Schwitzen ist, wenn die Muskeln weinen
Das Olympische Motto ist angegraut. Um höher, schneller oder weiter geht es schon lange nicht mehr. In vielen Bereichen ist das Leistungsmaximum ausgeschöpft, nicht mal mehr die moderne Pharmazie sorgt für neue Rekorde. Dabei zu sein ist natürlich auch nicht alles. Ganz nett, klar – aber eben nicht alles. Kuscheln ist ja auch nicht alles im zwischenmenschlichen Bereich.
Der Sport entwickelt sich in eine andere Richtung. Wer ist die oder der Härteste? Um diese Frage herum hat sich eine ganze Branche entwickelt. Der Ironman. Ein Eisenmann zu sein, ist das höchste der Gefühle. Glück durch Schmerz. Am Sonntag wird in Frankfurt die Europameisterschaft ausgetragen. 3,8 Kilometer schwimmen gefolgt von 185 Kilometer auf dem Rad und abgeschlossen von einem Marathonlauf. Totaler Irrsinn. 3000 Athleten aus 81 Nationen haben sich zur Selbstschinderei angemeldet. So viel Glück wie in diesem Jahr hatten sie noch nie.
Zusätzlich zu den gewöhnlichen Strapazen auf der Strecke werden die Sportler unter den klimatischen Bedingungen leiden. Oder jubilieren. Je nach psychischer Konstitution. Auf bis zu 40 Grad soll die Temperatur steigen. Es braucht kein medizinisches Studium, um zu der Feststellung zu gelangen, dass es der Gesundheit kaum zuträglich ist, unter diesen Bedingungen zu laufen. Eisenmänner und -frauen aber geht es während der Plackerei auch weniger um Gesundheit. Selbstoptimierung ist out, Selbstübertrumpfung in.
Gemäß dem Motto, dass Schmerz lediglich Schwäche sei, die den Körper verlässt, gehen aus dem Wettbewerb ausschließlich stählerne Athleten hervor. Aufgeben? Kann man höchstens bei der Post. Und die Hektoliter an Schweiß? Entstehen, wenn Muskeln weinen.
Die Deutschen sind weltweit führend. Sie haben die Männerkonkurrenz des weltweit bekanntesten Wettbewerbs in Hawaii in den vergangenen fünf Jahren gewonnen. Hierzulande ist der Hang offenbar besonders stark ausgeprägt, sich zu stählen. Unter starker Hitze aber lässt sich auch das härteste Eisen biegen. Bevor es so weit kommt: Dabei sein ist nicht alles. Aber besser, als sich selbst zu gefährden.