Ein Leben für die Natur
Silberdistel Wilhelm Rochau lagen Tiere schon als Bürgermeister am Herzen. Im Ruhestand hat er eine Umweltstation aufgebaut. Sein Engagement brachte ihm jedoch nicht nur Freunde
Bächingen Vielleicht war es die Kindheit auf dem Bauernhof. Die Schafe, Kühe, Schweine, Hühner und Gänse auf dem heimischen Anwesen. Der Vater, der sich als Schäfer Geld dazuverdiente. So könnte Wilhelm Rochau die Nähe zur Natur erfahren haben, die ihn bis heute nicht loslässt. „Tiere und Pflanzen lagen mir schon immer am Herzen“, sagt der heute 80-Jährige mit freundlichen Augen und leicht württembergischem Dialekt.
Für seine Herzensangelegenheit engagiert er sich in besonderem Maße, auch gegen Widerstände. Er baute die Umweltstation „Mooseum“in Bächingen an der Brenz (Kreis Dillingen) auf, zeigt Kindern und Erwachsenen seit mehr als zehn Jahren die Vielfalt der heimischen Natur. Unserer Zeitung ist dies die Silberdistel wert, eine Auszeichnung für außergewöhnliches ehrenamtliches Engagement.
Schon früher, als Bürgermeister der Gemeinde nahe der badenwürttembergischen Grenze, legte Rochau Wert auf umweltpolitische Aspekte. Von 1970 bis 2002 leitete er die Geschicke Bächingens. In dieser Zeit schaffte er es unter anderem, den Storch, den es zuvor in der Region nicht mehr gab, wieder anzulocken. Dazu ließ er einen vertrockneten Flussarm der Brenz ausbaggern, woraufhin es wieder mehr Frösche und Insekten im Wasser und damit Nahrung für den Storch gab. Rochau ließ als Bürgermeister in einer wochenlangen Aktion tausende Bäume und Hecken pflanzen. Und er setzte sich dafür ein, dass Laub auf öffentlichen Flächen liegen bleiben kann und Nahrung und Unterschlupf für Bodenlebewesen bietet. Das hat so manchem Bürger nicht gefallen. „Die Leute haben sich über vieles aufgeregt“, erinnert sich Rochau. Doch er blieb standhaft – und warb immer wieder um Verständnis für die Bedürfnisse der Tier- und Pflanzenwelt.
Erst gesundheitliche Probleme sorgten dafür, dass Rochau sich aus dem Bürgermeisteramt zurückziehen musste. 2001 litt er an einer schweren Gehirnhautentzündung. Eine Not-OP rettete ihm das Leben. Zur Wahl ließ er sich nicht mehr aufstellen. Wenige Jahre später folgte der nächste Schicksalsschlag, Prostatakrebs. Auch ihn besiegte Rochau. So konnte er die ganze Kraft in sein Herzensprojekt stecken: ein Natur-Informationshaus in seinem Heimatort.
Platz dafür schuf er in der ehemaligen Scheune und den alten Stallungen des ortsansässigen Schlosses, die er sanieren ließ. Die Einrichtung, die 2003 eröffnete, lief zunächst schleppend an und musste 2006 wieder schließen. Doch Rochau kämpfte für den Erhalt und gründete einen Förderverein, dem er selbst bis vor wenigen Monaten vorstand. 2008 wurde die Einrichtung als Umweltstation anerkannt und wiedereröffnet. Seitdem kommen Schulklassen aus Dillingen, Augsburg, Ulm, Nördlingen oder Donauwörth nach Bächingen, um sich über heimische Arten zu informieren – und wie man sie schützen kann.
Rochau und seine Mitarbeiter halten Vorträge und Workshops oder führen durch den Garten der Anlage mit eigenem Tümpel, wo Besucher Tiere und Pflanzen aus nächster Nähe kennenlernen können. In Exkursionen wird Teilnehmern gezeigt, wie sich die heimische Natur zum Teil verändert hat. Wo früher Grünland Lebensräume lieferte, wachsen heute nicht selten Monokulturen. Ein Umstand, der ihm schon so manche Diskussion mit Landwirten eingebracht hat. Doch der aktuelle, grüne Zeitgeist hilft auch Rochau. Stieß er früher mit seiner Arbeit zum Teil auf blankes Unverständnis bei den Bauern, kann er diese mittlerweile mit ins Boot holen. Rochaus Initiative für mehr Blühstreifen folgen in seiner Heimatregion bereits 20 Landwirte.
„Das wäre früher undenkbar gewesen“, sagt der umtriebige 80-Jährige, der neben seinem Engagement für die Umwelt leidenschaftlich gerne singt und unter anderem beim Roten Kreuz und in der Verkehrswacht aktiv ist. Auch politisch engagiert er sich nach wie vor in seiner Partei, der CSU. Warum nicht die Grünen? „Das habe ich schon oft überlegt“, sagt Rochau. „Aber auch in der CSU braucht es Menschen mit grünem Daumen.“
„Auch in der CSU braucht es Menschen mit grünem Daumen.“