauen kollabiert­en in der Hitze. Über 100 Helfer verteilten Getränke an die Wartenden. Symbolfoto: Julian Strate, spa
Nichts geht mehr: So ähnlich dürfte es am Dienstagna­chmittag bis in die Abendstund­en auf der A 8 bei Odelzhause­n ausgesehen haben. Nach einem Lkw-Unfall entwickelt­e sich ein bis zu 20 Kilometer langer Stau. Zwei Frauen kollabiert­en in der Hitze. Über 100 Helfer verteilten Getränke an die Wartenden. Symbolfoto: Julian Strate, spa
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Und das war die Ursache für den MegaStau: Ein Lastwagen hatte Feuer gefangen. Foto: Benni Müller, FW Adelzhause­n

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