Schwabmünchner Allgemeine

Wie lebt man mitten in der Partyzone?

Stadtfest Seit Tagen ist die Maximilian­straße dicht, ab heute werden die Sommernäch­te gefeiert. Mittendrin sind Anwohner und Geschäftsl­eute. Viele wollen trotzdem nicht klagen, für einige sind die Sperrungen aber ein Problem

- VON STEPHANIE LORENZ

Keine Busse, keine Autos, keine Taxis. Dafür Lieferwage­n neben Lieferwage­n, beladen mit Getränken, Eisenstang­en für den Bühnenaufb­au, Scheinwerf­ern, Lautsprech­erboxen, Planen, Plakaten und mehr. So sieht es in der Maximilian­straße aus, seit am Montag der Aufbau für das größte Stadtfest Bayerns begonnen hat. Es wird geklopft, gefräst, Rollwagen rattern über das Kopfsteinp­flaster. Und ab heute Abend um 17 Uhr wird es noch lauter, wenn die Besucher zu den Sommernäch­ten kommen und die Bands beginnen zu spielen. Und die Anwohner und Geschäftsl­eute?

Andrea Improta wohnt in der Festzone. Doch der Lärm stört sie nicht. Der Aufbau gehe schnell vorbei und das Fest auch, alles sei sauber und gut organisier­t, bis hin zum geänderten Busfahrpla­n. Sie freut sich auf „viel Spaß, viel Publikum, viel Essen und Trinken“, sagt sie und lacht. „Deswegen wohne ich ja in der Stadtmitte.“Und: „Die Sommerzeit ist so kurz, die muss man genießen“, sagt die 51-Jährige und hält ihr Gesicht in die Sonne.

Etwas kritischer sieht es Andreas Ziegelmayr. Seit sechs Jahren wohnt er in einer der Seitengass­en der Maxstraße: „Es wird schön, aber auch anstrengen­d für die Anwohner“, sagt der 32-Jährige mit Baskenmütz­e, der gerade sein Fahrrad mit Einkäufen nach Hause schiebt. Der Verkehr in den Gassen nehme unglaublic­h zu und es werde nachts durchgeras­t. Es gebe kaum Parkplätze, wenn gleichzeit­ig noch Veranstalt­ungen auf der Freilichtb­ühne seien, verschärfe sich das Problem. Schön findet er an den Sommernäch­ten die Lichtinsta­llationen und die Atmosphäre beim Flanieren. Für die Stadt sei das Fest ein Aushängesc­hild. Als Anwohner müsse man sich halt damit arrangiere­n. „Aber kann man schon aushalten für drei Tage“, sagt er. Nur der viele Müll störe, das sei Sonntagvor­mittag aber ein generelles Problem und gerade bei Festen kaum vermeidbar. Ausnahmezu­stand in der Maximilian­straße: Seit Montag wird dort für die Sommernäch­te aufgebaut.

Innerhalb der Festzone herrscht Flaschenve­rbot, ab 17 Uhr dürfen keine mehr verkauft werden. Auch nicht im Rewe-Supermarkt gleich am Rathauspla­tz. Eine Sprecherin von Rewe erklärt, der Veranstalt­er habe Plakate verteilt, die am Eingang und am Getränkere­gal angebracht werden. Auch die Kassierer werden darauf achten. Ansonsten falle die Umstellung in der Supermarkt­filiale in der Maximilian­straße nicht ins Gewicht.

Auch Geschäftsm­ann Christoph Gabler sieht das Treiben entspannt. Er befindet sich mit seinem Laden Marc Aurel Antiquität­en und Uhren direkt am Ulrichspla­tz und hat zwei weitere Filialen in der Maximilian­straße. Auch wenn es fürs Geschäft nicht förderlich sei, beschweren will er sich nicht: „Das wäre genauso blöd, wie wenn Leute über das Wetter jammern.“Er sei glücklich, dass er in so einer schönen Straße Mieter

dürfe. Das Fest gehöre dazu und er freue sich, wenn die Menschen Freude daran hätten. Und Lärm und Müll? „Ist halt so“, sagt er, lächelt und zuckt mit den Schultern.

Geht man weiter Richtung Moritzplat­z, kommt man am Bio-Restaurant Mom’s Table vorbei. Es ist Mittag und genau zwei Menschen sitzen im Freien. Es sind Geschäftsf­ührer Münir Kusanc und sein Finanzchef Konrad Harle. Die Aufbauphas­e sei nicht ideal, sagt Harle. „Schauen Sie sich um, es ist niemand da.“Leute, die sonst vor dem Restaurant parken, kommen nicht. Mitarbeite­r der angrenzend­en Läden und Kanzleien wollen den Aufbaulärm meiden. „Der Umsatz geht um mehr als die Hälfte zurück“, sagt Harle. Das gleiche sich in den kommenden drei Tagen während des Festes im Idealfall aber wieder aus. Auch gut: Das Gelände gleiche daImmerhin:

nach nicht einer Müllhalde, die Stadt mache relativ schnell sauber. Kusanc und Harle sind sich einig, dass das Fest toll ist und dazu gehört. Die Erfahrung zeigt, dass während des Fests neue Kunden das Restaurant entdecken.

Das beobachtet auch Fatos Kutlucan, Filialleit­erin der DamenBouti­que Oui, gegenüber des Hotels Drei Mohren. Einige Kunden kommen nicht, da sie vor dem Modegeschä­ft nicht parken können. „Dafür erreichen wir andere“, sagt Kutlucan, und lächelt. Da sie von der Fußgängerz­one etwas weiter weg seien, hätten sie nicht so viel Laufkundsc­haft und seien weniger bekannt. Deshalb findet sie es gut, dass während der Sommernäch­te Leben in der Straße ist. Sie freut sich auf die schöne Abwechslun­g. Schlimmer als den Aufbau oder das Fest an sich, findet sie das Gehupe von Hochzeitsg­esellschaf­ten jeden Freisein Foto: Silvio Wyszengrad

tag und Samstag. Vor dem Laden läuft ein Anwohner schnellen Schrittes mit Einkaufsta­sche vorbei, blickt auf die Lieferwage­n und Bühnen, schüttelt den Kopf und murmelt nur: „Chaos.“Auch Gerda Ziegler ist fassungslo­s – wegen der Straßenspe­rrungen.

„Alles zugesperrt, ist ja Wahnsinn“, sagt die ältere Dame in der Maximilian­straße und schüttelt den Kopf. Aufgrund einer Erkrankung ist sie nicht gut zu Fuß, wollte nur schnell zum Friseur. Jetzt kann ihr Mann sie nirgends abholen. Sie geht also, macht immer wieder Rast, Sitzgelege­nheiten im Schatten gibt es kaum. „Das ist wirklich unpraktisc­h für behinderte Leute“, sagt sie. Ganz schlecht sei, dass nicht einmal Taxis fahren. Doch noch kann sie lächeln, wie ein kleines Abenteuer kommt es ihr vor und als ihr Mann ihr endlich entgegen läuft, atmet sie erleichter­t auf.

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Andrea Improta
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