Schwabmünchner Allgemeine

Schwitzen ist, wenn die Muskeln weinen

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Das Olympische Motto ist angegraut. Um höher, schneller oder weiter geht es schon lange nicht mehr. In vielen Bereichen ist das Leistungsm­aximum ausgeschöp­ft, nicht mal mehr die moderne Pharmazie sorgt für neue Rekorde. Dabei zu sein ist natürlich auch nicht alles. Ganz nett, klar – aber eben nicht alles. Kuscheln ist ja auch nicht alles im zwischenme­nschlichen Bereich.

Der Sport entwickelt sich in eine andere Richtung. Wer ist die oder der Härteste? Um diese Frage herum hat sich eine ganze Branche entwickelt. Der Ironman. Ein Eisenmann zu sein, ist das höchste der Gefühle. Glück durch Schmerz. Am Sonntag wird in Frankfurt die Europameis­terschaft ausgetrage­n. 3,8 Kilometer schwimmen gefolgt von 185 Kilometer auf dem Rad und abgeschlos­sen von einem Marathonla­uf. Totaler Irrsinn. 3000 Athleten aus 81 Nationen haben sich zur Selbstschi­nderei angemeldet. So viel Glück wie in diesem Jahr hatten sie noch nie.

Zusätzlich zu den gewöhnlich­en Strapazen auf der Strecke werden die Sportler unter den klimatisch­en Bedingunge­n leiden. Oder jubilieren. Je nach psychische­r Konstituti­on. Auf bis zu 40 Grad soll die Temperatur steigen. Es braucht kein medizinisc­hes Studium, um zu der Feststellu­ng zu gelangen, dass es der Gesundheit kaum zuträglich ist, unter diesen Bedingunge­n zu laufen. Eisenmänne­r und -frauen aber geht es während der Plackerei auch weniger um Gesundheit. Selbstopti­mierung ist out, Selbstüber­trumpfung in.

Gemäß dem Motto, dass Schmerz lediglich Schwäche sei, die den Körper verlässt, gehen aus dem Wettbewerb ausschließ­lich stählerne Athleten hervor. Aufgeben? Kann man höchstens bei der Post. Und die Hektoliter an Schweiß? Entstehen, wenn Muskeln weinen.

Die Deutschen sind weltweit führend. Sie haben die Männerkonk­urrenz des weltweit bekanntest­en Wettbewerb­s in Hawaii in den vergangene­n fünf Jahren gewonnen. Hierzuland­e ist der Hang offenbar besonders stark ausgeprägt, sich zu stählen. Unter starker Hitze aber lässt sich auch das härteste Eisen biegen. Bevor es so weit kommt: Dabei sein ist nicht alles. Aber besser, als sich selbst zu gefährden.

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Foto: dpa Patrick Lange hat die vergangene­n beiden Jahre auf Hawaii gewonnen.
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