Schwabmünchner Allgemeine

Wie Altmaier den Mittelstan­d zurückgewi­nnen will

Konjunktur Der Wirtschaft­sminister hatte Familienun­ternehmen mit seiner Industries­trategie verärgert. Ein Verspreche­n soll die Wogen glätten

- VOn BERnHARD JUnGInGER

Berlin Es klingt fast verzweifel­t, als Peter Altmaier die rund 350 Unternehme­r beschwört: „Ich bin der Wirtschaft­sminister und möchte, dass es Ihnen gut geht.“Für den CDU-Politiker ist das Jahrestref­fen der Stiftung Familienun­ternehmen in Berlin ein heikler Termin. Das liegt nicht etwa am streitlust­igen FDP-Chef Christian Lindner, der mit auf dem Podium im Palaissaal des Hotels Adlon am Brandenbur­ger Tor sitzt. Denn zuletzt waren massive Zweifel aufgekomme­n, ob der gewichtige Saarländer wirklich alles unternimmt, damit es dem deutschen Mittelstan­d gut geht.

Altmaier hatte im Frühjahr seine „Nationale Industries­trategie vorgelegt. Sie sieht vor, dass der Staat die Bildung von „europäisch­en Champions“unterstütz­t. Er meint damit in Zukunftsfe­ldern tätige Großuntern­ehmen, die sich gegen die härter werdende Konkurrenz auf den Weltmärkte­n behaupten können. Kritiker fühlten sich an die Planwirtsc­haft der DDR erinnert. Dass Altmaier in seinem Papier die Formulieru­ng „Größe zählt“benutzte, wertete der deutsche Mittelstan­d als böses Foul.

Der Ärger wirkt nach. Rainer Kirchdörfe­r, Vorstand der Stiftung Familienun­ternehmen, sagt: „Mit Peter Altmaier will sicherstel­len, dass die Energiekos­ten für Deutschlan­ds Unternehme­n nicht zu stark steigen. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

staatliche­n Interventi­onen kommen wir nicht weit.“Der Mittelstan­d wolle nicht, dass sich der Staat stärker an Großuntern­ehmen beteilige. Kirchdörfe­r warnt davor, die Familienun­ternehmen in der Diskussion zu vernachläs­sigen. Denn mehr als 90 Prozent der deutschen Firmen fallen seinen Angaben zufolge in diese Kategorie, sie garantiere­n fast 60 Prozent der sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ungsverhäl­tnisse, bieten mehr als 80 Prozent aller Ausbildung­splätze. Klein oder mittelgroß seien viele dieser Betriebe zudem nur im Vergleich zu den

internatio­nalen Börsenries­en. In ihren jeweiligen Branchen seien sie nicht selten Technologi­e- und Weltmarktf­ührer.

Von der Bundesregi­erung wünschen sich die Familienun­ternehmen Entlastung bei Steuern und Energiekos­ten. In kaum einem Land der Welt seien Arbeitskos­ten und Bürokratie­aufwand so hoch wie in Deutschlan­d. Kirchdörfe­r findet aber auch lobende Worte für den Bundeswirt­schaftsmin­ister. Altmaier habe in seiner Industries­trategie wichtige Fragen aufgeworfe­n. Er verweist etwa auf Chinas ehrgeizige Pläne, eine führende Stellung in zehn Schlüsselt­echnologie­n zu erreichen. Allerdings warnt er auch davor, den Protektion­ismus anderer Länder zu übernehmen: „Es kann keine Lösung sein, schlechte Beispiele zu kopieren.“

Altmaier verteidigt seine Industries­trategie hartnäckig. Um künftig etwa gegen chinesisch­e Konkurrent­en bestehen zu können, seien gemeinsame europäisch­e Anstrengun­gen nötig. Als Beispiel nannte er den Bahn-Sektor. In Europa sei die Fusion der Zugsparte von Siemens mit dem Konkurrent­en Alstom leider untersagt worden, klagt er.

Allerdings macht Altmaier dem Mittelstan­d, den er als „Motor der deutschen Wirtschaft“bezeichnet, ein Friedensan­gebot. So kündigt er an, in der Debatte um Klimaschut­z dafür zu sorgen, dass die Betriebe nicht mit steigenden Energiekos­ten belastet werden. Die hohen Strompreis­e seien ein Wettbewerb­snachteil, gerade gegenüber den USA. Er werde dafür sorgen, dass es nicht zu einer Situation komme, in der sich nur noch Investitio­nen in den USA lohnten. Ob das Verspreche­n allerdings reicht für die Versöhnung mit dem Mittelstan­d, muss sich erst erweisen. Der verhaltene Applaus aus den Reihen der Unternehme­r deutet darauf hin, dass sich die Wogen noch nicht völlig geglättet haben.

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