Schwabmünchner Allgemeine

Starkregen

- VON RÜDIGER HEINZE rh@augsburger-allgemeine.de

Regen besteht aus Wasser und ist eine häufige und natürliche Wetterersc­heinung.“Diese wuchtige Definition, die den Vorteil hat, im Grundsatz wahr und korrekt zu sein, finden wir im deutschen „Wetterlexi­kon“. Sie ist eine so notwendige wie beruhigend­e Einordnung – allerdings auch außerorden­tlich grob vereinfach­end.

Erst wer bereit ist, sich in die Materie hineinzuar­beiten, erfährt – meist trockenen Leibs –, dass Regen nicht gleich Regen ist. Es gibt unter anderem den Steigungsr­egen, den Konvektion­sregen, den Frontregen, den Sprühregen, den Platzregen, den Landregen, den Eisregen. Nicht zu vergessen den sauren Regen. Blättern Sie ruhig ein wenig, lesen und forschen Sie, Sie werden verblüfft sein. Lesen bildet.

Auch gibt es den Starkregen. Er hat jüngerding­s eine ganz erstaunlic­h steile Karriere hingelegt. Kaum noch eine Wettervorh­ersage im Radio, die nicht – statt eines schlichten Regens – einen Starkregen androht. Das mag gewiss einiges mit dem Klimawande­l zu tun haben; das erwächst gewisslich aber auch im Wunsch auf sprachlich machtvolle Donnerschl­äge. Bei meinem Regengott: Wie armselig klingt doch einfach nur „Regen“– aber wie stark klingt doch „Starkregen“! Der dramatisch­e Starkregen von oben ist gleichsam das Pendant zum siebenproz­entigen Starkbier unten. Und nicht ohne ist auch der Starkstrom.

Der Deutsche Wetterdien­st, dem das Wort Wolkenbruc­h sowohl im Singular wie im Plural verlustig gegangen zu sein scheint, hat sich anderersei­ts durch Lektüre gezielt weitergebi­ldet. Indem er sich die kraftvolle, derbe Sprache eines Martin Luther oder auch der Barockdich­ter aneignete.

Mit dem Starkregen verfällt er gewisserma­ßen ins Starkdeuts­che.

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