Wie lebt man mitten in der Partyzone?
Stadtfest Seit Tagen ist die Maximilianstraße dicht, ab heute werden die Sommernächte gefeiert. Mittendrin sind Anwohner und Geschäftsleute. Viele wollen trotzdem nicht klagen, für einige sind die Sperrungen aber ein Problem
Keine Busse, keine Autos, keine Taxis. Dafür Lieferwagen neben Lieferwagen, beladen mit Getränken, Eisenstangen für den Bühnenaufbau, Scheinwerfern, Lautsprecherboxen, Planen, Plakaten und mehr. So sieht es in der Maximilianstraße aus, seit am Montag der Aufbau für das größte Stadtfest Bayerns begonnen hat. Es wird geklopft, gefräst, Rollwagen rattern über das Kopfsteinpflaster. Und ab heute Abend um 17 Uhr wird es noch lauter, wenn die Besucher zu den Sommernächten kommen und die Bands beginnen zu spielen. Und die Anwohner und Geschäftsleute?
Andrea Improta wohnt in der Festzone. Doch der Lärm stört sie nicht. Der Aufbau gehe schnell vorbei und das Fest auch, alles sei sauber und gut organisiert, bis hin zum geänderten Busfahrplan. Sie freut sich auf „viel Spaß, viel Publikum, viel Essen und Trinken“, sagt sie und lacht. „Deswegen wohne ich ja in der Stadtmitte.“Und: „Die Sommerzeit ist so kurz, die muss man genießen“, sagt die 51-Jährige und hält ihr Gesicht in die Sonne.
Etwas kritischer sieht es Andreas Ziegelmayr. Seit sechs Jahren wohnt er in einer der Seitengassen der Maxstraße: „Es wird schön, aber auch anstrengend für die Anwohner“, sagt der 32-Jährige mit Baskenmütze, der gerade sein Fahrrad mit Einkäufen nach Hause schiebt. Der Verkehr in den Gassen nehme unglaublich zu und es werde nachts durchgerast. Es gebe kaum Parkplätze, wenn gleichzeitig noch Veranstaltungen auf der Freilichtbühne seien, verschärfe sich das Problem. Schön findet er an den Sommernächten die Lichtinstallationen und die Atmosphäre beim Flanieren. Für die Stadt sei das Fest ein Aushängeschild. Als Anwohner müsse man sich halt damit arrangieren. „Aber kann man schon aushalten für drei Tage“, sagt er. Nur der viele Müll störe, das sei Sonntagvormittag aber ein generelles Problem und gerade bei Festen kaum vermeidbar. Ausnahmezustand in der Maximilianstraße: Seit Montag wird dort für die Sommernächte aufgebaut.
Innerhalb der Festzone herrscht Flaschenverbot, ab 17 Uhr dürfen keine mehr verkauft werden. Auch nicht im Rewe-Supermarkt gleich am Rathausplatz. Eine Sprecherin von Rewe erklärt, der Veranstalter habe Plakate verteilt, die am Eingang und am Getränkeregal angebracht werden. Auch die Kassierer werden darauf achten. Ansonsten falle die Umstellung in der Supermarktfiliale in der Maximilianstraße nicht ins Gewicht.
Auch Geschäftsmann Christoph Gabler sieht das Treiben entspannt. Er befindet sich mit seinem Laden Marc Aurel Antiquitäten und Uhren direkt am Ulrichsplatz und hat zwei weitere Filialen in der Maximilianstraße. Auch wenn es fürs Geschäft nicht förderlich sei, beschweren will er sich nicht: „Das wäre genauso blöd, wie wenn Leute über das Wetter jammern.“Er sei glücklich, dass er in so einer schönen Straße Mieter
dürfe. Das Fest gehöre dazu und er freue sich, wenn die Menschen Freude daran hätten. Und Lärm und Müll? „Ist halt so“, sagt er, lächelt und zuckt mit den Schultern.
Geht man weiter Richtung Moritzplatz, kommt man am Bio-Restaurant Mom’s Table vorbei. Es ist Mittag und genau zwei Menschen sitzen im Freien. Es sind Geschäftsführer Münir Kusanc und sein Finanzchef Konrad Harle. Die Aufbauphase sei nicht ideal, sagt Harle. „Schauen Sie sich um, es ist niemand da.“Leute, die sonst vor dem Restaurant parken, kommen nicht. Mitarbeiter der angrenzenden Läden und Kanzleien wollen den Aufbaulärm meiden. „Der Umsatz geht um mehr als die Hälfte zurück“, sagt Harle. Das gleiche sich in den kommenden drei Tagen während des Festes im Idealfall aber wieder aus. Auch gut: Das Gelände gleiche daImmerhin:
nach nicht einer Müllhalde, die Stadt mache relativ schnell sauber. Kusanc und Harle sind sich einig, dass das Fest toll ist und dazu gehört. Die Erfahrung zeigt, dass während des Fests neue Kunden das Restaurant entdecken.
Das beobachtet auch Fatos Kutlucan, Filialleiterin der DamenBoutique Oui, gegenüber des Hotels Drei Mohren. Einige Kunden kommen nicht, da sie vor dem Modegeschäft nicht parken können. „Dafür erreichen wir andere“, sagt Kutlucan, und lächelt. Da sie von der Fußgängerzone etwas weiter weg seien, hätten sie nicht so viel Laufkundschaft und seien weniger bekannt. Deshalb findet sie es gut, dass während der Sommernächte Leben in der Straße ist. Sie freut sich auf die schöne Abwechslung. Schlimmer als den Aufbau oder das Fest an sich, findet sie das Gehupe von Hochzeitsgesellschaften jeden Freisein Foto: Silvio Wyszengrad
tag und Samstag. Vor dem Laden läuft ein Anwohner schnellen Schrittes mit Einkaufstasche vorbei, blickt auf die Lieferwagen und Bühnen, schüttelt den Kopf und murmelt nur: „Chaos.“Auch Gerda Ziegler ist fassungslos – wegen der Straßensperrungen.
„Alles zugesperrt, ist ja Wahnsinn“, sagt die ältere Dame in der Maximilianstraße und schüttelt den Kopf. Aufgrund einer Erkrankung ist sie nicht gut zu Fuß, wollte nur schnell zum Friseur. Jetzt kann ihr Mann sie nirgends abholen. Sie geht also, macht immer wieder Rast, Sitzgelegenheiten im Schatten gibt es kaum. „Das ist wirklich unpraktisch für behinderte Leute“, sagt sie. Ganz schlecht sei, dass nicht einmal Taxis fahren. Doch noch kann sie lächeln, wie ein kleines Abenteuer kommt es ihr vor und als ihr Mann ihr endlich entgegen läuft, atmet sie erleichtert auf.