Schwabmünchner Allgemeine

Urlaub auf Djerba startet im Chaos

Prozess Ein 35 Jahre alter Augsburger bricht seiner Freundin in einem tunesische­m Hotel die Nase. Nach der Heimkehr folgen die Ermittlung­en, ein Geständnis und ein Urteil

- VON KLAUS UTZNI

Augsburg Sonne, Palmen, Sandstrand, Meer: Auf einen Urlaub in südlichen Gefilden freuten sich ein 35-jähriger Augsburger und seine Freundin, 29. Sie buchten ein Allinclusi­ve-Hotel, kippten gleich nach der Ankunft an der Bar einen Cocktail nach dem anderen. Doch schon der erste Urlaubsabe­nd endete im Chaos. Es kam zum Streit. Der 35-Jährige griff seine Freundin an, würgte sie, sie stürzte mit dem Hinterkopf auf den gefliesten Boden, verlor kurzzeitig das Bewusstsei­n. Dann gab er ihr noch einen Kopfstoß, sodass ihre Nase brach. Ort des brutalen Geschehens war ein Hotel auf der tunesische­n Insel Djerba – 1600 Kilometer von Augsburg entfernt. Für die Aufarbeitu­ng dieser Beziehungs­tat war trotzdem die Augsburger Justiz zuständig. Es war einer der seltenen Fälle einer Auslandsst­raftat. Knapp ein Jahr nach der Attacke im Juli 2018 sitzt der 35-Jährige nun in Augsburg vor Amtsrichte­r Thomas Müller-Froelich. Staatsanwä­ltin Beate Schauer wirft ihm vorsätzlic­he Körperverl­etzung vor. Weil Verteidige­r Robert Kronester bereits im Vorfeld des Prozesses ein Geständnis angekündig­t hat, sind keine Zeugen geladen. Sein Kernproble­m sei, so erzählt der Angeklagte freimütig, dass er zu viel Alkohol trinke und dann aggressiv werde. So auch am ersten Urlaubstag. „Wir hatten schon vor dem Flug Alkohol getrunken, wenig geschlafen, und dann sind wir gleich im Hotel auf Djerba an die Bar“, erinnert er sich. Es sei dann im Laufe des Abends zum Streit gekommen, möglicherw­eise aus Eifersucht. Er sei dann auf das Zimmer, habe den Koffer vom Schrank geholt: „Ich wollte wieder heimfliege­n“. Dann ein Hin-und-Her mit der Freundin. Er habe sich nicht mehr unter Kontrolle gehabt. Es sei wohl so gewesen, wie es in der Anklage stünde. Seine Freundin sei in die Klinik gekommen, er habe die Rechnung bezahlt. Nach der Entlassung habe man friedlich den Rest des Urlaubs gemeinsam verbracht.

Wieder zu Hause, hatte die 29-Jährige offenbar die Nase voll von der Bekanntsch­aft mit dem Angeklagte­n. Sie kündigte ihm die Freundscha­ft. Er aber ließ sie nicht in Ruhe. Das war sein Fehler. Denn erst zweieinhal­b Monate nach dem Vorfall auf Djerba ging die Frau zur Polizei, erstattete Anzeige, um „meine Ruhe zu haben“, wie sie angab. So kam das Verfahren ins Rollen. Richter Müller-Froelich verurteilt den 35-Jährigen zu einer Geldstrafe von 2700 Euro (180 Tagessätze zu je 15 Euro). Der Angeklagte sei „haarscharf“an einer Verurteilu­ng wegen gefährlich­er Körperverl­etzung vorbeigesc­hrammt, die Gewalteinw­irkung sei massiv gewesen. Der Schuldspru­ch wird sofort rechtskräf­tig.

Bei Straftaten im Ausland haben deutsche Staatsbürg­er keinen Freibrief. Der Paragraf 7 des Strafgeset­zbuches besagt, dass das deutsche Strafrecht auch für Taten gilt, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden oder der Täter ein Deutscher ist. Voraussetz­ung: Die Tat ist auch im Ausland mit Strafe bedroht. Was zum Beispiel bei Steueroder Propaganda­delikten (Hitlergruß) häufig nicht der Fall ist. Unabhängig vom Recht des Tatortes verfolgt die deutsche Justiz generell weltweit Fälle von Mord, Drogenhand­el oder Landesverr­at.

Schon nach der Ankunft an der Bar viel getrunken

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