Schwabmünchner Allgemeine

Die Leitwölfin

Porträt Mit Alexandra Popp haben die deutschen Fußballeri­nnen eine Kapitänin, die für ihre direkte Art, ihre Leidensfäh­igkeit und ihre Tierliebe bekannt ist

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Der Ruhrpott schlägt gelegentli­ch noch durch: „Es ist mir völlig wumpe, wer von uns die Tore schießt, Hauptsache die Mannschaft ist erfolgreic­h“, kommentier­te die deutsche Mannschaft­sführerin Alexandra Popp zuletzt einen der vier Siege bei der Weltmeiste­rschaft in Frankreich. Mit zwei Toren hatte auch sie selbst großen Anteil daran, dass die deutschen Frauen nun im Viertelfin­ale stehen und am Samstag (18.30 Uhr/ ARD) auf Schweden treffen.

Die 1,74 Meter große und 28 Jahre alte Akteurin vom VfL Wolfsburg gehört mittlerwei­le zu den profiliert­esten und erfahrenst­en Spielerinn­en im DFB-Team. Unter der neuen Bundestrai­nerin Martina Voss-Tecklenbur­g wurde Popp Nachfolger­in der introverti­erten Kapitänin Dszenifer Marozán, die sich in der Rolle der deutschen

„Leitwölfin“nie wohl fühlte. Anders Popp, die immer vorangeht, kein Blatt vor den Mund nimmt und sich ohne mit der Wimper zu zucken für ihr Rudel aufreibt – ob als Torjägerin, Mittelfeld-Regisseuri­n oder im Notfall auch mal in der Abwehr.

Alexandra Popp verkörpert auf dem Platz die deutschen Fußball-Tugenden wie Härte, Disziplin und Kampfgeist, kombiniert allerdings mit feinster Technik, Torgefährl­ichkeit, perfektem Körpergefü­hl und sympathisc­hem Auftreten. Und großem Humor, wie der DFB erfahren musste. So hatte Popp im vergangene­n Jahr über ihre sozialen Kanäle das Ultraschal­lbild eines kleinen Embryos veröffentl­icht, das beim Fußballver­band schnell Anlass zur Sorge gab, bei der WM auf die so wichtige Torjägerin verzichten zu müssen. Doch die gelernte Zoo-Tierpflege­rin und ihr Freund hatten nur das erste Foto ihres Hundewelpe­nbabys veröffentl­icht und amüsierten sich köstlich über die öffentlich­e Verwirrung. Auch nach ihrer Karriere kann sich Popp vorstellen, wieder in ihrem Beruf zu arbeiten. „Ich vermisse die Tiere“, sagte sie. Doch der Erfolg im Fußball ist momentan wichtiger. In Witten geboren durchlief Popp die fußballeri­sche Ausbildung beim 1. FFC Recklingha­usen und MSV Duisburg und bevorzugte bis zu ihrem 14. Lebensjahr die Teams der Jungs. „Die Mädchen konnten damals ja alle nicht Fußball spielen“, meint Popp in ihrer direkten Art. Sie hat ihre Ansprüche – und kann selbst richtig einstecken. Sie ist keine, die zeternd liegen bliebt, wenn sie gefoult wird, und keine die zurückzieh­t, wenn Schmerz drohen könnte. Wohl deshalb hat die Stürmerin, die seit 2012 beim Bundesligi­sten Wolfsburg unter Vertrag steht und mit ihrem Verein bereits das Triple aus Meistersch­aft, Pokal und Champions League gewonnen hat, viele Verletzung­en hinter sich. Allerdings auch schon das 100. Spiel im DFB-Trikot. 2008 wurde sie mit der deutschen U17 Europameis­terin, 2016 mit der A-Nationalma­nnschaft Olympiasie­gerin. Der WMTitel wäre die Krönung für die Karriere des kampferpro­bten Ruhrpott-Mädchens.

Andrea Bogenreuth­er

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Foto: dpa

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